Opfer der Corona-Krise Schweizer Modekette Tally Weijl droht das Aus
Weil die Banken trotz Bundesgarantie keine Kredite sprechen wollen, sind 2700 Arbeitsplätze gefährdet, davon 620 in der Schweiz.
Das Kreditprogramm des Bundes für die KMU wird weltweit gelobt. Die Kredite für die Kleinstunternehmen bis zu 500’000 Franken sind voll vom Bund garantiert und bereits zu einem grossen Teil vergeben. Bei den grösseren Krediten, bis zu 20 Millionen Franken garantiert der Bund 85 Prozent der Kreditsumme, harzt es aber. Das bekommt auch das Basler Modehaus Tally Weijl zu spüren, das trotz weitgehenden Kreditgarantien der Gründer noch keine Bank gefunden hat, die einen dringend benötigten Kredit von 25,7 Millionen spricht. Wenn sich das nicht bald ändert, steht das Modehaus vor dem Aus.
Mit ihrer «totally sexy» Billig-Kleiderkollektion für junge Frauen zog Tally Weijl in die Welt und brachte es dank einer rasanten Expansionsstrategie in den Nullerjahren auf weltweit fast 1000 Filialen. Heute beschäftigt die Kette mit Hauptsitz in Basel weltweit rund 2700 Mitarbeiter, davon 620 in der Schweiz.
In den letzten Jahren wurde das Umfeld immer schwieriger. Wie den meisten Textilketten setzte der Onlinehandel auch Tally Weijl immer stärker zu. Die Margen erodierten, und vor rund einem Jahr kündigte das Basler Unternehmen an, in Europa rund 90 der 860 Geschäfte zu schliessen und sich dafür stärker auf den Onlinehandel zu konzentrieren.
Transformation kostet 60 Millionen Franken
Bereits 2018 wurde eine grundlegende Reorganisation in Angriff genommen. Offline- und Onlineeinkäufe sollten «nahtlos miteinander verlinkt» werden, oder wie es das Unternehmen ausdrückte, man wollte ein «stark digitalisierter Omnichannel-eTailer» werden.
Kein billiges Unterfangen, denn die Kosten der Transformation wurden mit 60 Millionen veranschlagt. Die Hälfte davon brachten das Unternehmen selbst und die beiden Gründer und Hauptaktionäre, Tally Elfassi-Weijl und Beat Grüring, auf. Für den Rest gingen sie 2019 auf Investorensuche. Bis Ende Jahr zeigte die Transformation erste Erfolge, Gespräche mit potenziellen Investoren kamen voran.
Seit Mitte März 800 Läden geschlossen
Doch dann kam am 16. März der Lockdown, der für die Textilverkäufer noch bis zum 11. Mai andauern wird. Ein schwerer Schlag, denn trotz steigendem Ertrag aus dem Onlinehandel ist Tally Weijl noch immer zu einem grossen Teil vom Umsatz seiner Läden abhängig. Ähnliches passierte in den übrigen Hauptmärkten Deutschland, Frankreich und Italien. Europaweit mussten alle Stores geschlossen werden: In der Schweiz sind dies rund 80, in ganz Europa rund 800. Staatliche Unterstützung gab es bisher nur wenig. Italien hat 700’000 Euro gesprochen, Frankreich immerhin 2 Millionen Euro.
Um sein Überleben zu ermöglichen, ist Tally Weijl deshalb auf die vom Bund garantierten Covid-19-Bankkredite angewiesen. Diese sind für den Fortbestand des in Basel domizilierten Schweizer Mutterhauses sowie die in der Schweiz betriebenen Läden überlebenswichtig, wie Mitbegründer Beat Grüring sagt: «Wir hoffen sehr, dass wir die Unterstützung der Banken für die beantragten Covid-19-Kredite erhalten. Jetzt geht es darum, in dieser ausserordentlichen Situation, für die wir nicht verantwortlich sind, mithilfe des vom Bund garantierten Kredits in der Schweiz über 650 Arbeitsplätze zu erhalten.» Ohne die beantragten Covid-19-Überbrückungskredite, so heisst es weiter, werde sich Tally Weijl hingegen kaum aus dem Corona-Loch retten können.
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