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Prominente Schweizer Signa-Gläubiger
René Benkos Pleite trifft Julius Bär und Migros

Zehn Schweizer Gläubiger haben Forderungen gegenüber der Signa Holding. Darunter die Migros, Julius Bär und die Betreiber des Zürcher Luxushotels Baur au Lac.
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Die Liste mit den Gläubigerinnen und Gläubigern der Signa Holding ist lang. 273 Parteien haben Forderungen gegenüber der insolventen Dachgesellschaft des österreichischen Immobilientycoons René Benko angemeldet. Dabei geht es um viel Geld: 5,2 Milliarden Euro Schulden hat die Signa Holding in den Büchern stehen. 

Ende November hatte die Gesellschaft, der unter anderem die Hälfte der Globus-Warenhäuser gehört, Insolvenz erklärt und beim Wiener Handelsgericht ein Sanierungsverfahren in Eigenregie beantragt. Nun hat sie drei Monate Zeit, um sich mit ihren Gläubigern auf einen Sanierungsplan zu einigen. Die Liste ist eine Momentaufnahme. Aktuell können noch Forderungen angemeldet werden, erst Mitte Januar läuft die Frist dafür aus.

Aus der Liste, die dieser Redaktion vorliegt, ist nicht ersichtlich, wie viel die Signa Holding den einzelnen Gläubigern schuldet, welche Sicherheiten es dafür gibt und in welcher Reihenfolge die Forderungen berücksichtigt werden. Ebenso ist unklar, ob es sich bei den Forderungen um offene Rechnungen oder Kredite handelt, die an die Signa Holding vergeben worden sind. 

So finden sich auf der Liste Restaurants in Wien, Pensionen im Tiroler Bergdorf Alpbach, aber auch Reinigungsfirmen und Privatjet- und Hubschraubercharter-Anbieter. Weitere Verbindlichkeiten bestehen gegenüber Gärtnern, Förstern oder den Wiener Linien, welche den öffentlichen Verkehr in der österreichischen Hauptstadt betreiben.

Migros-Darlehen an Globus?

Auch zehn Gesellschaften und Unternehmen mit Schweizer Adresse finden sich auf der Liste. Besonders interessant auf Position 141: der Migros-Genossenschafts-Bund. Immer wieder ging der Name der Detailhändlerin im Zusammenhang mit dem Verkauf der Globus-Warenhäuser an die Signa durch die Medien. Nun ist klar: Die Migros gehört tatsächlich zu den Gläubigern von René Benko. 

Es liegt nahe, dass es sich bei der Forderung um ein verzinstes Darlehen handelt, das der Signa im Zuge der Globus-Übernahme im Jahr 2020 durch die Migros gewährt worden sein soll. 

Damals bekam René Benkos Signa zusammen mit der thailändischen Central Group den Zuschlag, die Geschäfte der Magazine zum Globus inklusive acht Immobilien an guten Lagen zu übernehmen. Dafür soll der Preis auf rund eine Milliarde Franken veranschlagt worden sein. 

Dann kam das Coronavirus und mit ihm die Frage, ob Signa und die Central Group die Verträge aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage wirklich unterschreiben würden. Um den Verkauf abzuschliessen, kam es zu einer Vereinbarung zwischen Signa, Central und der Migros, wie ein Insider berichtet, der mit den Abläufen vertraut ist: Die Migros soll den Käufern ein verzinstes Darlehen über 200 Millionen Franken gewährt haben. Was den ursprünglichen Verkaufspreis in einem ersten Schritt um 20 Prozent reduzierte.

Zu der Frage, warum die Migros Gläubigerin der Signa ist, heisst es bei der Detailhändlerin jedoch weiterhin: «Zu Gerüchten nehmen wir – wie immer – keine Stellung.» Zum möglichen Darlehen über den Betrag von 200 Millionen Franken wird ebenfalls geschwiegen: «Über die Verkaufskonditionen haben wir Stillschweigen vereinbart, so stammen diese Informationen auch nicht von uns», sagt Sprecher Marcel Schlatter.

Bank, Hotel und Anwälte

Neben der Migros hat auch die H. Kracht’s Erben AG Forderungen gegenüber der Signa angemeldet. Dabei handelt es sich um die Betreiberin des Luxushotels Baur au Lac in Zürich, der Weinhandlung Baur au Lac Vins und der gleichnamigen Garage. In den Medien war die Familie Kracht zuletzt, als sie sich mit der Familie Roulet vor Gericht um den von ihnen eingeführten Markennamen «Club Baur au Lac» stritt.

Der Streit wurde mittlerweile gerichtlich entschieden, doch nun scheint auf die Krachts ein neues Ärgernis zu zukommen. Eine Anfrage nach Höhe und Art der Forderung liess die H. Kracht’s Erben AG bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Neben weiteren Unternehmen steht eine Anwaltskanzlei auf der Gläubigerliste, die ebenfalls auf diversen Gründungsurkunden von Schweizer Signa-Töchtern als deren Rechnungsadresse zu finden ist.

