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Hype um Non Fungible Token
Sind die Zertifikate für Memes wirklich ein Vermögen wert?

Zoë Roth wurde mit diesem Bild weltbekannt, das als Meme im Internet millionenfach kursiert. Ein Non Fungible Token dieses Fotos wurde für 500’000 US-Dollar verkauft.
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Über die aktuelle Begeisterung für Non Fungible Token – kurz NFT – dürfte manch ein bestandener Kunstsammler ungläubig den Kopf schütteln: Käufer bezahlen Tausende und vereinzelt sogar Millionen von Franken für ein digitales Werk, von dem im Netz unzählige identische Kopien kursieren. Für das Geld erhalten sie nicht etwa ein Gemälde, das sie an die Wand hängen können, sondern eben ein NFT – das ist ein digitales Zertifikat. Dazu gibt es allenfalls einen USB-Stick, auf dem das Werk als Datei gespeichert ist.

Als NFT lässt sich alles verkaufen, was virtuell verfügbar ist. Für Aufsehen sorgte kürzlich der Künstler Beeple, dessen Collage «Everydays: The First 5000 Days» durch das Auktionshaus Christie’s für 69 Millionen Dollar versteigert worden ist. Damit gehört Beeple weltweit zu den drei teuersten Gegenwartskünstlern. Bei Twitter-Gründer Jack Dorsey brachte allein schon ein Screenshot seines allerersten Tweets mit dem Text «just setting up my twttr» eine Summe von 2,9 Millionen Dollar ein.

Oft werden auch mit bewegten Bildern gute NFT-Geschäfte gemacht. Meist sind es kurze Filmsequenzen wie zum Beispiel Spielszenen aus der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA. Manche Akteure machen sich bereits über den Boom lustig: Der US-Filmemacher Alex Ramirez-Mallis zeichnete mit Freunden Fürze auf und versteigerte diese als NFT, für die Käufer tatsächlich bis zu 85 Dollar bezahlten. Und eine «Master Collection» wechselte für 400 Dollar den Besitzer.

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Die digitalen Werke können zwar beliebig kopiert werden und exakt dem Original entsprechen. Doch als NFT steigt der Wert. Denn damit erhalten Käuferinnen und Käufer die Bescheinigung, dass sie im Besitz einer beglaubigten Edition oder einer «Originalkopie» sind. NFT sind in einer Blockchain hinterlegt – das ist ein dezentrales Netzwerk, auf dem unter anderem bekannte Kryptowährungen wie der Bitcoin basieren. Das soll Individualität und Fälschungssicherheit garantieren.

Yvonne Schweizer, Kunsthistorikerin an der Universität Bern, zieht einen Vergleich zur Musik: Hier gibt es auch auf der einen Seite von Musikern bewilligte Originalkopien wie zum Beispiel CDs und auf der anderen Seite Raubkopien. Schweizer verweist zudem auf Video- und Filmkunst zu Beginn der 1970er-Jahre: Indem Künstler limitierte Versionen eines Videos verkauften, konnten sie den Preis steigern. «Die limitierte Edition von Werken ist nichts Neues, sondern eine Erfindung des 19. Jahrhunderts», erläutert Schweizer. Bekannt sind beispielsweise die Lithografien von Andy Warhol, die er in limitierten Editionen herausgab. Auch Bronzeskulpturen erzielen in einer limitierten Reihe als beglaubigte Exemplare einen höheren Wert.

Sogar Ebay will nun NFT verkaufen

Einige Leute haben mit NFT schon viel Geld verdient. Dennoch ist es derzeit nicht empfehlenswert, Ersparnisse in NFT anzulegen. Aufgrund der aktuellen Euphorie – angetrieben durch die enormen Kurssteigerungen von Kryptowährungen – suchen viele Käufer von NFT den schnellen Gewinn und nicht werthaltige Kunst. Auch der Blockchain-Experte André Wolke von Validity Labs in Zug sieht «genug Indikatoren» für einen Hype, der wieder abflauen werde. Mit anderen Worten: Wer derzeit viel zahlt, muss mit erheblichen Wertkorrekturen rechnen, wenn sich der Markt einmal konsolidiert.

