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Schiene statt Strasse
Die Bahn­offensive der Post zeigt Wirkung

BILD: RETO OESCHGER, HÄRKINGEN, 08.07.2016
RESSORT:  THEMENBILDER

Post, Briefsortierzentrum, Paketzentrum, PostarbeiterInnen, Förderbänder, Automatisiert, Postkisten, Züge der Post, Postzüge, Schinennetz der SBB/ Bahn bis ans Zentrum

Diese Zahlen kommen einer klaren Ansage gleich: 9 Millionen Pakete, welche die Post bislang auf der Strasse transportierte, sollen künftig auf der Schiene befördert werden. Dazu erhöht der gelbe Riese die Postzug-Verbindungen ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2023 von heute 77 auf 84 pro Tag.

Die Ansage lautet: Die Post setzt auf die Bahn.

Die Verlagerung unter dem Titel «Bahnoffensive» läuft bereits seit 2022. Durch den Ausbau der Postzug-Verbindungen soll das Programm nun Fahrt aufnehmen. Ausgebaut wird vor allem auf der für den Postransport wichtigen Ost-West-Achse. In diesem Jahr kamen zunächst zusätzliche Zugverbindungen zwischen den grossen Paketzentren in Frauenfeld und Härkingen am Abend und am Mittag hinzu, zuletzt auch weitere zwischen Frauenfeld und St. Gallen.

Aktuell legen laut Angaben der Post 50 Prozent der täglich zugestellten Pakete einen Teil ihrer Reise auf der Schiene zurück. «Durch die Massnahmen wollen wir den Bahnanteil in den nächsten Jahren erhöhen», sagte Titus Bütler, Leiter Transporte Briefe und Pakete bei der Post letzte Woche an einer Logistikfachtagung in Härkingen.

Komplett Netto-Null bis 2040

Dass die Post die Verlagerung des Transports von der Strasse auf die Schiene nun derart forciert, hat mit den eigenen ehrgeizigen Nachhaltigkeitszielen zu tun. Bereits ab 2030 will das Unternehmen im eigenen Betrieb komplett klimaneutral sein. Ab 2040 soll auch die gesamte Wertschöpfungskette der Post klimaneutral und damit das gesamte Unternehmen netto-null sein.

Einen wichtigen Beitrag dazu soll die Bahnoffensive leisten. «Mit den neuen Bahnverbindungen können wir insgesamt knapp 1,3 Millionen Kilometer Lastwagentransporte und rund 1000 Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen», sagt Titus Bütler. Zudem befördere die Post auf ihren Zügen auch fremde Container. Freie Kapazitäten würden auch anderen Unternehmen angeboten, welche ihre Nachhaltigkeit verbessern wollten.

Von der Verlagerungspolitik der Post profitieren auch die SBB, genauer: die Gütertochter SBB Cargo. Der gelbe Riese ist für SBB Cargo ein wichtiger, zuverlässiger Kunde. Erst im letzten Jahr wurde die Partnerschaft um vier Jahre von 2023 bis 2026 verlängert. Bis Ende 2026 transportiert SBB Cargo damit täglich 60 Güterzüge mit Briefen und Paketen quer durch die Schweiz.

Doch wie in jeder Beziehung läuft es auch in dieser nicht immer harmonisch. Das liegt zum Teil an der Güterbahn, zum Teil aber auch an der attraktiven Nebenbuhlerin im Transportwesen: an der Strasse.

Elektrifizierung der Strasse kostet Bahn Wettbewerbsvorteil

Verglichen mit anderen Grossunternehmen ist bei der Schweizerischen Post die Umstellung der Fahrzeuge auf alternative Antriebe schon recht weit fortgeschritten. 

Noch die ökologischen Vorteile beim Transport auf der Seite der Bahn, sagt Post-Transportleiter Bütler. Doch was die Ökobilanz angeht, schlafe die Strasse nicht. Die Elektrifizierung der Lastwagenflotte der für die Post tätigen Transporteure schreite voran. «Damit verliere die Bahn den Wettbewerbsvorteil bei der Nachhaltigkeit zumindest ein Stück weit.»

