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Interview zur Hilfe für die Credit Suisse
«Die Aktion der National­bank hat nichts mit einer Rettung durch den Staat zu tun»

«Dass sich die Situation jetzt etwas beruhigt und panikartige Verkaufswellen gestoppt werden, war das Ziel»: Ökonomieprofessor Aymo Brunetti hält die Finanzspritze für die CS für richtig.
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Herr Brunetti, sind wir zurück in der Krise?

Zweifellos haben die Ereignisse um die kalifornische Silicon Valley Bank grosse Unsicherheiten und entsprechende Turbulenzen auf den Finanzmärkten ausgelöst. Aber Stand heute lässt sich das bei weitem nicht mit der grossen Finanzkrise von 2008 vergleichen.

Trotzdem: Der Staat respektive die Schweizerische Nationalbank greift der Credit Suisse unter die Arme. Ist das aus gesellschaftlicher Sicht richtig?

Die SNB ist unter anderem für die Finanzstabilität zuständig. Wenn es derartige Verwerfungen gibt, dann ist es ihre Aufgabe, ihre Instrumente einzusetzen, um zur Beruhigung der Lage beizutragen. Mit der ausserordentlichen Liquiditätsunterstützung für die CS hat sie das gemacht.

Am Dienstag sprachen Sie sich gegenüber den AZ-Medien noch gegen eine Rettung durch den Staat aus, eine Bank müsse in Konkurs gehen können. Warum sehen Sie das heute anders?

Nein, das gilt meines Erachtens nach wie vor. Die CS hat zurzeit eine Kapitalausstattung, die den regulatorischen Anforderungen an Grossbanken genügt. Eine Rettung durch den Staat würde bedeuten, dass er eine insolvente Bank in die Solvenz zurückführt. Damit hat die Aktion der SNB nichts zu tun.

Die Intervention der SNB ist also gar keine Staatsrettung. Sondern?

Es geht um Liquiditätsstützung einer solventen Bank, die Mühe hat, an genügend Liquidität zu kommen. Dafür gibt es das Instrument der «Emergency Liquidity Assistance», die die SNB jetzt aktiviert hat. Sie gibt Kredite und erhält dafür von der CS erstklassige Sicherheiten.

Also die Schweizer Hypotheken, die über das beste Rating verfügen. Bezüglich der Aktien hat die Finanzspritze schon einmal gewirkt, sie konnten kräftig zulegen. Ist der internationale Flächenbrand damit verhindert?

Dass sich die Situation jetzt etwas beruhigt und panikartige Verkaufswellen gestoppt werden, war das Ziel, und dieses wurde zumindest nach aktuellem Wissensstand erreicht.

«Meine zentrale Hoffnung ist, dass die in diesem Regelwerk für den Extremfall vorgesehenen Massnahmen niemals umgesetzt werden müssen.»

Trotz «Too big to fail»-Regime kam es wieder zu diesem Sündenfall. War die ganze Arbeit umsonst?

Der Sündenfall, den man durch das Regime primär vermeiden möchte, wäre eine direkte staatliche Solvenzhilfe wie 2008 bei der UBS. Und da sind wir ja zum Glück nicht. Was jetzt gemacht wurde, ist eine für solche Krisenfälle vorgesehene Liquiditätsstützung durch die SNB für eine systemrelevante, solvente Bank. Das ist natürlich eine Stützung durch die zuständige Behörde, aber diese Rolle der SNB als sogenannter «lender of last resort», also «Kreditgeber der letzten Instanz», ist für solche Fälle vorgesehen.

Muss das Regelwerk überarbeitet werden? Sie haben es massgeblich geprägt.

Meine zentrale Hoffnung ist, dass die in diesem Regelwerk für den Extremfall vorgesehenen Massnahmen niemals umgesetzt werden müssen. Aber auf Basis der bisherigen Ereignisse sehe ich keinen Anpassungsbedarf am grundsätzlichen Konzept.

Wann würde denn der «Too big to fail»-Notfallplan gestartet werden?

Das wäre erst dann relevant, wenn die CS zu wenig Eigenkapital hätte.

Nach all den Turbulenzen fragt sich schon: Wann ist die Finanzkrise von 2008 wirklich ausgestanden?

Wir erleben zurzeit tatsächlich immer noch die Nachwehen der Krise von vor fünfzehn Jahren. Die Turbulenzen wurden durch Zinserhöhungen ausgelöst, die notwendig waren, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Und diese Inflation ist das Resultat einer lange viel zu expansiven Geldpolitik, die durch die Ereignisse nach 2008 motiviert war. Wirklich ausgestanden haben wir das meines Erachtens erst, wenn die Geldpolitik wieder normalisiert würde. Also erst, wenn die Inflation wieder um die 2 Prozent liegt und wir den Übergang ohne schwere Finanzkrise überstanden haben. Ich bin zuversichtlich, dass das erreichbar ist, aber es wird wohl noch einige Zeit gehen.