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Mamablog: Arbeit der Zukunft
«Schulen sollten Kinder noch fitter für die Zukunft machen»

Fliessbandarbeit war einmal: Schon heute werden repetitive Jobs von Robotern übernommen – Tendenz steigend.
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Herr Weber, reisen wir ins Jahr 2033, in die Arbeitswelt heutiger Schulkinder. Wird es da noch Büros geben?

Ja, es wird sie noch geben. Aber mit deutlich weniger und kaum mehr persönlichen Arbeitsplätzen. Man wird in wechselnder Formation in verschiedenen Räumen arbeiten, die den jeweiligen Arbeitsbedürfnissen nach besetzt werden. Noch mehr als heute wird zudem in Co-Working-Spaces und mobil gearbeitet werden.

Wie stark werden Digitalisierung und Globalisierung bis dann noch zulegen?

Sehr stark. Selbst Handwerker werden nicht mehr ohne digitale Tools arbeiten. Monotone Arbeit wird vermehrt von Robotern oder an kostengünstigeren Orten ausgeführt, sodass es repetitive Jobs kaum mehr geben wird.

Dann sind also zunehmend die Persönlichkeit und die Ideen eines Menschen gefragt, statt stereotypes Abliefern?

Definitiv. Es werden hauptsächlich soziale, kreative und kommunikative Kompetenzen gefragt sein, was man durchaus als positive Seite der Digitalisierung sehen kann. In echten Beziehungen, Fantasie und Mitgefühl liegt der klare Vorteil der Offline-Welt.

Was aber geschieht mit Menschen, die heute beispielsweise in einer Fabrik arbeiten? Ist ein bedingungsloses Grundeinkommen eine Lösung?

Ich befürchte, dass viele Menschen auf der Strecke bleiben, weil ihr Job von einer Maschine ersetzt wird. Diese gilt es aufzufangen, und zwar mit einem System, das frühzeitig auf die anstehende Entwicklung reagiert. Dafür wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen durchaus eine begrüssenswerte Lösung.

Vernetztes Denken als Kernkompetenz: Doch Schulen fokussieren weiterhin auf klassische Fächer wie Mathe und Bio.

Wo liegen die Grenzen der digitalen Entwicklung?

Im zwischenmenschlichen Bereich: Ein Coiffeur-Roboter kann mir zwar einen neuen Haarschnitt bieten, aber keine menschliche Kopfmassage und keine Unterhaltung über ein gelesenes Buch. Es gibt eine Sehnsucht nach der Echtheit des Lebens, die vielleicht auch eine Gegenbewegung auslösen wird.

Was mir Sorgen bereitet, ist die fortschreitende digitale Überwachung. Ich hoffe sehr, dass diese nicht komplett die Kontrolle unseres Lebens übernehmen wird. Auch die mobile Arbeit, die durch Corona einen starken Schub erhalten hat, kann nicht endlos ausgebaut werden. Vieles kann zwar online besprochen werden, aber schlussendlich ist es eben doch etwas anderes, durch ein persönliches Treffen, Verbindung und Vertrauen aufzubauen.

Welche Qualitäten und Fertigkeiten werden unsere Kinder in dieser Arbeitswelt brauchen?

Flexibel auf Veränderungen zu reagieren und die Bereitschaft Neues zu lernen, wird zentral sein. In einer komplex gewordenen Welt brauchen sie die Fähigkeit, vernetzt zu denken und eine Art unternehmerisches Denken – indem sie wissen, wer sie sind, was sie antreibt und was sie anzubieten haben. Empathie, Selbstwirksamkeit, vernetztes Denken, Flexibilität und Kommunikation werden die Schlagwörter der neuen Arbeitswelt sein. Auch deshalb ist es so wichtig, Kindern Raum zu bieten, sich selbst gut kennenzulernen, sich zu organisieren und dabei zu erfahren, dass sie etwas bewirken können. Ein Vorteil für sie ist die demografische Entwicklung. Es kommen deutlich mehr Personen in Pension als Junge nachkommen.

«Die Schule sollte vermehrt Stärken stärken, statt auf Schwächen zu schauen.»

Werden die Kinder im heutigen Schulsystem denn genügend auf diese neuen Anforderungen vorbereitet?

Meiner Meinung nach sollte in Schulen mehr unternommen werden, um Kinder für die Zukunft fit zu machen. Noch immer stehen Naturwissenschaften, Physik, Mathematik und Sprachen im Hauptfokus der Schule. Doch im Hinblick darauf, was uns erwartet, sollte man in der Schule auch lernen, wie man Kommunikation führt, dass sie zielführend wirkt. Auch in Sachen psychische Gesundheit sollte mehr unternommen werden. Grenzen erkennen, darüber zu reden, wie man mit Stress und Schwierigkeiten umgeht, sollten zentrale Tools der Volksschule sein. Denn Stress und Überforderung sind ein grosses Thema in dieser immer schneller werdenden Welt – und das wird nicht weniger werden. Die Schule sollte vermehrt Stärken stärken, statt auf Schwächen zu schauen. Dafür müsste jedoch mehr Energie und Budget ins Bildungssystem fliessen. Was ausgesprochen wichtig wäre, denn es geht um viel. Für uns alle.

Was wird sich in der Unternehmungsführung verändern?

Hierarchische Strukturen werden weniger greifen, da das Umfeld immer komplexer wird und sich alles so schnell verändert, dass Chefs nicht mehr alle Entscheidungen selbst treffen können. Das wird mehr Handlungsspielräume für Angestellte mit sich bringen. Aber auch mehr Verantwortung. Die Chefs der Zukunft werden nicht mehr vorgeben, was Mitarbeiter wann und wo zu tun haben, sondern agieren als Coachs, die dabei helfen, Ziele zu erreichen. Das heisst erneut, wir brauchen junge Menschen, die selbstständig denken und verantwortungsvoll handeln können.

Durch Corona haben wir erlebt, wie schnell alles anders sein kann. Könnte die jetzige Entwicklung erneut durch etwas gestoppt werden?

Ja, natürlich. Die Klimaerwärmung, politische Umwälzungen – wir wissen nicht, was noch alles auf uns zukommt, das Einfluss auf uns und die Arbeitswelt haben wird. Doch auch für dieses Szenario wäre es von zentraler Bedeutung, innerlich gestärkt und dadurch flexibel, verantwortungsvoll, kommunikativ und vernetzt denkend zu sein. Qualitäten, die heute zu den wichtigsten Zielen für Eltern und Lehrpersonen werden sollten.

Welche Zukunftsszenarien können Sie sich vorstellen, liebe Leser und Leserinnen? Und worin liegen die Herausforderungen für uns Eltern und Lehrpersonen, um Kinder möglichst gut vorzubereiten? Diskutieren Sie mit.