Wir begleiten einen Paketpostboten in der stressigen Weihnachtszeit auf einer Tour. Anlieferung der Pakte aus Frauenfeld mit zweigeschossigen Lastwagen.

Er fügt hinzu: «In ein paar Jahren werden E-Trucks billiger werden als Diesel-LKW. Danach ist auch das Thema der hohen Investitionskosten vom Tisch.» Zudem weise die Strasse gegenüber der Schiene noch eine weitere, für die Zustellung von Briefen und Paketen enorm wichtige Eigenschaft auf, so Bütler. «Die Bahn ist gut bei grossen Mengen, der Lastwagen aber hat klare Vorteile, was Flexibilität und Geschwindigkeit betrifft.»

Ein Fahrzeitenvergleich von Schiene und Strasse zwischen den Paketzentren Härkingen und Frauenfeld aus dem Jahr 2020 verdeutlicht die Tragweite der Aussage: Von Post-Rampe zu Post-Rampe ist der Lastwagen je nach Stau rund 25 bis 40 Prozent schneller als der Zug. Und auch die reine Fahrzeit des Zuges ist länger als beim Lastwagen.

«Postzüge könnten den Intercity-Zügen folgen, damit sie nicht den Personenzügen nachschleichen müssen.»

Titus Bütler, Post-Transportleiter

Für eine erfolgreiche Bahnoffensive reicht es laut Bütler deshalb nicht aus, zusätzliche Postzug-Verbindungen oder längere Züge einzusetzen. Der Transportleiter stellt an die Adresse der Bahn primär zwei Forderungen: Mehr Geschwindigkeit und bessere Trassen.

«Um gegenüber der Strasse konkurrenzfähig zu bleiben, muss der Bahntransport unbedingt schneller werden», sagt Bütler – im eng getakteten Schweizer Fahrplan, in dem der Personenverkehr gegenüber dem Güterverkehr stets den Vorrang hat, ein schwieriges Unterfangen. 

Doch eines, welches sich aufgrund veränderter Kundenbedürfnisse als entscheidend erweisen dürfte für das Gelingen der Bahnoffensive der Post. Kundinnen und Kunden möchten ihre Pakete immer schneller erhalten, betont Titus Bütler. Und dazu benötige es regelmässige und schnelle Verbindungen. «Postzüge sind keine langsamen Güterzüge. Sie könnten den Intercity-Zügen folgen, damit sie nicht den langsamen Personenzügen nachschleichen müssen.»

Wie die SBB die Wünsche der Post erfüllen wollen

Bei den SBB weiss man um die Beschleunigungswünsche der Post. Wo möglich würden bereits heute die Eigenschaften der kürzeren und leichteren Postzüge berücksichtigt, sagt SBB-Sprecher Martin Meier. Das Taktsystem des Personenverkehrs biete dazu aber nur wenige Lücken.

Allerdings: Im Angebotskonzept 2035 würden die speziellen Anliegen der Post mit den zwei Expresstrassen pro Stunde und Richtung berücksichtigt, so Meier weiter. Im Rahmen der aktuell laufenden Konsolidierung dieses Konzeptes setzen sich die Güterbahnen für eine Beschleunigung der Expresstrassen ein. Rezept dafür sei genau das von Bütler angesprochene Prinzip «Güterzug nach Interregio und vor S-Bahn».

Die starke Auslastung des Eisenbahnnetzes und die hohe Erwartung an kurze Umsteigezeiten auch beim Regionalverkehr machten jedoch Kompromisse nötig, sagt der SBB-Sprecher. «Häufig entscheiden Sekunden, ob eine Gütertrasse vor dem Regionalverkehr durch einen Knoten wie beispielsweise Biel, Olten, Winterthur oder Neuenburg kommt.»

Längerfristig setzten sich die SBB zudem für mehr Kapazitäten für die Post auf der West-Ost-Achse ein, der Hauptachse dies Binnen-Güterverkehrs, betonen die Bundesbahnen. «Zusätzliche Trassen bieten hier langfristig weitere Chancen auch für schnelleren Postverkehr.»