Jagd auf OligarchengelderSchweiz bekämpft Geldwäscherei – aber nur mit Worten
Bundesrat Ueli Maurer verspricht am Ministertreffen der Anti-Geldwäscherei-Behörden Massnahmen. Die vollständige Unterstellung von Anwälten unter das Geldwäschereigesetz gehört nicht dazu.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bezeichnet den Mann als «verantwortlich für die aktive materielle oder finanzielle Unterstützung der russischen Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind». Die Rede ist vom Musiker Sergey Roldugin, der seit letztem Monat auf der Schweizer Sanktionsliste steht. Laut Seco hatte er fünf Offshore-Firmen, über die Hunderte Millionen Franken direkt in Putins Umfeld flossen. Betreut hatte diese ein Zürcher Anwalt.
Doch während die Bankenaufsicht Finma Roldugins Schweizer Bank rügte, sind bis heute keine Massnahmen gegen seinen Zürcher Anwalt bekannt. Dazu fehlen die gesetzlichen Grundlagen. Denn Anwälte sind – ebenso wie Treuhänder und Notare – nicht dem Geldwäschereigesetz unterstellt, wenn sie lichtscheue Klienten bei der Errichtung von Offshore-Vehikeln beraten. Die Sorgfaltspflicht gilt für sie erst, wenn sie Geld in die Hand nehmen, sich also als Finanzintermediäre betätigen.
Am Widerstand der Anwälte gescheitert
Im Parlament ist die Unterstellung der Berater unter das Geldwäschereigesetz vor Jahresfrist am Widerstand der Anwälte gescheitert. Finanzminister Ueli Maurer kündigte zwar umgehend einen neuen Anlauf an. Wann, ist aber offen: «Ein genauer Zeitplan für die erneute Behandlung dieses Themas in einer Gesetzesrevision liegt noch nicht vor», sagt Mario Tuor vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF).
Dass die Schweiz dieses Gesetz anpassen wollte, liegt an den Vorgaben der internationalen Anti-Geldwäscherei-Organisation Financial Action Task Force, deren Finanzminister sich am Donnerstag in Washington treffen – während die Sanktionen gegen Russland laufend verschärft werden.
Maurer werde bei dieser Gelegenheit betonen, «dass die Schweiz die vorgeschlagenen strategischen Prioritäten bei der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung mitträgt», steht in einer Mitteilung des Bundes. Was heisst das?
In der Ministerdeklaration werde bekräftigt, «dass Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung entschlossen bekämpft werden», erläutert SIF-Sprecher Tuor. Als strategische Prioritäten für die nächsten zwei Jahre würden unter anderem die Erhöhung der Transparenz bei wirtschaftlich Berechtigten sowie verstärkte Kapazitäten bei der Einbeziehung von Vermögenswerten festgelegt.
Kein Thema ist die Beraterklausel. Innenpolitisch auch nicht.
Zwar vermittelte Mitte-Präsident Gerhard Pfister kürzlich in einem Interview mit der «Samstagsrundschau» von Radio SRF den Eindruck, dass er sein Nein zur Unterstellung der Anwälte unter das Geldwäschereigesetz überdenken könnte. Zuerst müsse man schauen, ob die geltende Regelung die Kriegsfinanzierung fördere, erklärte der Zuger Nationalrat. Wenn das tatsächlich der Fall sei, «dann muss man sie abschaffen».
Inzwischen verweist Pfister allerdings auf das Embargogesetz, dessen Artikel 1 Absatz 2 Massnahmen im Landesinteresse ermögliche. Dazu brauche es kein Rückkommen auf das Geldwäschereigesetz. «Im Gegenteil, es ginge nur Zeit verloren», sagt er auf Anfrage.
Ukraine-Krise ändert nichts
Die Ukraine-Krise habe nichts an seiner Sichtweise geändert, erklärt auch der Walliser Mitte-Nationalrat und Rechtsanwalt Philipp Matthias Bregy, der sich im Parlament gegen die Beraterklausel gewandt hatte, weil diese das Anwaltsgeheimnis verletze und keinen wesentlichen Mehrwert bringe.
Es bleibt also dabei: Anwälte, Treuhänder und Notare dürfen weiter beliebige Offshore-Strukturen für dubiose Kunden bauen – und können dem Geldwäschereigesetz mit einfachen Tricks ausweichen.
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