Milder Winter führt zu prekärer LageSkipisten ohne Schnee – jetzt schaltet sich Schweiz Tourismus ein
Die Marketingorganisation will niederalpinen Skigebieten helfen, ihre Abhängigkeit vom Wintersport zu verringern.
Für Skigebiete in tiefen und mittleren Lagen wird es in der laufenden Wintersaison wieder ungemütlich: Wegen der warmen Temperaturen fehlt der Schnee; der sichere Betrieb der Pisten ist nur noch schwierig zu gewährleisten.
Zu den betroffenen Wintersportorten gehören laut «Blick» etwa Lenzerheide-Arosa im Kanton Graubünden, das glarnerische Braunwald und der Chäserrugg im Kanton Sankt Gallen. Die Angestellten müssen zum Teil den wenigen Schnee neben den Pisten zusammenkratzen und die Strecken damit präparieren. Das Bündner Skigebiet Tschiertschen hat den Skibetrieb bis auf weiteres eingestellt. Bereits zum Jahreswechsel mussten viele Wintersportorte wegen des Schneemangels ihr Angebot einschränken oder waren ganz geschlossen.
Wie prekär die Lage ist, zeigt die Karte zur relativen Schneehöhe des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF). In beliebten Wintersportregionen wie dem Engadin und dem Berner Oberland beträgt die Schneehöhe in diesen Tagen nur zwischen 30 und 60 Prozent des langjährigen Mittelwerts.
Wintersaison ist gerettet – vorerst
Fällt die laufende Wintersaison für den Schweizer Tourismus also ins Wasser? Andreas Züllig, Präsident des Verbands Hotelleriesuisse, gibt vorerst Entwarnung: «Bis Ende Februar werden die Hotels mehr Logiernächte verzeichnen als im Vorjahr. Es läuft also besser als im vergangenen Winter», sagte er am Donnerstag an der Jahresmedienkonferenz von Schweiz Tourismus in Zürich.
Er räumt jedoch ein, dass der März wettermässig eine Herausforderung wird. Falle im kommenden Monat zu wenig Schnee, dann seien wichtige Anlässe wie der Engadiner Skimarathon gefährdet.
Allerdings bildet die Entwicklung der Logiernächte nicht ab, wie sehr sich die Gäste von schlechten Schneeverhältnissen abschrecken lassen. Die Zunahme deutet eher darauf hin, dass gebuchte Winterferien so oder so wahrgenommen werden – im Notfall weichen die Touristen auf ein Schlechtwetterprogramm aus. Als Wirtschaftsfaktor spielt die Wintersaison für den Tourismus eine wichtige Rolle: Die Gäste sorgen hierzulande in dieser Jahreszeit für einen Umsatz von schätzungsweise fünf Milliarden Franken pro Jahr.
«Klimawandel ist eine Realität»
Für die einflussreiche Marketingorganisation Schweiz Tourismus ist der frühlingshafte Winter zwar eine «Ausnahmeerscheinung», wie deren Chef Martin Nydegger sagt. «Der Klimawandel ist aber eine Realität, und wir müssen darauf reagieren.» Denn fehlt der Schnee immer häufiger, stellt das viele Skigebiete vor existenzielle Fragen. Kunstschnee ist vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeit und steigenden Kosten immer weniger eine Lösung.
Nydegger kündigt deshalb an, dass Schweiz Tourismus Konzepte erarbeiten wird, mit denen die niederalpinen Gebiete ihre Abhängigkeit vom Wintersport verringern können. Die Organisation will dazu die verschiedenen Leistungserbringer im Tourismus und Klimaforscher an einen Tisch bringen, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. Bis wann erste Empfehlungen vorliegen, liess Nydegger offen.
Eine Idee ist es, die Schweizer Wintersportorte in vier Kategorien zu unterteilen, die sich an der Höhe orientieren. Vor allem für Gebiete in tiefen und mittleren Lagen sollen Vorschläge erarbeitet werden, mit denen in milden Wintern Angebote jenseits von Schneesportarten gemacht werden können.
Nydegger relativiert aber: «Ein Patentrezept, das für alle Destinationen funktioniert, gibt es nicht. Jedes Skigebiet ist unterschiedlich, und die Konzepte müssen der jeweiligen Region angepasst werden.»
In welche Richtung es gehen könnte, zeigen Destinationen wie Sattel-Hochstuckli im Kanton Schwyz oder Lenzerheide. Sie legen den Fokus vermehrt auf die Sommersaison und leben heute bereits stark von Wanderern und Bikern. Das Wallis wiederum setzt auf Alternativen für den Winter, etwa mit Weindegustationen.
Wie in der Branche zu erfahren ist, kommen die Pläne von Schweiz Tourismus grundsätzlich gut an. Touristiker aus dem Wallis bemängeln jedoch den zu engen Blickwinkel. Der Klimawandel sei ein grenzüberschreitendes Problem, monieren sie. Eine Zusammenarbeit mit ausländischen Wintersportorten könne deshalb sinnvoll sein, um von anderen zu lernen.
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