Romantik an der Basler HerbstmesseBalztänze, Plüschtiere und die ganz grosse Liebe
Ob an der Schiessbude oder im Schüttelbecher: Wer die Liebe sucht, findet sie seit jeher auch im bunten Messetrubel.
Die Rose ist das Mimösli der Herbstmesse. Wenn in Basel wieder «Mäss» ist, tragen sie junge Frauen gern mit lässigem Stolz durch die Strassen. Ihre Botschaft ist eine besondere, auch wenn sie aus Plastik ist: Schaut her, diese Blume hier, die hat mir mein Verehrer geschossen.
Die Liebe, oder vielleicht: der Flirt, gehören seit Jahrzehnten zur Basler Herbstmesse. Confiserien und Schausteller haben das schon längst erkannt. Lebkuchenherzen fangen die grossen Gefühle ein, in einer Sprache, die für jeden Geschmack und jede Beziehung das passende Angebot bietet. «Du bist für mich der Sonnenschein» oder «Du bist mein Glück» für die Romantischen, «Mausibär» für die überschwänglich Verliebten, ein schlichtes «Ich liebe dich» für die Langzeitpaare.
Bis heute sind die Herzen bei der Kundschaft beliebt, erzählt der Verkäufer am Stand der Confiserie Jonasch – unabhängig vom Alter. «Die Herzen vermitteln Emotionen, eine Botschaft.» Das ziehe auch die jüngeren Leute an – und diene immer häufiger auch als Fotomotiv. «Erst gestern Abend hat sich ein Paar vor den Herzen für ein Foto geküsst», sagt er.
Andere lassen sich gleich vor Ort einen Schlüsselanhänger mit einem Porträt der Liebsten anfertigen – oder lassen sich in den Bann der Schiessbuden ziehen. Vor der Messehalle sucht sich eine Frau ein riesiges Plüsch-Eichhörnchen aus, das ihr ihr Partner mit einem breiten Grinsen überreicht.
«Es sind die Verliebten, die zu mir kommen», sagt auch Esther Philippin, die mit ihrem Stand auf der Rosentalanlage gastiert. Damit meint sie «eher die Jüngeren». Häufig frage der Mann seine Partnerin vorab, welche Trophäe sie sich wünsche. Dann einigten sich die Paare auf einen Preis, häufig wählten die Frauen einen Teddybären oder ein Herz aus.
Noch immer sei es so, dass meist der Mann für seine Angebetete schiesse. «Aber es kommen vermehrt auch gleichgeschlechtliche Paare vorbei», sagt Philippin und strahlt über das ganze Gesicht, «das finde ich sehr schön».
«Ich war megaverknallt»
Das Gegenüber beeindrucken wollen auch die Männer, die sich beim Boxautomaten beweisen. Nicht immer erreichen sie die erhoffte Reaktion. In der Messehalle haut ein junger Mann mit der linken Faust voll drauf. Er erreicht zwar das höchste Level, einen «Knockout-Score» von 919 Punkten. Die Bewunderung seiner Freundin hält sich aber in Grenzen. Sie reicht ihm wortlos seine kleine Umhängetasche zurück.
Ob das Orakel von Anton Gasser hier bereits ein Liebestief prophezeit hätte? Sein «Liebesbarometer» unweit des Boxautomaten misst, wie verliebt eine Person ist. Wer die Hände auf die Maschine legt, erfährt, ob er liebestoll, übermütig oder einfach nur naiv ist.
So oder so: Für Menschen, die sich näherkommen möchten, ist die Messe der ideale Tummelplatz. Sie bietet Nervenkitzel, Mutproben und Ausgelassenheit. BaZ-Kolumnist -minu schrieb bereits 1995, auf der Geisterbahn gingen «die Verliebten erstmals auf Tuchfühlung».
Auch die «Botschautos» waren lange beliebte Treffpunkte. «Nach ersten Flirts auf den ‹Tütschautos› fanden alle jemanden, nur bei mir dauerte es länger», verriet Tanja Dankner einst der «Glückspost». Mit 15 klappte es endlich. «Ich war megaverknallt. Er war dann auch mein erstes Schätzeli», so die Basler Sängerin.
Heute findet der Balztanz vorwiegend auf der «Tagada» statt. Die Bahn in der Messehalle bildet den Taumel der Jugend als öffentliches Schauspiel ab. In der Mitte des Schüttelbechers buhlen Mann und Frau um Blicke und Anerkennung derjenigen, die vom Rand aus zuschauen, bis irgendwann alle unter lautem Gekreische durcheinanderwirbeln.
Körperkontakt gehört dazu – zumindest für die Dauer der Fahrt. Dass die Nähe flüchtig ist, ein erstes unverfängliches Spiel, zeigt das Danach. Mit dem Verlassen der Bahn trennen sich häufig auch die Wege der Geschlechter wieder.
Die Liebe fürs Leben
In anderen Fällen aber entsteht aus einer Bekanntschaft an der Herbstmesse gar die Liebe fürs Leben. Der 83-jährige Peter Schorno erinnert sich genau an den Moment, als er 1957 seine künftige Frau kennen lernte. «Sie hatte so schöne Beine», erzählt er noch heute. Mit einem Schulfreund traf er sich am Barfüsserplatz, zwei Klassenkameradinnen sollten die beiden begleiten.
Aufgetaucht ist nur die Begleitung des Kollegen: Irène. Statt mit seinem Kollegen bandelte sie mit Schorno an. «Nachdem wir zusammen auf der Routenbahn waren, hakte sie sich nicht nur bei ihm, sondern auch bei mir ein», erzählt Schorno. «Das war natürlich schon ein Zeichen.»
Später lud er Irène zum Tanz, brachte ihr Blumen und Pralinés, als sie krank war. Von da an war der Fall klar. Die beiden heirateten und waren bis zum Tod Irènes ein Paar, mehr als 50 Jahre lang.
Wie viele Paare wohl heute noch so zusammenfinden? Nicht einmal das Liebesbarometer mag diese Frage zu beantworten. Klar ist aber: Die Liebe, sie liegt bei der Messe auch heute noch in der Luft – viel süsser als der Duft frisch gebrannter Mandeln.
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