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SBB-Betrugsfall vor Zürcher Gericht
«Erst noch etwas Kohle machen»: Ex-Elvetino-Chef muss ins Gefängnis

Wolgang Winter, CEO elvetino AG, begruesst die Koch-Nationalmannschaft, die ab Juli fuer neue Kreationen in den Restaurants und Bistros zustaendig ist, am Dienstag 23. April 2013 in Bern. (KEYSTONE/Marcel Bieri)
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In Kürze:
  • Wolfgang Winter wurde zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
  • Ein Jahr der Strafe wird Winter tatsächlich absitzen müssen.
  • Winter und Mitbeschuldigte gründeten Strohfirmen für betrügerische Geschäfte.
  • Elvetino erlitt durch den China-Deal und andere betrügerische Geschäfte hohen finanziellen Schaden.

Während fünf Jahren war Wolfgang Winter das Gesicht von Elvetino. Die Gastro-Tochter der SBB betreibt die Zugrestaurants. Und Winter, ihr Chef, wirkte nach aussen wie der Prototyp des netten Bähnlers: Brille, Glatze, nettes Lachen.

Heute, sieben Jahre nach seiner Freistellung, zeichnet der Richter am Bezirksgericht Zürich ein anderes Bild von Wolfgang Winter: das eines rücksichtslosen Kriminellen, der sich gemeinsam mit zwei Gefährten auf Kosten von Elvetino auf vielfache Art und Weise illegal bereichert hat.

Dafür soll Winter ins Gefängnis – unter anderem wegen Veruntreuung, versuchtem Betrug, Urkundenfälschung und Bestechung.

Das Bezirksgericht Zürich hat den ehemaligen SBB-Manager am Freitag zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Davon soll der 68-Jährige ein Jahr absitzen. Für den Rest der Freiheitsstrafe gilt eine zweijährige Probezeit.

Weiter verurteilte das Gericht zwei Freunde des Ex-Elvetino-Chefs zu bedingten Freiheitsstrafen von 24 und 12 Monaten. Für die Beschuldigten kommen zudem Geldstrafen und Schadenersatzzahlungen von mehreren 100’000 Franken dazu. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Der Richter spricht von einem sehr komplexen Fall. «Immer wieder wurden neue Taten entdeckt.» Wolfgang Winter, nach eigenen Angaben heute ein mittelloser Rentner, hört den Ausführungen des Richters im Saal reglos zu.

Auch wenn Winters Anwältin bereits ankündigte, Berufung gegen das Urteil einzulegen: Mit dem erstinstanzlichen Schuldspruch findet eine unglaubliche Geschichte von Geldgier, Korruption und dreister Selbstbedienung zumindest ihr vorläufiges Ende.

Die Schmiergelder

Das Motiv für sein Handeln lieferte Winter, der als Elvetino-Chef gegen 240’000 Franken pro Jahr verdiente, gleich selbst. Er wolle die SBB bald verlassen, schrieb er laut der Zürcher Staatsanwaltschaft in einer Whatsapp-Nachricht an einen Freund. «Aber erst noch etwas Kohle machen.»

Dafür liess der damalige Elvetino-Chef laut Bezirksgericht keine Zeit verstreichen. Es sieht es als erwiesen an, dass Winter bereits kurze Zeit nach seinem Antritt Ende 2011 einem der beiden Mitbeschuldigten lukrative Beratungsmandate mit Honoraren in sechsstelliger Höhe zugeschanzt hat.

Als Gegenleistung sei ein Teil des Geldes als «Rückzahlung» an Winter zurückgeflossen, so das Gericht. Entweder in Form von Bargeld oder als Überweisung auf sein Privatkonto. Betreff: «Kartoffelernte». Alle Zahlungen waren von Winters Freund fein säuberlich in eine Excel-Tabelle notiert worden, die später von den Zürcher Behörden bei einer Hausdurchsuchung gefunden worden war.

Der China-Deal

Auch was die skurrilste Betrugsmasche des gesamten Falls anbelangt, entschied das Gericht gegen Winter und den dritten Mitbeschuldigten. Demnach haben die beiden Strohfirmen gegründet, über welche sie qualitativ minderwertige Gastroartikel aus China importierten und diese später zu völlig überrissenen Preisen an Elvetino verkauften. Die Preisdifferenz strichen sie ein. Als Elvetino-Chef winkte Winter die Transaktionen durch.

Wie gross die Marge bei dem China-Deal war, zeigen zwei Beispiele. So bezahlte Elvetino etwa für Glasuntersätze aus Acryl im Wert von 25’000 Dollar fast 110’000 Franken. Plastikgeschirr im Wert von 43’000 Dollar beschaffte die SBB-Tochter für 180’000 Franken.

Winter hat sich über die Firmen also gewissermassen selbst die Aufträge zugespielt, von denen er später profitierte. Im Gegenzug wurde Elvetino durch den China-Deal gleich doppelt geschädigt, urteilt das Bezirksgericht: Zum einen wäre der Kauf von Gastroprodukten bei lokalen Firmen billiger gewesen. Zum anderen musste Elvetino die minderwertigen China-Artikel später für viel Geld nachbearbeiten, was die SBB-Tochter in der Summe letztlich sogar noch mehr kostete als der überteuerte Einkaufspreis.

SBB verschärfte wegen Fall Kontrolle

China-Deal, Kick-backs, Urkundenfälschungen und falsche Spesenabrechnungen: Dass diese und andere Vergehen bei Elvetino jahrelang unbemerkt blieben, dafür macht das Gericht nebst der kriminellen Energie von Winter und den Mitbeschuldigten auch «mangelnde Strukturen» bei der SBB-Tochter verantwortlich.

Die SBB hätten auf den Fall Winter reagiert, versichert das Unternehmen auf Anfrage. «Der Verwaltungsrat und die Konzernleitung haben dementsprechend Vorgaben und Kontrollen gegenüber Tochtergesellschaften angepasst und verbessert.»