Franz Heinzer über Weltmeister von Allmen«Als wäre Franjo in einen Zaubertrank gefallen»
Franz Heinzer wurde 1991 ebenfalls in Saalbach Abfahrtsweltmeister. Als Trainer hat er seinen Nachfolger geformt. Der 62-Jährige sagt, was ihn an Franjo von Allmen fasziniert.
Franz Heinzer, 34 Jahre nach Ihrem Abfahrtstriumph wird in Saalbach wieder ein Schweizer Weltmeister …
… und wie damals holt ein Teamkollege Bronze. 1991 wurde Daniel Mahrer Dritter, wir waren schon damals Freunde, feierten zusammen. Nun sorgen Franjo und Alexis für diesen unvergesslichen Tag. Zwei junge Athleten, die ihre Karrieren eigentlich eben erst lanciert haben.
Im Europacup waren Sie Trainer der beiden. Was zeichnet sie aus?
Beide wussten schon früh, was sie erreichen wollen. Und beide haben eine angeborene Coolness, die so wichtig ist im Abfahrtssport. Bei Franjo kommt diese aussergewöhnliche Unbeschwertheit hinzu. Er ist dermassen locker, das ist sehr speziell.
Inwiefern?
Er hat schon so viel erlebt, gerade auch mit dem Tod seines Vaters. Daher kann er die Wichtigkeit einer bestimmten Sache gut einschätzen. Der Sport hatte für ihn schon immer eine riesige Bedeutung, aber es gibt für ihn auch anderes auf der Welt. So ist es auch in diesem Winter: Er will an der Spitze mitmischen, aber macht sich nicht zu viel Druck. Und geht einmal ein Rennen in die Hose wie der WM-Super-G, dann frisst er nicht alles in sich hinein und gerät auch nicht ins Grübeln.
Was hat er sonst für Qualitäten?
Seine Energie ist gewaltig, als wäre er in einen Zaubertrank gefallen. Gegen Ende einer Abfahrt bringt er oft besonders viel Speed auf die Piste, da hat er die perfekte Position und drückt seine ganze Power in die Ski hinein. (überlegt) Franjo betreute ich erstmals 2022 an der Junioren-WM in Kanada, wo er dreimal Silber holte. Im darauffolgenden Herbst stürzte er im Super-G-Training schwer, er flog mit voller Wucht auf den Brustkorb, nur wusste das kaum jemand.
Was geschah?
Er hatte dann den ganzen Winter hindurch starke Schmerzen, konnte eigentlich gar nie richtig trainieren. Irgendwie kriegten wir ihn für die Rennen fit, und Franjo schaffte es trotz der Umstände, sich als Zweiter der Abfahrtswertung im Europacup einen Fixplatz für den Weltcup zu sichern. Eigentlich war das gar nicht möglich. Da realisierte ich: Dieser Kerl ist aussergewöhnlich.
Von Allmen absolvierte die Lehre zum Zimmermann. Es hiess, nicht alle bei Swiss-Ski hätten Freude daran gehabt.
So würde ich das nicht sagen. Aber Franjo hat drei Tage pro Woche gearbeitet, das Konditionstraining holte er oft am Abend nach, auf der Piste trainierte er nicht selten für sich allein. Es war schon intensiv, ich fragte ihn auch mehrmals, ob es ihm nicht zu viel wird und ob er sich genug erholen kann. Aber Franjo hat einen enormen Biss. Sowieso muss man ihn eher bremsen.
Auch auf der Piste?
Es gibt Athleten, die man pushen muss. Franjo gehört nicht dazu. Er muss aber gut betreut werden, auch künftig, damit er es nicht übertreibt mit dem Risiko.
War er während der Zeit bei Ihnen im Europacup pflegeleicht?
Absolut. Franjo war sehr beliebt im Team, ein echter Kumpel, nie schlecht gelaunt. Er war ein Lausbub, hat ab und zu einen Seich gemacht. Und er konnte richtig ausbrechen. Da wurden schon mal grosse Feste gefeiert. Wir haben das zugelassen. Natürlich nur, wenn es die Situation erlaubte.
Sie sind seit 2008 Europacup-Trainer. Ist die Generation um von Allmen und Monney die beste, die Sie je betreut haben?
Ja. Mit von Allmen, Monney, aber auch Marco Kohler und Lars Rösti haben gleich mehrere Athleten den Durchbruch geschafft. Und die nächste talentierte Generation ist schon vorhanden. Wir legen bereits im Europacup wert auf einen starken Teamgeist, da wird die Basis gelegt. Aber mir ist wichtig, zu betonen, dass nicht nur ich dafür verantwortlich bin, ich habe ein starkes Team um mich.
Aber dank Ihnen hatten gerade von Allmen und Monney auf der WM-Piste einen gewissen Vorteil gegenüber den meisten Konkurrenten …
… (lacht) ich habe in Saalbach noch immer einen Weltmeister-Bonus. Mit dem Schweizer Europacup-Team durften wir hier in den letzten Jahren ein paarmal ab der Mittelstation bis hinunter fahren. Eigentlich wäre das nicht möglich gewesen.
Von Allmen ist mit 23 ein sehr junger Abfahrtsweltmeister. Sie waren 1991 immerhin 28. Was war sonst noch anders?
Franjo steht noch immer am Anfang seiner Karriere. Ich war zuvor dreimal Vierter in einer WM-Abfahrt, einmal schaffte ich die teaminterne Qualifikation nicht. Für mich ging es 1991 um alles. Es tönt blöd, aber im weitesten Sinn fuhr ich mit der «Sieg oder Sarg»-Devise. Ich war wieder Favorit, es musste einfach klappen, «ghoue oder gstoche».
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