Zudem ist der Markt gross und unübersichtlich. Bekannte Onlinehandelsplätze für NFT sind beispielsweise opensea.io, niftygateway.com, async.art oder rarible.com. Sogar Ebay will demnächst NFT anbieten. Besonders ohne Fachwissen ist mit Fehlgriffen zu rechnen.

2018 wurden einzelne Cryptokitties noch für über 100’000 Dollar verkauft. Inzwischen scheint der Hype um die Krypto-Kätzchen nachzulassen.

«Der Spitzenpreis von 69 Millionen Dollar für die Collage von Beeple ist dem Hype geschuldet», sagt Nina Roehrs, Geschäftsführerin der Galerie Roehrs & Boetsch in Stäfa ZH. Der anonyme Käufer soll seit Jahren im Geschäft mit Kryptowährungen tätig sein und hinter der NFT-Plattform Metapurse stehen. «Bei diesem Kauf spielten offenbar andere Kriterien eine Rolle als bei einem Kunstsammler», ergänzt Roehrs.

Rechtliche Unsicherheiten

Beim Kauf von NFT gibt es zudem rechtliche Unsicherheiten. So ist nicht einmal klar, ob der Käufer das digitale Werk als Datei erhält. Genau genommen, kommt er nur in den Besitz eines NFT. «Ob mit dem Kauf eines NFT irgendetwas anderes erworben wird als der NFT, ist nicht ohne weiteres klar und hängt von der konkreten vertraglichen Regelung ab», sagt Cyrill Rigamonti, Professor für Wirtschafts- und Immaterialgüterrecht an der Universität Bern. Normalerweise erlangt der Käufer mit einem NFT auch keine Urheberrechte.

Die Cryptopunks kamen ab 2017 in Umlauf und zählen zu den frühen NFT. Die von der Software-Firma Larva Labs zuerst verschenkten grobpixeligen Bilder erzielen heute vereinzelt Preise von mehreren Millionen Franken.

Werden Galerien überflüssig?

Während beglaubigte Editionen nicht neu sind, dürften die NFT den Kunstmarkt in einigen Aspekten doch verändern. NFT werden in einem dezentralen Netzwerk einer Blockchain verankert. Diese Technologie ermöglicht Transaktionen ohne Intermediär. Zahlungen vom Käufer zum Anbieter sind also ohne Bank möglich. Und entsprechend kann ein Künstler sein Werk ohne Galerie auf Internetplattformen ausstellen und selber verkaufen. Dies ist mit ein Grund, weshalb NFT während der Pandemie einen Boom erlebten.

Trotzdem ist Kunsthistorikerin Yvonne Schweizer überzeugt, dass traditionelle Galerien nicht unter Druck geraten: «Bei Kunstformen, die mit NFT zusammenhängen, spielt die Internetkultur eine massgebliche Rolle.» Als Beispiele nennt sie digitale Bilder wie Memes oder GIFs. Für Gemälde, Videoinstallationen oder anderes mehr sei hingegen weiterhin die Galerie der geeignete Kunstmarkt.

Die Galeristin Nina Roehrs verweist auf eine weitere Entwicklung, die im Zusammenhang mit NFT an Bedeutung gewonnen habe: Auf Plattformen wie async.art können Käufer auf die Gestaltung eines Werks Einfluss nehmen – den Spielraum dafür legt der Künstler fest.

Wie präsentieren?

Und schliesslich ändern sich mit NFT und Digitalkunst auch die Konsumgewohnheiten. Ein NFT-zertifiziertes Werk wird nicht wie ein Gemälde an die Wand gehängt. «Kunstsammler zeigen vermehrt am Tablet oder am Computerbildschirm, was sie haben», sagt Roehrs. Und für jene, die NFT-Kunst gerne wie traditionelle Gemälde an der Wand präsentieren, gibts bereits eine grosse Auswahl an digitalen Bilderrahmen.