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Weltcup-Trainerin Mirena Küng
Sie trainiert Schweizer Ski-Asse in einer männer­dominierten Welt

«Warum nicht auch mal die Männer trainieren, das könnte interessant sein!»: Mirena Küng hat als Trainerin noch so einige Pläne.
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In Kürze:
  • Mirena Küng ist die einzige Frau im Trainerteam von Swiss-Ski.
  • Frauen sind im alpinen Skisport hinter den Kulissen nach wie vor selten, Vorurteile halten sich hartnäckig.
  • Ihre Vergangenheit als Skirennfahrerin ist bei ihrer Arbeit als Trainerin von Vorteil.
  • Michelle Gisin würde sich über stärker durchmischte Teams freuen.

Der Ski-Weltcup ist in Männerhand – das gilt auch für die Rennen der Frauen. Abgesehen von den Athletinnen sind Frauen im Ski-Zirkus die Ausnahme, sowohl was die Funktionäre und die Serviceleute als auch was die Begleitpersonen und die Medien betrifft.

Es sind Männer, die an den Teamchefsitzungen am Tag vor den Rennen über das Programm der Skifahrerinnen entscheiden. Alois, Beat, Heini, Marcello oder Roland: Ein Blick auf die Trainerliste der weiblichen Schweizer Ski-Elite genügt, um das zu bestätigen.

Unter den mehreren Dutzend Swiss-Ski-Trainern, Männer und Frauen zusammengerechnet, gibt es nur eine Frau: Mirena Küng. Die 36-jährige Appenzellerin gehörte mit 33 Weltcup-Starts und einem 14. Platz in der Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen 2013 als Bestergebnis zur Weltspitze. Jetzt trainiert sie das Schweizer Speed-Team der Frauen. Ihre Kolleginnen im Weltcup – darunter Mikaela Shiffrins Trainerin – lassen sich an einer Hand abzählen.

«Die Trainerarbeit ist zu hart für Frauen»

Klischees kleben an diesem Beruf wie Frühlingsschnee an den Ski: Der Job sei nichts für das «schwache Geschlecht». «Die Trainerarbeit ist zu hart für Frauen», sagte der ehemalige Pressechef des österreichischen Skiverbands Josef Schmid einst gegenüber Medien.

Küng widerspricht: «Nein, es ist nicht zu schwierig, aber die Vorurteile halten sich hartnäckig», findet sie, «wir sind jeden Tag draussen und müssen mit den Wetterumschwüngen klarkommen. Manchmal muss man schweres Material tragen und die Piste mit grossen Schläuchen bewässern, aber das machen die Trainerinnen der Regionalverbände auch.»

Der Weltcup erfordere ständiges Reisen, was Frauen in diesem Beruf ausbremsen könnte. So zumindest das Argument, das Lara Gut-Behrami als Grund für den geringen Frauenanteil in diesem Bereich anführt. «Unser Leben ist umständlich, wir sind nie zu Hause, es ist bestimmt schwierig, das mit dem Familienleben in Einklang zu bringen», sagt die Tessinerin. «Wenn man das fünfzehn Jahre lang als Sportlerin gemacht hat, hat man nicht unbedingt Lust, das nach dem Rücktritt in einer anderen Rolle gleich weiter zu tun.»

Mit Volksmusik die Karriere finanzieren

Küng ist von stattlicher Statur, charismatisch und selbstbewusst. Nützliche Eigenschaften, um sich in einer männerdominierten Welt zu behaupten. «Ich habe nie eine bestimmte Taktik oder Philosophie verfolgt, ich versuche keine besondere Rolle zu spielen, sondern bin einfach ich selbst», betont die Appenzellerin.

Ihre Laufbahn als Skirennfahrerin war von zahlreichen Verletzungen geprägt. Sie verlor deshalb mehrmals ihren Kaderstatus und finanzierte einen Teil ihrer Karriere mit Volksmusik: Als Teil des Ensembles Geschwister Küng spielte sie Geige und Hackbrett. Nach ihrer Zeit als Skirennfahrerin begann sie ihre zweite Karriere in St. Moritz als Kindertrainerin. Danach ging sie nach Liechtenstein, wo sie Junioren-Cheftrainerin auf FIS-Stufe wurde, bevor sie über den Europacup zum Swiss-Ski-Team stiess und 2021 in das Technik-Team der Frauen wechselte.

«Als ich vor zwei Jahren den zweiten Slalom-Durchgang in Are abstecken sollte, beobachteten mich alle meine männlichen Kollegen aufmerksam», erinnert sich die 36-Jährige, «während meine Anwesenheit am Anfang für Verwunderung sorgte, ist sie mittlerweile normal geworden, glaube ich.»

