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Lernen von Kochprofis
So geht Coq au Vin!

Gekocht mit dem Hauswein: Jana Minga und Reinhold Wrobel präsentieren den fertigen Coq au Vin.
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Küchenchef Reinhold Wrobel stehe nicht gern im Rampenlicht, heisst es seitens der Direktion des Hotels Schönegg. Obwohl das Rezept des Coq au Vin von ihm stamme. Seine Stellvertreterin Jana Minga aber beherrsche die Zubereitung mindestens so gut. Und sei auch nicht auf den Mund gefallen. Ja wer kocht jetzt für den Artikel den Vogel? Und posiert dann damit fürs Foto? Am Vorabend des Besuchs in der Hotelküche ist das noch unklar.

Am nächsten Morgen geht die Sonne über Zermatt kurz nach Uhr auf. Der winterliche Himmel ist wolkenlos, die Ostseite des Matterhorns leuchtet majestätisch. Auch in der Küche im Untergeschoss des Viersterne-Superior-Betriebs brennt schon Licht. Sowohl Wrobel als auch Minga sind zugegen. Sie hat die Zutaten für die Hausspezialität schon für uns vorbereitet, er hat dafür einen Zettel mit der genauen Rezeptur parat.

Eine Frage gleich vorweg: Welchen Wein verwendet man für Coq au Vin? «Wir nehmen natürlich einen Walliser, unseren Hauswein, einen Pinot noir vom Weingut der Hotelbesitzer», sagt Jana Minga. «Was man selber nicht trinken würde, gehört auch nicht verkocht», ergänzt Reinhold Wrobel. Pinot eigne sich grundsätzlich sehr gut, es müsse aber kein teurer Burgunder sein, auch wenn das Gericht ursprünglich aus der Herkunftsregion dieses Weins stamme.

Beim Lesen des Rezepts fällt auf, dass der Coq au Vin à la Wrobel weder Speck noch Champignons enthält. Warum? «Unsere Version ist modern und reduziert», erklärt Wrobel. Komme hinzu, dass der Verzicht auf Speck auch jenen Hotelgästen entgegenkomme, die auf Schweinefleisch verzichteten oder das damit einhergehende Raucharoma nicht schätzten. «Wollen wir loslegen?», fragt jetzt Minga.

Dem Personalessen werden Flügel verliehen

Erst werde das Poulet eingelegt, «sieben Tage sollten es schon sein». Auch wenn die Köchin zugibt, dass es manchmal bloss vier seien, immerhin bräuchten sie 50 Portionen wöchentlich. Im Schönegg werden übrigens Maispoulardenschenkel aus dem appenzellischen Alpsteingebiet verwendet, weil die so schön prall seien. Die Filets serviere man lieber gebraten, da sie geschmort zu zäh würden. Und die Flügel? «Die landen dann im Personalessen.»

Dass für den Coq au Vin weibliche Tiere verwendet würden, also nicht wie bei der traditionellen Zubereitung ein männliches, bis drei Kilo schweres Tier, habe damit zu tun, dass man die etwas strenger schmeckenden Hähne kaum bekomme.

In die Marinade kommen neben Wein auch klein geschnittene Zwiebeln, Rüebli, Knollensellerie und Lauch; dazu einige Körner Pfeffer und Wacholder sowie Lorbeerblätter. Nach sieben Tagen wird das nun leicht violette Pouletfleisch mittels eines Siebs von der inzwischen getrübten Flüssigkeit getrennt.

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Jana Minga gibt das angebratene Poulet mit der abgekühlten Sauce in einen Vakuumierbeutel. Dann ab ins 69 Grad warme Wasserbad für ungefähr sieben, acht Stunden.
Die Mise en Place für den Coq au Vin hat Jana Minga schon vorbereitet.
Während mehrerer Tage wird das Poulet mit Gemüse und Wein gebeizt, …

Der Wein aus der Marinade wird erst aufgekocht. Bald setzt sich das Eiweiss vom Fleisch als weisslicher Schaum ab. Mit einer Schaumkelle wird dieser grob entfernt, bevor die Sauce durch ein engmaschiges Sieb passiert wird. Währenddessen wird der zweigeteilte Schenkel gesalzen, in Sonnenblumenöl angebraten – es zischt in der Lyonerpfanne – und beiseitegestellt. Jana Minga macht das mit viel Routine, aus dem Hintergrund beobachtet Reinhold Wrobel die Szenerie.

