Unfall bei der Tour de SuisseGino Mäder stürzt bei der Abfahrt vom Albula schwer
Der Berner kommt in der Schlussabfahrt vom Albula wie Magnus Sheffield zu Fall. Während Mäder reanimiert werden muss, verletzt sich der Amerikaner weniger gravierend.
Die Königsetappe der Tour de Suisse von Fiesch nach La Punt über die Pässe Furka, Oberalp und Albula wurde von zwei schweren Stürzen in der Schlussabfahrt überschattet. In dieser erreichen die Fahrer Tempi von fast 100 km/h.
Der 26-jährige Schweizer Gino Mäder vom Team Bahrain Victorious erlitt dabei schwere Verletzungen. Wie Tour-Direktor Olivier Senn später mitteilte, lag Mäder an einem Abhang regungslos im Wasser und musste reanimiert werden. Der Rennarzt sei in weniger als zwei Minuten nach dem Unglück an der Unfallstelle gewesen. Mäder wurde nach der medizinischen Nothilfe mit dem Helikopter ins Spital Chur geflogen. Senn sagte, die Schwere der Verletzungen sei noch nicht abschliessend geklärt. Gemäss dem Westschweizer Fernsehen RTS befindet sich Mäder in einem ernsten, aber stabilen Zustand.
An gleicher Stelle – 14 Kilometer vor dem Ziel nach einer Linkskurve – kam auch der Amerikaner Magnus Sheffield von Ineos Grenadiers zu Fall. Senn geht davon aus, dass die beiden Fahrer zusammen gestürzt sind, bestätigt ist das aber nicht. Die Polizei versuche, den Unfallhergang zu rekonstruieren. Im Gegensatz zu Mäder sei Sheffield ansprechbar gewesen, als die ersten Helfer am Unfallort gewesen seien, erklärte Senn. Sheffield konnte diese Stelle zu Fuss verlassen. Er erlitt Prellungen und eine Gehirnerschütterung und wurde ins Spital Samedan transportiert.
Der Schweizer Roland Thalmann hat die Stelle nach den Stürzen von Mäder und Sheffield passiert. Es seien zwei Velos am Strassenrad gelegen, die nicht mehr schön ausgesehen hätten, berichtete der Profi vom Team Tudor. «Beim Blick zurück haben wir gesehen, dass zwei Fahrer recht weit unten gelegen sind.»
Der Schock über die beiden Verletzten ist gross. Diverse Teams posteten in sozialen Netzwerken Genesungswünsche, auch einzelne Profis wie Lilian Calmejan meldeten sich. Der Franzose, der zurzeit ebenfalls bei der Tour de Suisse im Einsatz steht, schrieb bei Twitter: «Alle meine Kraft und alle meine Gedanken sind bei Gino Mäder.»
Kritik an der Rennorganisation
Kritische Stimmen gab es aus dem Fahrerlager für die Tour-Organisation aufgrund der Streckenführung mit der Abfahrt vom Albula unmittelbar vor dem Ziel. «Niemand war glücklich, dass wir am Ende eine so gefährliche Abfahrt hatten. Es muss immer etwas passieren, bevor einem bewusst wird, dass es unvernünftig ist», sagte der belgische Weltmeister Remco Evenepoel gegenüber Eurosport. «Mit einem so schönen Anstieg wären wir auf dem Gipfel zufrieden gewesen. Aber nein, wir mussten am Ende noch Spektakel anhängen.» Evenepoel war in der Nähe, als die beiden stürzten.
Mäder kann an einem Tag brillant Rad fahren und am nächsten Tag kraftlos sein. Hochs und Tiefs ziehen sich durch seine Karriere. An seinen besten Tagen gewann er Etappen am Giro d’Italia und an der Tour de Suisse, die Vuelta schloss er 2021 auf dem 5. Schlussrang ab, bei der Tour de Romandie wurde er im vergangenen Jahr Zweiter. Immer wieder kämpfte er auch mit gesundheitlichen Problemen.
Wegen einer Covid-Infektion, erlitten möglicherweise bei der Tour de Romandie im April, verpasste er den Giro d’Italia. Bereits im letzten Jahr musste Mäder die Tour de Suisse vor dem Start zur 5. Etappe abbrechen. Er kämpfte mit Magen-Darm-Problemen und beendete die Schweizer Landesrundfahrt auf Rat der Ärzte frühzeitig. Wie sich später herausstellte, hatte sich Mäder bereits damals zusammen mit über 60 weiteren Fahrern mit Corona infiziert. Weil die Erkrankung anhielt, verpasste er später auch seine erstmalige Teilnahme an der Tour de France. In der laufenden Tour de Suisse trug Mäder teilweise eine Maske, wenn er sich vor dem Start oder nach dem Ziel mit Bekannten austauschte.
Ayuso-Sieg verkommt zur Nebensache
Angesichts der Schreckensnachrichten rückte der Sieg von Juan Ayuso in den Hintergrund. Der 20-jährige Spanier griff am Albulapass an und gewann nach 211 km solo. Ayuso, der im April bei der Tour de Romandie das Einzelzeitfahren gewann, war 54 Sekunden schneller in La Punt als Mattias Skjelmose. Der Däne eroberte sich dank Bonussekunden das Leadertrikot des Österreichers Felix Gall zurück. Gall liegt im Gesamtklassement nun 8 Sekunden hinter Skjelmose. Ayuso hat als Dritter 18 Sekunden Rückstand, Remco Evenepoel als Vierter 46 Sekunden.
Die Albula-Passage vom Donnerstag war die letzte an dieser Tour de Suisse. Die für Freitag vorgesehene Fahrt in die Gegenrichtung wurde wegen des Bergrutsches von Brienz gestrichen, der Start zur 6. Etappe von La Punt nach Chur verlegt. Ziel bleibt Oberwil-Lieli im Aargau.
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