Wegen Corona fehlen ComputerchipsSchweizer Kunden müssen länger auf Autos warten
Corona verursacht einen Lieferengpass. Zahlreiche Autohersteller mussten vorübergehend ihre Produktion zurückfahren, was zu längeren Wartezeiten führt.
Der Mangel an Computerchips durch die Corona-Pandemie trifft die Schweizer Autokäufer: Sie müssen teils länger auf ihre bestellten Neuwagen warten. In den kommenden Monaten kommt es voraussichtlich gleich bei mehreren Autobauern zu Verzögerungen, weil der Nachschub an Chips stockt, die mittlerweile zur Standardausstattung gehören.
Bei der in der Schweiz mit Abstand beliebtesten Marke VW werde es voraussichtlich bei einzelnen Modellen zu Lieferverzögerungen kommen, sagt ein Sprecher. Noch sei aber unklar, welche Modelle genau betroffen sind und wie lange sich die Kunden gedulden müssten. Die Händler dürften sie in den kommenden zwei bis drei Wochen informieren – sobald Klarheit über den tatsächlichen Lieferzeitpunkt herrsche.
Bei Skoda könnte es beim SUV-Modell Karoq von April bis Juni zu leichten Verzögerungen von höchstens zwei Wochen kommen, sagt eine Sprecherin. Mit längeren Wartezeiten sei aktuell aber nicht zu rechnen. Auch bei Ford sind einzelne Modelle betroffen, wie ein Sprecher sagt.
Mercedes – nach VW die beliebteste Automarke der Schweizer – könne Auslieferungsverzögerungen bei bestimmten Baureihen derzeit nicht ausschliessen, erklärt ein Sprecher. Der Premiumhersteller musste seine Produktion teilweise zurückfahren. Ebenso Renault: Der französische Autobauer wird im laufenden Jahr voraussichtlich rund 100’000 Autos weniger bauen als zunächst geplant. Bei BMW Schweiz gibt es hingegen keinerlei Einschränkungen, sagt ein Sprecher. Auch Audi erwarte derzeit keine Verzögerungen in der Schweiz, so eine Sprecherin.
Produktionsstopps bei Autobauern
Was steckt dahinter? Mikroprozessoren sind derzeit ein knappes Gut. Sie kommen nicht nur in Autos zum Einsatz, sondern auch in Elektrogeräten von Handys bis hin zu PC und Spielkonsolen. Dort ist die Nachfrage wegen der Corona-Krise rasant angestiegen, die Hersteller können den Boom kaum bewältigen.
Als Folge bleiben weniger Chips für die Autoindustrie. Bereits im Januar mussten daher zahlreiche Autobauer rund um den Erdball ihre Produktion zurückfahren, weil ihnen die Halbleiter fehlten. Diese werden unter anderem in Motormanagement- und Fahrerassistenzsystemen verwendet.
Wie lange der Mangel noch anhält, darin sind sich Experten uneinig. Zwar haben verschiedene Autobauer ihre Produktion mittlerweile wieder hochgefahren. Doch der Engpass hat Spuren hinterlassen und die hohe Abhängigkeit der europäischen Autohersteller von der Halbleiterindustrie aufgezeigt.
Politik will Abhängigkeit von Asien vermindern
Die grössten Hersteller stammen aus Asien, wo mit TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) und Samsung zwei der wichtigsten Lieferanten sitzen.
Die Engpässe haben die Politik in Deutschland und Frankreich auf den Plan gerufen. Die beiden Länder befinden sich in Gesprächen über eine Strategie für eine eigene Industriepolitik, um die Abhängigkeit zu verringern.
Für beide Länder steht viel auf dem Spiel: Sie haben sich der Förderung der Elektromobilität verschrieben. Doch in Elektroautos sind noch mal mehr Chips verbaut als in Autos mit einem Verbrennungsmotor.
Für die Autobauer ist es jedoch schwierig, von der Halbleiterindustrie überhaupt als relevante Kunden wahrgenommen zu werden: Hier haben andere die Nase vorn. So verbraucht allein der iPhone-Hersteller Apple mehr Mikroprozessoren als die gesamte Autoindustrie, deren Anteil am Weltmarkt bei knapp zehn Prozent liegt.
Verstärkt wurde das Problem auch dadurch, dass viele Autobauer «just in time» produzieren: Sie legen keine grossen und teuren Lager mehr an. Die Teile für die Autos werden erst kurzfristig angeliefert. Doch in Zeiten unsicherer Lieferketten kann das zum Problem werden.
Auch Schweizer Autozulieferer betroffen
Doch nicht nur Autohersteller und ihre Kunden sind betroffen. In der Schweiz sind zahlreiche Zulieferer vertreten, die die grossen Autobauer rund um die Welt beliefern. Auch sie bekommen die Verzögerungen zu spüren. Beim Industriekonzern Oerlikon etwa fiel die Nachfrage im Januar geringer aus. Mittlerweile habe sich die Auftragslage aber wieder stabilisiert, sagt eine Sprecherin.
Auch der grösste Schweizer Autozulieferer Autoneum ist betroffen, allerdings nur in wenigen Fabriken, wie eine Sprecherin erklärt. Und bei Georg Fischer würden einzelne Kunden Produkte verzögert abrufen, sagt ein Sprecher.
Die Ems-Chemie erwartet hingegen keinen wesentlichen Einfluss auf das Geschäft. Zum einen beliefert das Unternehmen auch andere Industrien. Zum anderen halten sich die negativen Auswirkungen bezogen auf das Gesamtjahr in Grenzen.
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