Abspaltung von NovartisSandoz wird eigenständiges Unternehmen
Der Pharmakonzern Novartis will sein Generika-Tochterunternehmen ausgliedern und an die Börse bringen. Die Sandoz-Aktien bekommen die Novartis-Eigner. Ganz vom Tisch ist ein Verkauf aber nicht.
Der Pharmakonzern Novartis will seine Generika-Sparte Sandoz als eigenständige Firma an die Schweizer Börse bringen. Auch der Firmensitz von Sandoz soll in der Schweiz sein, wo genau, soll in den nächsten Monaten geklärt werden. Das kündigte Novartis-Chef Vas Narasimhan in einer Telefonkonferenz an. Der Gang an die Börse sei für das zweite Halbjahr 2023 geplant.
Sandoz umfasst das Geschäft mit patentabgelaufen, günstigen Medikamenten und erwirtschaftet rund 10 Milliarden Dollar Umsatz. Novartis hatte im Oktober 2021 angekündigt, alle Optionen für Sandoz zu prüfen. Dafür hatte sich der Konzern eine Frist bis Ende 2022 gegeben.
Diese Überprüfung habe nun ergeben, dass eine Abspaltung von Sandoz durch eine hundertprozentige Ausgliederung im besten Interesse der Aktionärinnen und Aktionäre sei, heisst er in der Novartis-Meldung. Dadurch entstehe das grösste europäische Generikaunternehmen und ein weltweit führender Anbieter von Biosimilars. Novartis wiederum werde durch den Schritt zu einem stärker fokussierten Unternehmen.
Rund 20 Milliarden ist Sandoz wert
Bei dem Börsengang verkauft Novartis nicht die Sandoz, stattdessen bekommen die Aktionäre von Novartis die Aktien der abgespalteten Sandoz in ihr Depot gebucht. Die Novartis-Aktionäre können dann die Sandoz-Anteilsscheine behalten, wenn sie im Generikasektor engagiert bleiben wollen, oder sie können sie an der Börse verkaufen.
Stefan Schneider, Analyst bei Vontobel, schätzt den Wert von Sandoz auf zwischen 17 und 25 Milliarden Dollar. Noch ist unklar, wie viele Sandoz-Aktien pro Novartis-Titel zugeteilt werden und welchen Wert eine Sandoz-Aktie haben wird.
Eine Abspaltung hat gegenüber einem Verkauf den Vorteil für Novartis, dass der Konzern hierbei keine Steuern zahlen muss. Die gleiche Abspaltungsübung hatte Novartis daher bereits 2019 bei der Augenheiltochter Alcon durchgeführt. Auch das Geschäft mit Operationsgeräten und Linsen passte nicht mehr zum neuen Fokus der Novartis, die sich auf innovative und damit hochmargige Medikamente spezialisiert. Alcon ist seitdem eine eigenständige börsenkotierte Gesellschaft, deren Aktie Mitglied im Leitindex SMI ist.
Novartis-Chef lässt sich Hintertür offen
So ganz schloss Narasimhan einen Verkauf von Sandoz aber nicht aus. «Das entspricht zwar nicht unseren Erwartungen, aber wenn ein Bieter ein sehr attraktives Angebot machen würde, so würde wir uns dies anschauen», sagte er.
Narasimhan bestätigte, dass es zahlreiche Interessenten vor allem von Private-Equity-Investoren, also Beteiligungsfirmen, gegeben habe. «Wir haben bis heute aber kein formales Angebot erhalten.» Angesichts der jüngsten Marktturbulenzen dürften Beteiligungsunternehmen vermutlich Mühe haben, eine Finanzierung für eine Übernahme im Wert von 30 Milliarden Dollar zu stemmen.
Historisches Erbe
Mit der Abspaltung von Sandoz trennt sich der Konzern ein Stück weit von seinem Erbe. Vor 26 Jahren war die Novartis aus der Fusion der beiden Basler Pharmafirmen Ciba-Geigy und Sandoz hervorgegangen. Die 1886 gegründete Farbenfabrik Sandoz spezialisierte sich schon recht früh auf die Erforschung und Herstellung von Medikamenten und legte damit einen Grundstein für den Erfolg des Pharmastandorts Schweiz.
Heute ist Sandoz noch der Markenname für das Geschäft mit Nachahmer-Medikamenten. Weltweit arbeiten rund 20’000 Menschen für die Sparte. In der Schweiz sind davon jedoch nur wenige angesiedelt. Im Vertrieb in Rotkreuz arbeiten rund 140 Personen. Bei der Sandoz AG in Basel waren zuletzt rund 170 Menschen für die weltweite Organisation angestellt. Laut Narasimhan sei im Zuge der Abspaltung keine Restrukturierung geplant.
Probleme in den USA
Mit einem Jahresumsatz von zuletzt knapp 10 Milliarden Dollar ist Sandoz der grösste Hersteller von Nachahmer-Medikamten in Europa. Novartis-Chef Narasimhan bezeichnete das Generikageschäft als «hochattraktiv», doch tatsächlich hatte Sandoz in den vergangenen Jahren einige Probleme, vor allem in den USA, wo der Preisdruck enorm ist. Daher waren im vergangenen Jahr Umsatz und Gewinn rückläufig.
Auch nach der Abspaltung bleibt Novartis mit Sandoz verbunden, denn beide Firmen arbeiten in der Fertigung weiter zusammen. So wird Sandoz für Novartis die Medikamente mit kleinen Moleküle herstellen, die Produktion komplexer Biotech-Nachahmer-Mittel, den so genannten Biosimilars, verbleibt bei Novartis. Das Geschäft mit Biotech-Generika ist indes das interessanteste, da es die höchsten Wachstumsraten und Gewinnmargen verspricht. Daher will Sandoz laut Narasimhan nach der Abspaltung hierfür eine eigene Fertigung aufbauen.
Analysten halten die Abspaltung von Sandoz für sinnvoll, denn das Management des Pharma- und Generika-Geschäfts habe an Komplexität zugenommen, urteilt zum Beispiel Stefan Schneider von der Bank Vontobel. Bekommen die beiden Geschäftsfelder je eine eigene, unabhängige Führung, erlaube dies, dass sich beide Gesellschaften jeweils voll auf ihr Geschäft konzentrieren, führte er aus.
In einer ersten Version des Textes stand, dass der Konzern aus der Fusion von Ciba-Geigy und Novartis hervorgegangen sei. Richtig ist, dass Ciba-Geigy und Sandoz zu Novartis fusionierten. Dank Leserzuschriften haben wir diesen Fehler schnell korrigiert.
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