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Unsicherheit bei Schweizer Firmen gross
So wirken die Russland-Sanktionen

Eine Frau an einer Kundgebung gegen die russische Invasion in der Ukraine am Donnerstag in Zürich. 
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Derzeit geht es Schlag auf Schlag: Donnerstagabend hatte die EU ein zweites Sanktionspaket gegen Russland wegen des Einmarschs in der Ukraine beschlossen. Am Freitag folgte schon die nächste Verschärfung: Die Vermögen von Putin und seinem Aussenminister Sergei Lawrow werden eingefroren. Doch welche Sanktionen gibt es überhaupt? Und welche Auswirkungen haben sie auf Schweizer Unternehmen? 

Finanzsektor

Ziel der Sanktionen im Finanzsektor ist, russische Banken von den westlichen Finanzmärkten abzuschneiden. Das heisst konkret, dass sie kein Geld mehr in der EU und den USA ausleihen können. US-Firmen und Personen dürfen zudem mit russischen Banken keine Geschäfte mehr machen, Vermögen werden eingefroren. 

Die Schweiz hat am Freitag 363 russische Personen und drei russische Banken auf die Sanktionsliste gesetzt. Dabei handelt es sich um die VEB Bank, die Bank Rossiya und die Promsvyaz Bank. Zudem wird die Internet Research Agency sanktioniert. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, das Social-Media-Kampagnen im Namen der russischen Regierung durchführt. Offenbar trägt die Firma daher auch den Namen «Die Trolle von Olgino». Oligno ist das Viertel in St. Petersburg, in dem die Firma ansässig ist. Schweizer Finanzdienstleister dürfen nun keine neuen Geschäftsbeziehungen mit den Personen und Firmen mehr eingehen. Bestehende Beziehungen müssen dem Bund gemeldet werden. 

Transport- und Industriesektor

Weit kleiner sind die Sanktionen im Transportsektor. Dort ist das Ziel, dass die Luftverkehrsbranche Russlands nicht mehr mit Ersatzteilen und anderer Technik versorgt wird. Die Luftfahrt Russlands ist sehr stark abhängig von westlicher Technologie, entsprechend hart könnte diese Sanktion Russland treffen. Für Russland selber ist die Luftfahrt entscheidend, allein schon wegen der Grösse des Landes. Ebenfalls wurden Sanktionen beschlossen, die Russland den Zugang zu Hightech-Produkten erschweren.  

Energiesektor

Im Energiesektor zeigt sich die Zerrissenheit der westlichen Welt. Zwar dürfen künftig keine Ausrüstungsgüter für Raffinerien mehr an Russland geliefert werden. Das wird das Land mittelfristig treffen, weil diese Güter fast nur aus Europa stammen. So wird die Modernisierung der Förderanlagen erschwert. Gleichzeitig ist die EU – und auch die Schweiz – von Energie, vor allem von Gas aus Russland abhängig. Weitgehende Sanktionen in diesem Bereich würden den Westen also stark treffen.

Was bedeuten die Sanktionen für Schweizer Firmen?

Die international operierenden Schweizer Banken dürften die Sanktionen aus den USA, der EU oder Grossbritannien nachvollziehen – auch wenn die Schweiz sich derzeit den Sanktionen nicht vollständig anschliesst und zum Beispiel weniger Personen sanktioniert als andere Länder. «Julius Bär hält sich an die für ihre Geschäftstätigkeit geltenden Gesetze und Vorschriften, einschliesslich nationaler und internationaler Sanktionen», teilte Julius Bär mit. Ähnlich tönt es von der Credit Suisse. Ein Insider sagt, dass die Schweizer Banken vorbereitet seien, da sich die Lage in den letzten Tagen verschärft habe. Derzeit würden sich die Banken Klarheit verschaffen, welche Sanktionen gelten würden. Die Genfer Privatbank Pictet «beobachtet» daher nach eigenen Angaben die Situation. Die UBS kommentiert eine Anfrage dazu nicht.

Für andere Schweizer Firmen wird sich ebenfalls wohl erst in den nächsten Tagen oder Wochen zeigen, was die Sanktionen genau bedeuten. Exemplarisch dafür steht ABB. Dort heisst es, dass man derzeit die möglichen Auswirkungen prüfe, aber sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht weiter äussern könne.

Bei der Schweizer Exportförderung S-GE gehen nach eigenen Angaben derzeit sehr viele Anfragen ein von Firmen, die in die Ukraine oder nach Russland exportieren. «Die Unsicherheit ist gross, welche Sanktionen nun die Firmen betreffen», sagt Michael Kühn von S-GE. Doch momentan könne er nicht viel mehr raten, als die Lage zu beobachten. «Da sich die Situation täglich, ja teilweise sogar stündlich verändert, ist es sehr schwierig, abzuschätzen, was es für die einzelnen Firmen bedeutet», sagt Kühn. 

Bereits seit 2014 sind Sanktionen gegen Russland in Kraft, als das Land die Krim annektierte. Betroffen von Sanktionen ist auch Investor Viktor Vekselberg, der etwa in der Schweiz bei OC Oerlikon und Sulzer investiert. Dieser hatte als Konsequenz der Sanktionen seine Industriebeteiligungen neu geordnet und zum Beispiel die Mehrheit an seiner Holdinggesellschaft Liwet abgegeben. Weder Oerlikon noch Sulzer fürchten daher neue Probleme. Die beiden Unternehmen selbst stehen auf keiner Sanktionsliste, wie Firmensprecher erklären.

Was ist mit weiteren Sanktionen?

Auf die wohl einschneidendste Sanktion konnten sich die EU und die USA bisher nicht einigen – offenbar aufgrund des deutschen Widerstands. Es geht um die Frage, ob Russland vom internationalen Finanznetzwerk Swift ausgeschlossen werden soll. Dieser Schritt würde es für die russischen Banken aufwendiger machen, Zahlungen abzuwickeln. Sie könnten noch immer internationale Transaktionen abwickeln, doch wäre das deutlich teurer und langsamer.

Wie stark treffen die Sanktionen Russland?

Diese Frage wird sich in vielen Punkten erst in Monaten, teilweise erst in Jahren beantworten lassen. Russland verfügt über Devisenreserven im Wert von fast 670 Milliarden Franken. Und der Geldberg wird grösser, da der Westen weiter für Millionen Öl und Gas von Russland kauft. Doch ohne Schaden bleiben Sanktionen nicht – das zeigen die Massnahmen, die der Westen 2014, nach der Annexion der Krim, verhängt hatte. 

So sank das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf nach 2014 stark – unter anderem wegen dieser Sanktionen. Gleichzeitig brach der Ölpreis zusammen, was Russland hart traf. Der IWF schätzte 2015, dass die Sanktionen für einen Rückgang des russischen BIP von 1 bis 1,5 Prozent verantwortlich waren. Beobachter gehen davon aus, dass auch die neue Sanktionswelle Auswirkungen auf Russland haben dürften. Wenn auch zum Teil erst mittel- oder langfristig.