Von den Bemerkungen, die manchmal am Pistenrand fallen, lässt sich Küng nicht aus der Ruhe bringen. Wie Marie-Theres Nadig, die ihr einige Jahrzehnte zuvor gewissermassen den Weg ebnete.

«‹Sie wird es nicht schaffen, die Piste in den richtigen Abständen abzustecken› – das habe ich am Anfang oft gehört», lacht Nadig, die ab 1999 Trainerin der Schweizer Abfahrerinnen und im Winter 2004/05 sogar Cheftrainerin war. «Mir wurde auch oft gesagt, dass ich nicht einfach eine gute Trainerin wäre, nur weil ich schnell fahre, und auch, dass ich einem Mann den Platz wegnehmen würde. Nur wenige Trainer wurden damals bezahlt, eine Frau musste also etwas anderes machen.»

«Es war viel einfacher, mich statt einen Mann zu entlassen»

Wie Mirena Küng schenkte die zweifache Olympiasiegerin (Abfahrt und Riesenslalom in Sapporo 1972) diesen kritischen Stimmen kein Gehör und ging weiter ihren Weg. Fast 20 Jahre nach ihrer Freistellung wegen «mangelnder Ergebnisse» ist die St. Gal­lerin der Meinung, dass ihr Geschlecht es ihr nicht leichter gemacht hat. «Sagen wir so, es war viel einfacher, mich statt einen Mann zu entlassen. Heute stehen Frauen mehr berufliche Perspektiven offen, und das ist gut so», sagt sie ohne Bitterkeit.

Gian Gilli und Nationaltrainerin Marie Theres Nadig vom Schweizer Skiverband beim Ski-Weltcup 2004/2005 in Sölden.

Ein Wandel der Mentalitäten, den auch Mirena Küng im Rückblick auf ihre Zeit als Skirennfahrerin und Trainerin beobachten kann. «Der Menstruationszyklus war ein Tabu, nun ist er Thema und wird in der Trainingsplanung berücksichtigt», führt sie als Beispiel an. «Skifahrerinnen kommen nicht unbedingt zu mir, um über weibliche Themen zu sprechen.» Sie glaube eher, das hänge mit der Persönlichkeit und Sensibilität jeder einzelnen Frau zusammen. «Ein durchmischtes Staff-Team ist also bestimmt von Vorteil, ich hätte gerne eine Frau als Trainerin gehabt.»

Michelle Gisin, wie Nadig zweifache Olympiasiegerin und seit 2012 im Weltcup aktiv, hingegen kann sich nicht vorstellen, eine Karriere als Trainerin zu starten. «Leider habe ich schon mit mir selbst kaum Geduld, ich wäre die schlechteste Trainerin der Welt», sagt die Obwaldnerin lachend. Sie freut sich aber über stärker durchmischte Teams im Schweizer Kader. «Es gibt wirklich zu viele Männer in diesem Milieu, ich habe nichts gegen sie, aber Frauen können mit ihren Ideen und Visionen zu mehr Ausgewogenheit führen», fährt die vielseitige Skifahrerin fort.

Erfahrung als Skirennfahrerin von Vorteil

Mirena Küngs Vergangenheit als Skirennfahrerin ist sehr wertvoll. «Mehrere Speedpisten kenne ich sehr gut, auf manchen Strecken sogar jede einzelne Kurve, weil ich selbst darauf gefahren bin», betont die Trainerin. «Ich habe auch Verständnis für die logistischen, technischen, psychischen und körperlichen Herausforderungen meiner Athletinnen.»

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Küng hat sich auch viel mit ihrem Mentor Karl Frehsner ausgetauscht, dem legendären, als sehr autoritär bekannten Schweizer Ex-Trainer. «Seit seiner Zeit hat sich einiges verändert, aber ich habe erst kürzlich wieder mit ihm telefoniert und kann immer noch viel von ihm lernen.»

Und welche Herausforderung steht für Mirena Küng als Nächstes an? Wie ihre männlichen Kollegen auf einen Baum am Pistenrand zu klettern, um die Skifahrerinnen während des Rennens aus der Höhe zu analysieren?

Die Appenzellerin, die letzten Sommer mit der Schweizer Slalomfahrerin Aline Danioth mehrere Viertausender bestiegen hat, lächelt: «Das ist der Plan, ich bin eine begeisterte Kletterin und Skitourengängerin. Und warum nicht auch mal die Männer trainieren, das könnte interessant sein!» Mirena Küng will noch weitere Gipfel erklimmen.

Aus dem Französischen übersetzt von Marina Galli