Neben den zahlreichen internationalen Banken und Finanzinstitutionen gehört in der Schweiz die Bank Julius Bär zu den Geldgebern von René Benko. Die Privatbank hatte ihm einen Kredit in der Höhe von 606 Millionen Franken gewährt. Julius Bär ist bislang die einzige Schweizer Bank, welche direkte Forderungen gegenüber der Dachgesellschaft angemeldet hat. Andere Banken, wie etwa die Basler Kantonalbank, haben zwar auch Geschäfte mit dem österreichischen Immo-Tycoon gemacht, diese liefen jedoch über Tochtergesellschaften. 

Forderungen angemeldet haben aber auch diverse Gesellschaften, die näher mit der insolventen Holding verbunden sind. Beispielsweise diverse Signa-Töchter mit einer Adresse in der Schweiz: Signa Financial Services, die Signa Retail Selection, welche hauptsächlich das Geschäft der deutschen Galeria-Warnhäuser umfasst, und die Signa Retail Transaction GmbH. Die ersten zwei befinden sich seit Ende November in der provisorischen Nachlassstundung.

Auf der Liste tauchen zudem Gesellschaften auf, die Personen zuzurechnen sind, die selbst bei René Benko investiert haben. Etwa die Kühne Holding von Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne. Er gehört zu den Geldgebern der Signa Prime Selection, in dieser Tochtergesellschaft hat René Benko seine Immobilien mit dem grössten Prestige gebündelt. 

Verworrene Verhältnisse bei Signa

Warum Kühne ebenfalls Forderungen an die Signa Holding angemeldet hat, ist unklar. Eine Anfrage blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Es verdeutlicht jedoch erneut die verworrene Struktur der Signa, die aus mehreren Hundert Firmen besteht, bei denen es nach wie vor völlig unklar ist, wer wem was schuldet.

Dies zu prüfen, ist eine Herkulesaufgabe. Sie liegt nun beim Sanierungsverwalter, den das Wiener Handelsgericht eingesetzt hat. Er muss sich einen Überblick verschaffen, wie viele Vermögenswerte tatsächlich vorhanden sind. Innerhalb der Holding klafft ein riesiges Loch. Schulden von 5,2 Milliarden Euro stehen Sicherheiten von nur gerade 252 Millionen Euro gegenüber. Eine konsolidierte Bilanz hat die Signa Holding nie vorgelegt, den Überblick hat wohl nur René Benko selbst. 

Sein Einfluss innerhalb der Holding scheint jedoch zu schwinden. Als neuer starker Mann gilt Hans Peter Haselsteiner. Der österreichische Bauunternehmer ist über seine Familienstiftung einer der grössten Investoren innerhalb der Signa. Das zeigt sich auch an zwei Personalwechseln. Mit Erhard Grossnigg wurde Anfang Dezember ein Sanierungsexperte in den Vorstand der Immobiliengesellschaften Signa Prime Selection und Signa Development Selection geholt, der als enger Vertrauter von Haselsteiner gilt. Zudem wurde diese Woche überraschend der Signa-Manager Timo Herzberg entlassen, der wiederum als Vertrauter von Benko gilt. Er soll «grobe Pflichtverletzungen» begangen haben. Er selbst weist die Vorwürfe zurück. 

Eine erste Entscheidung zur Zukunft der Signa-Holding könnte bereits in der kommenden Woche fallen. Am Dienstag findet in Wien die erste Gläubigerversammlung der insolventen Dachgesellschaft statt, an der sie sich auf einen Sanierungsplan einigen muss. Die Signa bietet ihren Gläubigern laut einem ersten Vorschlag des Sanierungsplans an, innerhalb von zwei Jahren 30 Prozent der Gelder zurückzuzahlen und den Rest abzuschreiben. Leonhard Dobusch, Wirtschaftsprofessor an der Universität Innsbruck, geht nicht davon aus, dass es zu einer Einigung kommt. Zu unterschiedlich sind die Interessen der einzelnen Gläubiger. 

Zudem dürften allein die Forderungen der Tochtergesellschaften Signa Prime und Signa Development, in denen die wichtigsten Immobilien von Benko gebündelt sind, die vorhandenen Vermögenswerte bei weitem übersteigen. «Melden diese ihre Forderungen in voller Höhe an, dann ist eine Rückzahlung von 30 Prozent der Gelder absolut illusorisch», sagt Dobusch. In diesem Fall könnte das Sanierungsverfahren in Eigenregie auch in ein normales Konkursverfahren umgewandelt werden. Dann drohen den Gläubigerinnen und Gläubigern jedoch noch höhere Verluste. In einem normalen Konkursverfahren ist nur die Rückzahlung von 20 Prozent der Vermögenswerte vorgeschrieben.