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Trotz Corona-Boom
Schweizer Videogame-Entwickler fordern Geld vom Staat

Die noch junge Schweizer Gaming-Branche fordert mehr Risikokapital, um neue Projekte finanzieren zu können: Szene aus dem Spiel «Cloud Chasers». 
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Nun beklagt auch noch die Schweizer Videogame-Branche, dass die Pandemie sie hart getroffen habe. Das erstaunt. Denn weil viele Freizeitaktivitäten gar nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich waren, nahm die Nachfrage nach elektronischen Spielen im vergangenen Jahr deutlich zu. Moritz Zumbühl, Co-Gründer der Blindflug Studios in Zürich, bestätigt die höheren Umsatzzahlen. Den scheinbaren Widerspruch erklärt er mit dem erschwerten Zugang zu Risikokapital.

Um ein Spiel für eine internationale Kundschaft zu entwickeln, benötigen die Jungunternehmen ein Kapital ab rund 750’000 Franken – bei grösseren Produktionen auch erheblich mehr. Um entsprechende Investoren zu finden, seien persönliche Treffen zum Beispiel an Messen unerlässlich. «Doch solche Gespräche konnten aufgrund der Covid-19-Restriktionen seit über einem Jahr praktisch nicht mehr stattfinden», sagt er. Das verschärfe die Probleme der Branche, die so den Anschluss verlieren könnte.

Überleben und auf einem anderen Level mitspielen

Jetzt hat Zumbühl einen offenen Brief an den Bundesrat initiiert und verfasst, der von 16 Schweizer Game-Entwicklerinnen und -Entwicklern unterstützt wird. In der Schweiz stehe die Branche derzeit an einem Wendepunkt, heisst es. Und: «Nach den ersten Jahren, in denen die Game-Entwickler mit grossem Engagement für einen Hungerlohn an ihren Projekten gearbeitet haben, müssen die Studios nun den Übergang zu grossen konkurrenzfähigen internationalen Playern schaffen.» Dafür brauche es den Bund. Mit einer «punktuellen Spitzenförderung» soll dieser dazu beitragen, dass viele Game-Studios erstens überleben und zweitens in Zukunft gegen die starke internationale Konkurrenz «auf einem anderen Level» mitspielen können.

Tatsächlich hat sich die Videogame-Branche in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Markt entwickelt. So setzten Unternehmen mit Computerspielen im letzten Jahr weltweit zwischen 160 und 173 Milliarden Dollar um. Auch der Staat sollte ein Interesse daran haben, dass die Schweizer Wirtschaft an diesem zukunftsträchtigen Markt teilhaben kann, meint Zumbühl.

«Kümmerliche Unterstützung»

In der Schweiz sei die Unterstützung für die Videogame-Branche vergleichsweise kümmerlich, sagt Zumbühl. So verteile die Kulturstiftung Pro Helvetia für einzelne Projekte jährlich rund 150’000 Franken. Daneben gebe es Kantone und Organisationen, die kleinere Beiträge bewilligten.

Tatsächlich zeigt ein Blick über die Landesgrenzen, dass die Branche anderswo deutlich mehr finanzielle Rückendeckung erhält. So gab in Deutschland Andreas Scheurer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, vor knapp einem Jahr bekannt, dass für die Entwicklung von einheimischen Videospielen 250 Millionen Euro an Fördergeldern bereitgestellt würden. Hinzu kommen weitere Förderbeiträge von Bundesländern. Zumbühl verweist auf andere Länder wie etwa England und Kanada, welche die Game-Entwickler mit staatlichen Geldern unterstützten.

In der Schweiz unterstützt zwar die Agentur für Innovationsförderung Innosuisse verschiedene Projekte mit jährlich rund 250 Millionen Franken. Doch dieses Geld geht an Forschungseinrichtungen, die einen Entwicklungsbeitrag für Unternehmen leisten. Risikokapital, wie es die Game-Entwickler fordern, ist bei Innosuisse nicht vorgesehen.

Apple verdient mit

Ein wichtiges Detail am Rande ist schliesslich, dass grosse Vertriebsplattformen wie Apple, Google, Steam und weitere am Verkauf von Computerspielen mit jeweils 15 bis 30 Prozent beteiligt sind. Ist es tatsächlich sinnvoll, staatliche Fördergelder zur Verfügung zu stellen, wenn ein Grossteil der Erträge am Ende bei reichen Konzernen landet? Auf die entsprechende Nachfrage präzisiert Moritz Zumbühl: Seine Idee sind nicht À-fonds-perdu-Beiträge, sondern staatliche Risikokredite. Wenn ein Spiel zum kommerziellen Erfolgsschlager wird, erhält der Staat den Kredit mit Zinseszins zurück. Wenn ein Spiel hingegen floppt, wird der Risikokredit teilweise oder ganz abgeschrieben. Zudem soll es nur staatliche Risikokredite geben, wenn auch private Investoren Geld einschiessen.