Bei versuchter Rettung ertrunken«Wir rannten ins Meer, denn das ist, was Eltern machen»
Innert weniger Tage starben zwei Väter und eine Mutter, als sie ihre im Pazifik in Not geratenen Kinder retten wollten. Oft passierts wegen Strömungen. Und dafür gäbe es Empfehlungen.
Zum dritten Mal innerhalb weniger Tage hat sich im Pazifik eine fast identische Tragödie ereignet: Auf den Cookinseln ist eine Frau bei dem Versuch gestorben, ihre in Not geratene Tochter aus dem Meer zu retten. «Sie ist in Schwierigkeiten geraten, als sie versuchte, ihrer elfjährigen Tochter zu helfen, die von der Strömung mitgerissen wurde», teilte die örtliche Polizei am Mittwoch auf Facebook mit.
Die 52-jährige Neuseeländerin sei mit ihrem Kind in dem Inselparadies in Urlaub gewesen. Während ihre Tochter von Helfern gerettet werden konnte, sei für die Frau jede Hilfe zu spät gekommen. Das Unglück ereignete sich den Angaben zufolge bereits am Dienstag.
Ebenfalls am Dienstag war in Australien ein Mann gestorben, als er seiner in eine Strömung geratenen Tochter helfen wollte. Der 42 Jahre alte Vater stürzte sich südlich von Port Macquarie ins Wasser, wurde aber selbst von der Strömung erfasst. Ein zu Hilfe geeilter Surfer konnte das Mädchen sicher an Land bringen. Der Vater starb trotz sofortiger Wiederbelebungsmassnahmen.
Am Sonntag war ein Polizist südlich von Sydney bei dem Versuch ums Leben gekommen, seinen Sohn vor dem Ertrinken zu retten. Auch der 44-Jährige, der mit seiner Familie in Urlaub war, war im Ozean nahe Narooma selbst von der Strömung erfasst worden. Der 14-jährige Sohn überlebte, für seinen Vater kam jede Hilfe zu spät.
Schwimmhilfe macht einen Unterschied
Solche Tragödien sind keine Seltenheit, wie der «Sydney Morning Herald» berichtet. Wissenschafterin Jamsine Lawes hat für Surf Live Saving Australia Dutzende ähnliche Todesfälle untersucht, die sich seit 2004 in Australien ereignet haben. Meistens sterbe dabei der Retter, während die in Not geratene Person überlebt. In drei von vier Fällen sind es «rip currents» sogenannte Brandungsströmungen, welche Kinder plötzlich von Strandnähe ins offene Wasser herausziehen. 81 Prozent der untersuchten Verstorbenen waren Männer, die ein Kind aus dem Wasser retten wollten.
Fast alle Ertrunkenen – 97 Prozent – stiegen ohne Schwimmhilfe ins Wasser, sagt Lawes. Kaum jemand hatte Übung als Rettungshelfer. Im Kontrast dazu zeige sich bei erfolgreichen Rettungen, dass diese oft von dafür trainierten Menschen mit Schwimmhilfen ausgeführt wurden, erklärt Lawes. Sie rät Familien, Hilfe zu rufen, anstatt selber ins Meer zu springen, denn meistens seien Rettungsschwimmer in der Nähe. Im Minimum solle man einen Schwimmring, eine Schwimmweste, ein Surfbrett oder einen anderen schwimmenden Gegenstand mitnehmen, das erhöhe die Überlebenschance für alle.
Nicht gegen die Strömung kämpfen
Die US-Amerikanerin Ali Joy weiss aus eigener schmerzhafter Erfahrung, wie es ist, wenn die eigenen Kinder in Not geraten. Im Juni 2018 wurden ihre Töchter von einer Strömung ins Meer hinausgezogen. «Es sah aus, als würden Motoren sie hinaustragen», erzählte sie ihre Geschichte letztes Jahr. Ihr Mann und sie reagierten instinktiv, sagt sie: «Wir rannten ins Meer, denn das ist, was Eltern machen.» Alle schrien in Panik, und sie verlor ihren Mann aus den Augen. Vier Marines, Soldaten der U. S. Navy, riefen ihnen zu, dass sie sich treiben lassen sollten. Schliesslich retteten die Männer sie aus dem Wasser, ihr Mann war aber bereits bewusstlos und konnte nicht wiederbelebt werden.
In den USA sterben im Schnitt jedes Jahr 100 Menschen in Brandungsströmungen, rund 30’000 können gerettet werden. Joy kämpft seither mit der Kampagne «Float don’t fight» darum, dass sich ihr Schicksal nicht wiederholt. Die Menschen müssten wissen, dass die Panik sehr gefährlich sei. Der Kampf gegen die Strömung könne zum Ertrinken führen, und die Panik führe oft zu Herzinfarkten, weiss sie. Wer in eine Strömung gerate, solle sich auf dem Rücken treiben lassen und um Hilfe rufen. Wer gegen die Strömung anschwimmt, hat keine Chance. Stattdessen solle man parallel zum Strand aus der Strömung schwimmen, bis die Wellen einen wieder in Richtung Strand tragen.
Strömungen auch bei Ebbe
Bei Ebbe sind die Strömungen stärker, warnt die Nordamerikanische Ozeanbehörde (NOAA). Oft könne man sie vom Strand aus nicht sehen. Wenn, dann als eine Stelle, an der die Wellen nicht brechen oder wo Wellenschaum ins Meer hinausgetragen wird.
Die Behörde empfiehlt, zu zweit zu schwimmen, in der Nähe von Rettungsschwimmern zu bleiben und die Regeln für Strömungen zu kennen – ruhig bleiben, treiben lassen, parallel zum Strand schwimmen.
Ali Joy stellt mit ihrer Initiative Warnschilder an Stränden auf, die andere Menschen vor einem ähnlichen Schicksal bewahren soll. Sie empfiehlt, vor den Badeferien nicht nur die besten Restaurants vor Ort zu recherchieren, sondern auch sichere und überwachte Strandabschnitte herauszusuchen. Und wie man im Hotel als Erstes stets den nächsten Fluchtweg für den Fall eines Brandes ablaufen sollte, sei es am Strand wichtig, zu schauen, wo es im Notfall Rettungsringe oder Hilfe gibt.
SDA/anf
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