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Schwere Vorwürfe nach SRF-Recherche
Läderach und die Frage nach dem Reputationsschaden

Chocolatier Laederach an der Bahnhofstrasse.
Läderachfiliale.
22.09.2023
(Tages-Anzeiger/Urs Jaudas)
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«Nie wieder betrete ich einen Läderach-Laden, nie wieder Läderach-Schoggi!» So oder so ähnlich lauten derzeit viele Lesermeinungen in den Kommentarspalten der Newsportale, nach dem Bekanntwerden der schweren Vorwürfe gegen Jürg Läderach. Eine offizielle Funktion im Unternehmen hat der langjährige Patron nicht mehr.

Und so beeilte sich das Unternehmen auch gleich, am Donnerstagabend eine Mail an Kundinnen und Kunden zu verschicken, in welchem unter anderem darauf hingewiesen wird, dass seit 2018 sein Sohn Johannes Läderach CEO ist, «und anschliessend wurden auch alle Anteile am Unternehmen auf die heutige Unternehmergeneration übertragen». Diese habe keinerlei Verbindung zu der Freikirche mehr.

Auch Johannes Läderach war schon in der Kritik

Weiter schreibt Johannes Läderach: «Meine Brüder und ich haben mit dafür gesorgt, dass die Vergangenheit schonungslos aufgearbeitet wurde. Wir selbst waren zur fraglichen Zeit Kinder und damals Teil der Gemeinde und sind auch dort zur Schule gegangen. Wir kennen viele Betroffene und verurteilen das, was geschehen ist, auf das Schärfste.» Spezifische Fragen beantwortet das Unternehmen derzeit keine.

Jürg Läderach selbst liess gegenüber SRF in einer eidesstattlichen Erklärung notariell festhalten, dass er «niemals Schülerinnen oder Schüler geschlagen oder anderweitig misshandelt habe». Er habe erst im Vorfeld der Untersuchung, die von der Schule gemacht wurde, davon erfahren. Läderach und die damaligen Verantwortlichen hätten sich schriftlich bei den Betroffenen entschuldigt. Für Läderach gilt die Unschuldsvermutung.

Doch reicht die Erklärung des Unternehmens, um Reputationsschaden vom Unternehmen abzuwenden? Auch nach dem Rücktritt des Patrons war die Firma bereits Boykottforderungen ausgesetzt gewesen. Anfang 2020, als bekannt wurde, dass sich der evangelikale Christ Johannes Läderach beim «Marsch für s'Läbe» engagiert und sich gegen Abtreibungen einsetzt und auch in den Verdacht kam, homophob zu sein. Es kam auch zu mehreren Kundgebungen vor Filialen.

Den Vorwurf der Homophobie wies Läderach strikt von sich. In einem Interview mit dem «Blick» 2022 erklärte er seine Haltung später so: «Persönlich gibt mir der christliche Glauben Halt und Hoffnung. Wir haben aber immer versucht, Unternehmen und Familie zu trennen. Wir stehen zu unseren Werten, doch im Unternehmen haben wir eine komplette Offenheit.» So habe das Unternehmen über 50 Nationalitäten, 60 Prozent Frauen in Führungsfunktionen, habe alle Weltanschauungen, alle Religionen und lebe das ganze Spektrum von Diversität.

Jürg Läderach, Inhaber und Verwaltungsratspräsident  Läderach Chocolatier Suisse

Unter anderem schuf das Unternehmen dafür eine Charta mit dem Titel «Für uns ist jeder Mensch einzigartig und wertvoll» und richtete eine unabhängige externe Ombudsstelle ein, bei der allfällige Verletzungen gegen die Werte auch anonym gemeldet werden können.

Marke eng mit Familie verbunden

Nach Einschätzung des Marketing-Experten Felix Murbach hängt die Frage, ob die Enthüllungen rund um Jürg Läderach fürs Unternehmen wirtschaftliche Konsequenzen haben, stark von der Dauer des Momentums ab. «Momentan ist die Empörung gross, doch in unserer schnelllebigen Zeit wird ein Skandal schnell durch den anderen abgelöst und ist dann wieder vergessen.»

Murbach erinnert in diesem Kontext an den Fall der Modemarke Balenciaga, deren missglückte Werbekampagne, die Kinder mit erotischen Objekten in Verbindung brachte, Ende 2022 hohe Wellen schlug. «Heute ist das vergessen, und praktisch niemand mehr redet darüber.»

Felix Murbach berät Unternehmen bei ihrer Aussendarstellung.

Bei Läderach sei der Fall aber insofern etwas anders gelagert, als dass der Markenname eng mit der Familie verbunden sei. Die Enthüllungen über Jürg Läderach würden also automatisch mit dem Unternehmen assoziiert werden, egal ob jetzt eine andere Generation am Ruder sei. Deshalb könnte es durchaus sein, dass Kunden und Geschäftspartner vorerst auf Distanz gehen, so Murbach. «Es ist nun wichtig, dass Läderach proaktiv das Vertrauen bei den Kunden und Geschäftspartnern raschmöglichst wiederherstellt.»

Doch ist es dafür vielleicht schon zu spät? Bei der Geschäftsleitung des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests (Esaf) 2025 macht man sich jedenfalls bereits Gedanken über das Sponsoring durch Läderach. Das Fest findet in Glarus, dem Heimatkanton des Unternehmens, statt. Man habe die SRF-DOK-Sendung mit Betroffenheit zur Kenntnis genommen. «Die Geschäftsleitung ist im Begriff, sich über die weitere Entwicklung der Thematik einen Überblick zu verschaffen», heisst es auf Anfrage.

Anders beim Zurich Film Festival, das mit Läderach dieses Jahr eine Partnerschaft eingegangen ist. Auf Anfrage schreibt das Festival, das Unternehmen habe in der jüngsten Zeit einen grossen Wandel erlebt. «Die heutige Geschäftsleitung von Läderach spricht sich in der Unternehmens-Charta klar für Toleranz und Diversität aus und hat auch nichts mit der im Film erwähnten Freikirche zu tun.»

Das Festival stehe deshalb zur Partnerschaft unter der neuen Leitung bei Läderach, wie es auf Anfrage heisst. Beim nächste Woche beginnenden Festival werden den Besucherinnen und Besuchern, wie es in der damaligen Mitteilung zur Partnerschaft hiess, exklusiv köstliche Festival-Pralinés offeriert.