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Corona-Massnahmen im Vergleich
Schweiz machte Schulen weniger lang zu als die meisten anderen Länder

Kein Fernunterricht mehr, dafür Masken im Klassenzimmer: Primarschülerinnen und -schüler in Allschwil BL im Januar 2021.
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Wie gehen wir mit den Kindern um? Müssen wir sie stärker schützen, oder ist es wichtiger, dass sie einen möglichst gewöhnlichen Schulalltag führen können? Diese Fragen beschäftigen die Schweiz schon seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und haben zu heftigen Diskussionen geführt. Während des Lockdown im Frühjahr 2020 waren Kindergärten, Primar- und Sekundarschulen im Schnitt für 34 Unterrichtstage geschlossen.

Im internationalen Vergleich ist das wenig, wie ein Bericht zeigt, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Donnerstag veröffentlichte. Sie hat sich die Situation zwischen Januar 2020 und Mai 2021 in allen Mitgliedsstaaten sowie in Brasilien, England und Russland angeschaut.

Auf Primar- und Sekundarstufe hatten nur fünf respektive vier Staaten ihre Schulen noch kürzer zu als die Schweiz. Bei den Kindergärten gab es mehr Länder, die weniger restriktiv waren. Mit 34 geschlossenen Tagen (Ferien, Feiertage und Wochenenden nicht mitgezählt) liegt die Schweiz aber immer noch deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 55 Tagen.

Die Auswertung ergab: Je höher die Bildungsstufe, desto länger mussten die Schulen schliessen. Das trifft auf fast alle Länder zu, auch die Schweiz. Gymnasien, Fachmittel- und Berufsbildungsschulen (alle Sek II) waren 56 Tage zu, Universitäten und Fachhochschulen gar 129 Tage. Im OECD-Schnitt waren es jeweils gut 100 Tage. Auf Tertiärstufe war die Schweiz also ausnahmsweise restriktiver als die meisten Länder.

Ein Grossteil der Schulen in der Schweiz war nur im vergangenen Jahr geschlossen. In anderen OECD-Staaten wie Deutschland wurde auch 2021 noch zu diesem Instrument gegriffen. Der Bericht zeigt, dass es beim Umgang mit dem Thema grosse Unterschiede gibt. In einigen Ländern gab es auch teilweise geöffnete Schulen. So wurde der Unterricht zum Beispiel nur in gewissen Regionen mit tiefen Fallzahlen zugelassen. Andernorts durften nur bestimmte Altersgruppen vor Ort unterrichtet werden oder eine reduzierte Zahl von Schülerinnen und Schülern pro Klassenraum.

In der Schweiz setzte man vor allem auf Fernunterricht beziehungsweise Homeschooling. Ob dies funktionierte, ist umstritten. Eine Mehrheit der Schulleiterinnen und -leiter zog in einer Umfrage ein positives Fazit. Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz war jedoch anderer Meinung. Einer Studie zufolge lernten die meisten Kinder im Lockdown weniger gut. Laut Katharina Maag Merki, Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Zürich, hatten Primarschulen generell mehr Schwierigkeiten als Sekundarschulen. Herausfordernd war die Situation zudem für berufstätige Eltern und besonders für bildungsferne Familien.

Diese Einschätzung teilt auch die OECD. Kinder aus benachteiligten Verhältnissen hätten seltener Zugang zu geeigneten Tools für den Fernunterricht und würden auch seltener Unterstützung von ihren Eltern erhalten. Bestehende Lernunterschiede könnten sich durch die Pandemie verschärfen. Grundsätzlich steht die OECD Homeschooling skeptisch gegenüber. «Wo immer möglich, sollten Schulen offen bleiben», schreibt sie in ihrem Bericht.

Aus epidemiologischer Sicht macht Unterricht vor Ort, mit grossen Klassen und in geschlossenen Räumen weniger Sinn. Dass Kinder sich anstecken und das Virus weitertragen, ist unumstritten. Nach den Sommerferien explodierte bei den unter 10-Jährigen die Zahl der Neuansteckungen. Trotzdem sind die meisten Fachleute gegen Schliessungen.

«Man muss die Schulen unbedingt offen lassen, aber in einem möglichst normalen Umfeld», sagte kürzlich Virologin Isabella Eckerle in einem Interview mit Tamedia. Im Moment seien die Schüler ständig mit Isolation, Quarantäne und kranken Mitschülern konfrontiert. Dabei gäbe es zahlreiche Schutzmassnahmen, um den Unterricht sicherer zu gestalten und Ansteckungen zu minimieren: etwa Lüften, Luftfilter, Halbklassen, repetitives Testen, Masken oder die Impfung des Lehrpersonals. «Es ist wichtig, dass man nicht immer nur Durchseuchung oder Schulschliessung als die einzigen zwei Möglichkeiten gegenüberstellt», sagte die Leiterin des nationalen Referenzlabors am Genfer Universitätsspital.