Für die Sauce wird nochmals die gleiche Pfanne verwendet: «Sonst gingen die ganzen Aromen flöten», sagt Minga. Sie brät das Gemüse (ohne Gewürze) scharf an, gibt etwas Tomatenmark zu und löscht mit der Rotweinmarinade ab. Mit Bouillon wird danach angegossen, «hier eignet sich natürlich Geflügelbrühe». Es riecht nun wunderbar in der Küche. «Wer Champignons im Gericht möchte, kann sie hier einfach noch zugeben.» Speck, schlägt die Köchin vor, würde sie separat braten und später hinzugeben.

Nach dem Entfernen des Gemüses wird die Sauce eingekocht, «reduziert» wie es im Fachjargon heisst. Und dann mit etwas in Wasser gelöstem Maizena abgebunden. Mit Maizena? «Wir haben, auch wegen der Glutenunverträglichkeiten mancher Gäste, Weizenmehl weitestgehend aus unserer Küche verbannt.»

Und was passiert eigentlich mit dem Gemüse aus der Beize? «Daheim können Sie das ruhig zum Coq au Vin geben», erklärt Reinhold Wrobel. «Hier kommt es in die Personal-Bolognese», kommentiert Jana Minga lächelnd. Die 33-Jährige arbeitet seit bald sechs Jahren unter Wrobel (51), der hier schon über zwanzig Jahre am Herd steht. Ihre Anrede für ihn? «Du, Chef!» Er nennt sie während des Gesprächs mal «meine linke Hand» – ein Kompliment, denn Wrobel ist Linkshänder.

Sämige Sauce, butterzartes Fleisch

Wer den Coq au Vin im Schönegg bestellt (44 Franken), merkt zweierlei: Die Sauce auf dem Teller ist wunderbar sämig und das Fleisch butterzart, allerdings ohne auseinanderzufallen. Was ist das Geheimnis? «Wir bereiten ihn während mehrerer Stunden sous vide zu», sagt Wrobel. Nicht gut für die Leserschaft, denkt man, nur die wenigsten haben das nötige Equipment daheim. Doch der Küchenchef relativiert: «Mit einem Zippbeutel kann man das ganz ohne professionelle Utensilien auch zu Hause machen.»

Im Schönegg wird das Geflügel samt der Sauce vakuumiert. Es kommt bei konstanten 69 Grad für sieben, acht Stunden entweder in ein temperaturkontrolliertes Wasserbad oder in den Dampfgarer. «Wir machen das über Nacht», so Jana Minga.

Die letzten Schritte sind daheim und in der Hotelküche wieder gleich: Die Schenkel werden mit Oberhitze im Ofen nochmals kurz gebräunt. Währenddessen kocht man die Sauce erneut kurz ein, denn durch den Saft des Poulets ist sie verdünnt worden. Auf den Teller kommt in Zermatt Kartoffelstock aus Kartoffeln der alten Sorte Ratte und geschmortes Wurzelgemüse: «Auch Baguette, Reis oder Nudeln sind passende Beilagen. Jeder, wie ers mag», sagt Wrobel.

Und wer posiert jetzt mit dem Teller? Der Küchenchef oder die Stellvertreterin? Jana Minga mag plötzlich eigentlich nicht mehr aufs Bild, Reinhold Wrobel will auch nicht so recht. Doch zusammen sind sie stark.

Der fertige Coq au Vin mit Blick auf das Matterhorn im Restaurant Saveurs des Hotels Schönegg in Zermatt.