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Schlappe für Scholz und Lauterbach
Corona-Impfpflicht in Deutschland gescheitert

Am Ende chancenlos: Bundeskanzler Olaf Scholz (links) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach während der Debatte zur Impfpflicht im Bundestag.

Olaf Scholz, Kanzler der SPD, hatte eigens noch die grüne Aussenministerin Annalena Baerbock vom Nato-Treffen in Brüssel zurückbeordert, um keine Stimme zu verlieren. Am Ende nützte alles nichts. Nach vier quälenden Monaten der Beratung ist die Regierung von SPD, Grünen und FDP am Donnerstag mit ihrem Vorschlag gescheitert, in Deutschland eine Impfpflicht gegen das Coronavirus einzuführen.

Der neueste Antrag sah eine Pflicht für alle ab 60 Jahren vor – erst auf 1. Oktober und auch nur unter bestimmten Bedingungen. Von einer sofortigen Impfpflicht ab 18 Jahren, für die Scholz und sein Gesundheitsminister Karl Lauterbach stets geworben hatten, war längst keine Rede mehr. Aber selbst für die abgeschwächte Variante fehlte im Bundestag am Ende einer stundenlangen, emotionalen Debatte eine Mehrheit. Der Antrag unterlag mit 296 zu 378 Stimmen sogar deutlicher als erwartet.

Mit Omikron schwand der Wille wieder

Deutschland folgt damit dem Trend. Zwar haben Italien und Griechenland Impfpflichten für ihre älteren Bürgerinnen und Bürger eingeführt, Österreich hingegen nahm eine allgemeine Verpflichtung kurz nach deren Einführung wieder zurück.

Die besonders tödliche Delta-Welle hatte im vergangenen November den Willen zur Impfpflicht genährt, nun, unter dem Eindruck der weniger gefährlichen Omikron-Variante, ist dieser wieder geschwunden. Das Problem allerdings bleibt: 2,7 Millionen Menschen über 60 Jahren sind in Deutschland derzeit ungeimpft – mehr als in fast allen anderen europäischen Ländern.

Obwohl Scholz, Lauterbach und die Grünen hartnäckig für ihre Impfpflicht warben, hatte diese in der Regierung nie eine eigene Mehrheit, weil ein beträchtlicher Teil der FDP sie kategorisch ablehnt. Scholz verfiel deswegen auf den Ausweg, die Impfpflicht zu einer «Gewissensentscheidung» zu erklären, das heisst, keinen eigenen Antrag einzubringen, sondern die Abstimmung freizugeben. Faktisch begab er sich damit freilich auch in die Hand der Opposition.

Dies schien am Anfang des Winters noch relativ unproblematisch, weil damals auch die meisten CDU-Politikerinnen und -Ministerpräsidenten für eine allgemeine Impfpflicht eintraten. Danach schwand die Unterstützung aber zusehends. AfD und Linke wiederum waren stets dagegen.

Einig waren sich Ampel und Union in der Ansicht, dass man für den nächsten Winter «Vorsorge» treffen müsse.

Friedrich Merz, der neue Chef der CDU und der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, entschied sich deswegen dafür, die Abstimmung über die Impfpflicht zu benützen, um Kanzler Scholz und der Ampelregierung eine erste schwere Niederlage zuzufügen. In der Sache lagen die Regierungsparteien und die Union im Grunde nie weit auseinander: Auch CDU und CSU befürworten eine Impfpflicht ab 60 Jahren, aber nur für den Fall, dass sich im Sommer oder Herbst herausstellen sollte, dass es ohne sie nicht geht.

Einig waren sich Ampel und Union auch in der Ansicht, dass man für den nächsten Winter «Vorsorge» treffen müsse. Aber während Lauterbach und Scholz die Impfpflicht als präventive Massnahme schon jetzt für unerlässlich halten, wollten CDU und CSU sie nicht auf Vorrat beschliessen.

Das Problem ist nur aufgeschoben

SPD und Grüne empörten sich in der Debatte lautstark darüber, dass die Union eine solch «schwerwiegende Entscheidung» in eine Frage der Macht und der Parteitaktik verwandelt habe. Ohne Impfpflicht werde man einen dritten Pandemiewinter erleben, der absehbar wieder Einschränkungen der Freiheit mit sich bringe, falls man die Seuche nicht einfach laufen lassen wolle.

«Sie können der Ampel jetzt einen mitgeben», sagte Paula Piechotta, eine grüne Ärztin aus Sachsen, zur Verweigerungshaltung der Union. «Aber sie geben damit gleichzeitig eben auch dem Land einen mit ­– und ihren eigenen Ministerpräsidenten in den Bundesländern.» Die Union wiederum bekräftigte ihre Bereitschaft, mit den Regierungsparteien doch noch ins Geschäft zu kommen – nach Massgabe ihres eigenen Antrags natürlich.