Regula Rytz tritt ab«Selbstverständlich gehören die Grünen in den Bundesrat»
Die Grünen-Politikerin hat in der «SonntagsZeitung» publik gemacht, dass sie als Nationalrätin zurücktritt. Geht Rytz rechtzeitig vor dem Ende der grünen Welle? Wir haben nachgefragt.
![«Ich würde mich nie vor Verantwortung drücken», sagt Regula Rytz. Trotzdem tritt sie aus dem Nationalrat ab.](https://cdn.unitycms.io/images/1VUBPZ1dKvuBuIgecZMlub.jpg?op=ocroped&val=1600,1067,999,612,253,0&sum=-GhgXZkkd9A)
Regula Rytz sitzt seit 2011 im Nationalrat. Nun zieht sich die 60-Jährige zurück. Sie plant, das Präsidium der Entwicklungsorganisation Helvetas zu übernehmen. Daneben will sie sich als Beraterin selbstständig machen. Niemand habe die Politik der Grünen in den vergangenen zehn Jahren so stark geprägt wie Rytz, schreibt Parteipräsident Balthasar Glättli über seine Vorgängerin.
Frau Rytz, Sie sassen 30 Jahre lang in Parlamenten und Exekutiven. Welche Bilanz ziehen Sie?
Die Grünen haben vor 30 Jahren neue Themen auf die Agenda gesetzt, die nun in der Breite der Gesellschaft angekommen sind – Themen wie die Energiewende oder die Kreislaufwirtschaft. Dank der Wahlerfolge der letzten Jahre können wir die Politik immer stärker mitprägen. Es ist höchste Zeit.
Als Parteipräsidentin konnten Sie bei den letzten Nationalratswahlen einen grossen Erfolg feiern. Doch bei den kantonalen Wahlen legen die Grünen weniger zu. Ziehen Sie sich rechtzeitig vor dem Ende der grünen Welle zurück?
Nein. Ich würde mich nie vor Verantwortung drücken. Fakt ist: Die grüne Welle ebbt nicht ab, obwohl mit der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg Umweltfragen in der öffentlichen Debatte in den Hintergrund gerückt sind. Wir haben bei kantonalen Wahlen 48 Sitze dazugewonnen, die Grünliberalen 45. Wenn die Grünen jetzt zugelegt haben, wie wird es dann erst, wenn die Klimaveränderungen immer stärker spürbar werden? Die Umweltkrisen bedrohen Freiheit und Wohlstand. Grüne Lösungen sind dringender denn je.
GLP-Präsident Jürg Grossen schlägt eine neue Zauberformel vor mit einem Bundesratssitz für die GLP auf Kosten der FDP und einem Bundesratssitz für die Grünen auf Kosten der SP. Gefällt Ihnen dieser Vorschlag?
Selbstverständlich gehören die Grünen in den Bundesrat. Sie haben die Stärke und die Bedeutung einer Regierungspartei. Doch es ist nicht der Moment, um über die Zusammensetzung des Bundesrats nach den nächsten Wahlen zu spekulieren. Die Parteien müssen bis dahin zeigen, dass sie Antworten auf die dringlichen Fragen unserer Zeit haben.
Haben die Grünen Antworten? Im Fokus steht der Ukraine-Krieg, und die Grünen sind gegen höhere Verteidigungsausgaben.
Wir sind mit dem Ausbruch des Kriegs in einer neuen Weltlage aufgewacht. Die Grünen werden grenzüberschreitend diskutieren, was das für die europäische Sicherheitsarchitektur bedeutet und welche Rolle die Schweiz einnehmen kann. Zurzeit kann sie am meisten zur Sicherheit beitragen, wenn sie das Geschäft mit Oligarchengeldern beendet und nicht mit dem Verbrauch fossiler Energien Putins Kriegskasse füllt.
Der ehemalige SP-Bundesrat Moritz Leuenberger sagte im «SonntagsBlick», als Junger würde er heute vielleicht den Grünen beitreten. Ein besonderes Kompliment?
Wir freuen uns natürlich über alle, die sich für die Grünen entscheiden, ob jung oder alt. Dass wir auf ökologische Nachhaltigkeit fokussieren und gleichzeitig sozial, weltoffen und europäisch vernetzt sind, macht uns für alle Generationen attraktiv.
Künftig möchten Sie sich als Delegierte bei den europäischen Grünen für ein institutionelles Abkommen mit der EU einsetzen. Doch die Grünen plädieren für ein Nein zur Frontex-Vorlage und riskieren damit ein weiteres Problem mit der EU. Wie passt das zusammen?
Die Grünen stehen zu Schengen. Anders als die Basisbewegungen sagen wir deshalb auch nicht «no Frontex». Doch die Kritik an den Menschenrechtsverletzungen ist berechtigt. Wenn es zu einem Nein an der Urne kommt, müssen wir einen neuen Anlauf nehmen.
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