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Reaktionen der Politik
Der Bundesrat tagt – und schweigt

Wer wusste wann was? SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (Mitte) erläutert die Forderungen der SP zum Fall CS. 
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Im Bundeshaus herrschte am Donnerstag so etwas wie knisternde Anspannung. National- und Ständerat arbeiteten die reguläre Traktandenliste ihrer Frühjahrssession ab – doch Thema des Tages waren die ins Taumeln geratene Credit Suisse (CS) und das Hilfspaket der Nationalbank. Wie immer in akuten Krisensituationen interessierte zunächst vor allem eines: Wie würde der Bundesrat reagieren? Wie dramatisch schätzt er die Lage ein? Würde er die Öffentlichkeit zu beruhigen versuchen oder gar eigene Massnahmen zur Entschärfung der Gefahr lancieren?

Tatsächlich traf sich die Landesregierung, wie im Lauf des Tages ruchbar wurde, am Nachmittag zu einer Krisensitzung. Zugegen waren auch Vertreter der Finanzmarktaufsicht (Finma) und der Nationalbank, wie die Bundeskanzlei am Abend auf Anfrage bestätigte. Der Bundesrat habe sich «über die Situation der Credit Suisse orientieren lassen». Was aber an der Sitzung konkret besprochen wurde und wie der Bundesrat die Lage einschätzt: Es bleibt vorerst ein Geheimnis. Über den Inhalt der Sitzung werde nicht informiert, schreibt die Bundeskanzlei. 

Im Parlament sorgt die Nicht-Reaktion der Exekutive für Verunsicherung. Parlamentarier formulieren gegenüber dieser Zeitung zunächst ihre Irritation, wollen sich später dann aber nicht zitieren lassen: Zu undurchsichtig, zu heikel scheint im Moment die Situation. Ein Insider spekuliert, der Bundesrat vermeide jedwede Äusserung, um den Aktienkurs der CS nicht zu beeinflussen. Tatsache ist jedenfalls, dass die Regierung im Fall UBS vor 15 Jahren deutlich offensiver kommunizierte: Als am 16. Oktober 2008 ein staatliches Rettungspaket für die UBS geknüpft werden musste, traten der damalige Bundespräsident Pascal Couchepin und Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf vor die Medien, zusammen mit den Chefs von Nationalbank, Finma und Finanzverwaltung. Im Fall CS hingegen gibt es von Seiten des Bundesrats bis jetzt nicht einmal eine schriftliche Stellungnahme.

Linke warnen

Dessen ungeachtet wurden im Parlament am Donnerstag erste Forderungen laut. Insbesondere von der SP: Sie hält die Hilfsaktion der Nationalbank zwar für richtig, wie sie an einer kurzfristig einberufenen Medienorientierung klarmachte. Doch nun müsse man «gesetzgeberisch vorsorgen, dass so etwas nie mehr vorkommt», betonte Co-Präsident Cédric Wermuth. «Es war ein Absturz mit Ansage.» Die Liste der CS-Skandale sei «ziemlich beeindruckend».

Die Partei verlangt nun eine Abgeltung der öffentlichen Hand für das Risiko. Und sie will die Schuldigen zur Verantwortung ziehen. Es sei stossend, dass die Finma keine Bussen aussprechen könne. Die Politik müsse nun dafür sorgen, dass die nötigen Instrumente geschaffen würden. Überdies dürfe die CS keine Boni ausbezahlen, solange die Kreditlinie der Nationalbank laufe. «Das ist das Allermindeste», so Wermuth.

Anders tönt es auf bürgerlicher Seite. Dort dominiert die Erleichterung über das Eingreifen der Nationalbank. Neue regulatorische Eingriffe halten Parlamentarier von SVP, FDP und Mitte nicht für notwendig. Aus Sicht von Mitte-Präsident Gerhard Pfister ist es zumindest zu früh für Forderungen.

«Die SP ist vorgeprescht», sagt Pfister. Er sei zwar einig mit der SP-Spitze, dass die Verantwortlichkeiten geklärt werden müssten. Für weitere Forderungen seien aber mehr Informationen nötig. Pfister hofft, dass nötigenfalls die «Too big to fail»-Regulierung greift. «Die CS ist für die Schweiz systemrelevant. Genau dafür haben wir nach dem UBS-Fall Regeln beschlossen.» Wichtig sei, dass Kundengelder bis 100’000 Franken geschützt seien. 

«Es ist billig von der SP, daraus nun politisches Kapital zu schlagen.»

FDP-Präsident Thierry Burkart

FDP-Präsident Thierry Burkart ist ebenfalls der Ansicht, es sei zu früh für Forderungen. «Die Situation ist für die Finanzwelt bedrohlich», sagt Burkart. «Es ist billig von der SP, daraus nun politisches Kapital zu schlagen.» Grund für die «ausserordentlich unerfreuliche Situation» der CS seien Management-Fehler in der Vergangenheit. Die Kreditlinie der Nationalbank trage zur Stabilisierung bei. Um eine Bundeshilfe handle es sich nicht, eine solche sollte nur als letzte Variante zum Zug kommen, sagt Burkart. 

Bürgerliche beruhigen

Für den Banker und SVP-Nationalrat Thomas Matter hat die CS nun die Hauptaufgabe, das Vertrauen der Märkte und Kunden zurückzugewinnen. Die gesetzlichen «Too big to fail»-Regeln seien ausreichend. Diese Regulierungen seien bei der CS bisher gar nicht zur Anwendung gekommen, da keine Insolvenz vorliege. Neue Regulierungen, wie nun von der Linken gefordert, brauche es nicht.

Auch Mitte-Nationalrat Martin Landolt davon aus, dass die «Too-big-to-fail»-Regulierungen im Notfall greifen würden. Den Ursachen, die zur Krise bei der CS geführt hätten, sei mit Gesetzen kaum beizukommen. Schuld sei eine toxische Unternehmenskultur, die kein Ruhmesblatt für den Bankenplatz sei.

Mitglieder der nationalrätlichen Wirtschaftskommission gehen davon aus, dass sich diese an ihrer nächsten Sitzung Anfang April mit der CS beschäftigen wird. Vorerst aber wird sich nochmals die Frage nach einer Reaktion des Bundesrats stellen. Nach der ausserordentlichen Sitzung vom Donnerstag wird sich die Regierung am Freitag zu ihrer ordentlichen Wochensitzung treffen. Es ist davon auszugehen, dass der Fall CS dabei wieder zur Sprache kommen wird. Ob sich die Mitglieder des Bundesrats hinterher dann doch noch an die besorgte Öffentlichkeit wenden oder ob sie weiter schweigen: Das bleibt vorderhand offen.