Energiekosten in der SchweizSchweizer Firmen wollen steigende Strompreise an Kunden weitergeben
Viele Unternehmen kaufen ihren Strom am freien Markt ein. Hier schlagen die gesteigerten Energiepreise deutlich zu Buche. Die ersten Firmen wie Holcim und Swiss Steel wollen deshalb ihre Produkte verteuern.
Öl, Kohle, Gas und damit auch Strom haben sich massiv verteuert. Das bekommen nun grosse Schweizer Firmen mit hohem Energieverbrauch zu spüren. Unmittelbar betroffen sind jene, die sich am freien Markt mit Strom eindecken. Die ersten Firmen reagieren bereits auf den markanten Anstieg: Swiss Steel und Holcim kündigen an, die steigenden Preise an ihre Kunden weitergeben zu wollen.
Swiss Steel fertigt Spezialstahl mit dem Elektrostahlverfahren: Dabei wird aus Stahlschrott mithilfe von Elektrizität unter grosser Hitze Stahl produziert. Zwar werden bei dieser Methode 90 Prozent weniger umweltschädliches CO₂ emittiert als bei der Herstellung im Hochofen. Doch das Verfahren braucht dreimal so viel Strom wie die Herstellung im Hochofen.
«Die drastisch gestiegenen Strompreise hat niemand in diesem Ausmass vorhergesehen.»
Das hat Folgen. «Die hohen Energiekosten wirken sich unmittelbar auf unsere Herstellungskosten und Wirtschaftlichkeit aus», erklärt eine Swiss-Steel-Sprecherin. «Die drastisch gestiegenen Strompreise hat niemand in diesem Ausmass vorhergesehen.»
Energiezuschlag ab November
Swiss Steel will die steigenden Energiekosten nun auf ihre Kunden abwälzen. «Mit Blick nach vorn ist es denkbar, die Preise unserer Waren an die Energiepreisentwicklung zu koppeln», so die Sprecherin. Die Deutschen Edelstahlwerke etwa erheben ab November einen Energiezuschlag. Dieser Zuschlag werde sich an den jeweiligen Energiepreisen orientieren und hänge auch davon ab, um welchen Stahl es sich handle, so die Firma.
In einem Interview mit dem «Spiegel» fand Firmenchef Frank Koch deutliche Worte. Bei den derzeitigen Preisen rechne sich der Betrieb der Deutschen Edelstahlwerke nicht mehr. «Selbst der Stopp von Produktion oder die Verlegung von Schichten sind kurzfristig denkbar.» Um die Situation für die Branche zu entschärfen, forderte er zudem staatliche Unterstützung. «Wir brauchen jetzt unmittelbar eine Entlastung», sagte Koch dem Magazin.
In der Schweiz betreibt Swiss Steel ein Stahlwerk in Emmenbrücke. Als Stromlieferant hatte die Firma bereits ab 2014 die Alpiq auserkoren und einen mehrjährigen Liefervertrag abgeschlossen. Ob der Strom aktuell immer noch von Alpiq kommt, liess Swiss Steel offen.
Zwischen den Unternehmen gibt es eine enge personelle Verbindung. Jens Alder ist in beiden Firmen Verwaltungsratspräsident. Unabhängig davon deckt das Unternehmen einen Teil des Energiebedarfs am Spotmarkt, wo Strom ganz kurzfristig zu aktuellen Preisen eingekauft wird – und der ist zuletzt stark gestiegen.
Zementhersteller drehen an der Preisschraube
Zu den grossen Energieverbrauchern zählen auch Zementwerke. Holcim reagiere auf die steigenden Strompreise ebenfalls mit Preiserhöhungen, so eine Sprecherin. Zudem setze die Firma verstärkt auf alternative Brennstoffe wie Abfälle statt auf fossile Brennstoffe wie Öl oder Gas, um Preisschwankungen möglichst auszugleichen. Auch der deutsche Konkurrent Heidelberg Cement hat laut Reuters angekündigt, wegen der hohen Stromkosten die Preise zu erhöhen.
SBB produzieren Strom selbst
Doch nicht alle Schweizer Grossfirmen sind gleichermassen betroffen. Die SBB – nach eigenen Angaben der grösste Stromverbraucher der Schweiz – produzieren einen grossen Teil ihres Stroms selbst. Zudem sind die SBB an diversen Energiefirmen beteiligt und haben sich den Strom mit längerfristigen Verträgen gesichert, wie eine Sprecherin erklärt. Der jüngste Anstieg der Energiekosten wirke sich daher nicht unmittelbar auf die SBB aus.
Der Industrieverband Swissmem – der die Metall-, Maschinen und Elektrobauer vertritt – sieht vor allem metallverarbeitende Betriebe sowie Stahlhersteller und Giessereibetriebe betroffen, die für ihre Produktion viel Energie benötigen. «Nicht alle können die Mehrkosten an die Kunden abwälzen. Das schlägt dann direkt auf die Marge durch», so Verbandssprecher Ivo Zimmermann.
Fehler gefunden?Jetzt melden.