Brisanter AngriffUkraine beschiesst russisches Territorium offenbar mit Atacms-Raketen – das ist bislang bekannt
Erst vor wenigen Tagen hat Washington der Ukraine erlaubt, weitreichende Waffen gegen russisches Gebiet einzusetzen. Russland beklagt nun den ersten Angriff.
Was ist passiert?
Die ukrainischen Streitkräfte haben nach Angaben des Generalstabs nachts ein Munitionslager in der russischen Grenzregion Brjansk beschossen. Medien in Kiew berichteten unter Berufung auf nicht genannte Militärs, dass dabei die von den USA gelieferten Atacms-Raketen eingesetzt worden seien. «Das Objekt ist erfolgreich zerstört worden», zitierte das Portal RBK-Ukraina eine Armeequelle.
Was sagt Russland?
Relativ schnell bestätigte das russische Verteidigungsministerium, dass die Ukraine Atacms-Raketen verwendet habe. Die Grenzregion Brjansk sei mit sechs ballistischen Raketen angegriffen worden, hiess es am Dienstagmittag aus Moskau.
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Was wurde getroffen?
Gemäss ukrainischem Generalstab wurde bei dem Angriff ein Munitionsdepot in der Stadt Karatschew getroffen. Es seien zwölf Folgeexplosionen beobachtet worden – sprich: Die Raketen fanden ihr Ziel und brachten die gelagerte Munition nach Einschlag zur Detonation.
Das russische Verteidigungsministerium hingegen teilte mit, dass fünf der Raketen von der russischen Luftabwehr abgeschossen worden seien. Trümmerteile einer sechsten Rakete seien auf eine nicht näher spezifizierte «Militäreinrichtung» gefallen und hätten einen kleinen Brand verursacht. Verletzte oder Schäden gab es demnach nicht. Die Ortsangaben deckten sich mit Angaben aus der Ukraine.
Auf russischen Telegram-Kanälen zirkulierte am Dienstag ein Video, das den Einschlag in Karatschew zeigen soll.
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Was macht den Angriff brisant?
Falls tatsächlich Atacms-Raketen eingesetzt worden sind, wäre dies der erste Angriff seit der Zustimmung von US-Präsident Joe Biden. Kiew hatte von Washington seit Monaten grünes Licht für den Einsatz der Atacms-Raketen mit grösserer Reichweite gegen Ziele im russischen Hinterland gefordert. Der ukrainische Aussenminister Andrij Sybiha sieht in der nun erfolgten US-Erlaubnis zum Einsatz solcher Raketen einen möglichen «game changer».
Wie deutet Russland diesen Angriff?
Moskau erklärte, der Einsatz westlicher Waffen zum Angriff auf das international anerkannte russische Hoheitsgebiet würde die USA zu einem direkten Teilnehmer an dem Konflikt machen. Putin hatte für diesen Fall «angemessene Entscheidungen» angekündigt.
Kurz nachdem Washington grünes Licht für den Einsatz von Atacms-Raketen gegeben hatte, passte Russland seine Atomwaffendoktrin an. Neu ist, dass Moskau die Aggression eines nicht nuklearen Staates, der aber von Atommächten unterstützt wird, als deren gemeinsamen Angriff auf Russland wertet. Dies richtet sich dagegen, dass die Ukraine von den Atommächten USA, Grossbritannien und Frankreich militärisch unterstützt wird.
Putin hat in den zweieinhalb Jahren Krieg mehrmals Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen ausgestossen. Auch die seit Monaten angekündigte Verschärfung der Atomdoktrin lässt sich als Drohgebärde verstehen. Die Veröffentlichung folgt auch kurz auf die von Medien berichtete Entscheidung der USA, der Ukraine den Einsatz weittragender Waffen gegen russisches Gebiet zu erlauben.
Offen bleibt, wie ernst der Kreml seine Drohungen meint. In der Vergangenheit wurde immer wieder mit dem Einsatz von nuklearen Waffen gedroht. Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) hielt aber bereits im Mai fest: «Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Russland eine taktische Atomwaffe auf dem Schlachtfeld in der Ukraine oder anderswo einsetzen wird.»
Was sind eigentlich Atacms-Raketen?
Dabei handelt es sich um bodengestützte ballistische Kurzstreckenraketen. Die Reichweite beträgt je nach Typ 165 bis 300 Kilometer. Ihr Vorteil ist, dass damit Ziele hinter der Front angegriffen werden können – so etwa Munitionsdepots, Flugabwehrsysteme oder Radaranlagen. Sie werden zumeist von Mehrfachraketenwerfern abgeschossen, die nach Abschuss schnell verlegt werden können. Der Start ist unkomplizierter als etwa die Taurus-Marschflugkörper, die von einem Flugzeug aus abgeschossen werden und derzeit für politischen Streit in Deutschland sorgen. Mehr zu Atacms-Raketen und dem Unterschied zu Taurus-Marschflugkörpern lesen Sie hier.
Mit Material der Nachrichtenagenturen DPA und AFP.
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