Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Probefahrt
Renault strebt nach Höherem

Test-Drive Renault Rafale, May 13th 2024 at Sevilla, Spain - Photo Clément Choulot / DPPI
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Nur selten führt eine Traditionsmarke ein neues Flaggschiff ein. Bei Renault hatte diese Leaderposition zuletzt der Talisman inne, der dem Hersteller dem Namen zum Trotz aber weniger Glück einbrachte als erhofft. Davor gab es weitere klangvolle Namen, mit denen Renault in gehobenere Kreise aufsteigen wollte – Safrane, Vel Satis oder Avantime. Im von deutschen Herstellern dominierten Hochpreissektor rümpfte man darob höchstens die Nase.

Aktuell ist der Espace das grösste, teuerste und edelste Modell der Franzosen, doch an Oberklasse will bei diesem siebensitzigen SUV keiner denken. Daher führt Renault nun eine neue Baureihe ein, die nicht nur zahlungskräftige Kunden anlocken, sondern auch das Image der Marke stärken und sie in neue Sphären heben soll. «Der neue Rafale symbolisiert unseren Aufstieg in die Oberklasse und demonstriert, dass wir in jedem Segment ein ernst zu nehmender Akteur sind», meint Renault-Chef Fabrice Cambolive breitbrüstig und bezeichnet das neue Modell als «Herzstück der Renaulution», der von Konzernchef Luca de Meo ausgerufenen Unternehmensstrategie für die nächsten Jahre.

Luftikus

Rafale also – bei diesem Namen klingelt doch etwas. Die Schweiz hätte vor einigen Jahren beinahe einige dieser französischen Kampfjets gekauft, bevor der Bundesrat eine Kehrtwende einlegte. Tatsächlich gab es aber bereits in den 1930er-Jahren eine Rafale, die Caudron Renault Rafale. Firmengründer Louis Renault war nämlich ein begeisterter Flieger und übernahm 1933 den französischen Flugzeughersteller Caudron. Die neue Firma Caudron Renault benannte fortan die Flugzeugmodelle nach Begriffen, die mit dem Wind zu tun hatten, und so wurde die einstige C460 in Rafale (Französisch für Windböe) umbenannt.

Test-Drive Renault Rafale, May 13th 2024 at Sevilla, Spain - Photo Clément Choulot / DPPI

Doch zurück zur Sache, zurück zum neuen Rafale. Er basiert auf der gleichen Plattform wie der Espace und der Austral. Mit einer Länge von 4,71 Metern ist er fast gleich gross wie der Espace, der Radstand ist identisch. Überraschend: Auch bei der Höhe (1,61 Meter) weicht der Rafale kaum vom Espace ab, obwohl er als SUV-Coupé klar flacher wirkt. Die Platzverhältnisse sind sehr gut, auch auf der Rückbank, wo die abfallende Dachlinie die Kopffreiheit sowie die Kofferraumgrösse einschränkt. Dennoch ist das Stauvolumen mit 627 bis 1914 Liter riesig. Mit einer markanten Lichtsignatur vorn und hinten, verspielten Details wie dem Kühlergrill mit 3-D-Effekt und individualisierbaren Elementen schafft das Modell rein äusserlich den Sprung in die Oberliga durchaus.

Hochklassige Features

Doch wer im Premiumsegment mitmischen will, muss auch mit inneren Werten überzeugen. Die Fahrgastzelle ist hübsch ausstaffiert, und es wirkt auch alles solide verarbeitet – nach Oberklasse sieht es aber nicht aus. Das Bestreben, in eine höhere Liga aufzusteigen, ist dem Modell jedoch anzusehen, unter anderem mit hochwertigen Ausstattungsfeatures wie dem in die Alcantara-Polsterung perforierten Alpine-Logo, das hinterleuchtet ist und beim Einsteigen im Herzschlag-Rhythmus pulsiert. Oder das Solarbay genannte Panoramaglasdach, das sich dank Polymer-Flüssigkristallen auf Knopfdruck stufenweise verdunkelt, ohne dass dazu ein Rollo benötigt wird.

Das Cockpit zeigt das inzwischen bekannte Layout mit einer L-förmigen Bildschirmkonsole, die sich aus einem Monitor hinter dem Lenkrad und einem Touchscreen im Hochformat über der Mittelkonsole zusammensetzt. Das Betriebssystem von Google ist sofort verständlich und intuitiv bedienbar, inklusive der bereits erwähnten Sprachsteuerung. Hinzu kommt ein grosses Head-up-Display, das die wichtigsten Informationen auf die Windschutzscheibe projiziert. Über den MultiSense-Wahlschalter lassen sich unterschiedliche Farbthemen für den Innenraum einstellen, gleichzeitig wechselt das zentrale Fahrinformationsdisplay ebenfalls Anzeigegrafik und Farbschema.

Kein Stromer

Es lässt tief blicken, dass Renault kein Elektromodell zu seinem neuen Flaggschiff, zum «Herzstück der Renaulution-Strategie», auserkoren hat. Denn der Rafale kommt ausschliesslich mit Hybridantrieben. Zunächst startet ein 146 kW/199 PS starker Vollhybrid, Ende Jahr folgt ein Plug-in-Hybrid mit Allradantrieb und 220 kW/300 PS. Wer also in der Oberklasse rein elektrisch fahren will, muss sich bei anderen Marken umsehen – der 4,47 Meter lange Scenic E-Tech ist in Renaults Stromer-Portfolio derzeit das Höchste der Gefühle.

Test-Drive Renault Rafale, May 13th 2024 at Sevilla, Spain - Photo Clément Choulot / DPPI

Doch nun zu dem, was im heutigen CO2-Wahn und Digitalisierungsrausch der Autoindustrie gerne vergessen geht: das Fahren. Denn das kann der Rafale ausgesprochen gut. Im Vergleich zu Espace und Austral, mit denen er sich die Plattform teilt, erhielt das neue Flaggschiff ein deutlich sportlicheres Set-up. Dadurch hat der Rafale mehr Grip in den Kurven – und das spürt man. Der Fahrer kann beim Herausbeschleunigen aus Kehren früh aufs Gas, beim Einlenken ist der Franzose spurstabil und leichtfüssig. Die Vierradlenkung erhöht die Agilität spürbar, sorgt bei höheren Tempi für mehr Stabilität und hilft beim Rangieren. Der Wendekreis des 4,71 Meter langen Rafale ist mit 10,40 Metern kleiner als der des Kleinwagens Clio.

Der neue Rafale soll Renault also in neue Sphären heben – ob er das schafft, bleibt zu bezweifeln, aber er ist auf jeden Fall ein guter Baustein auf dem Weg dahin. Ausserdem ist er ein weiteres Bekenntnis der Franzosen zum SUV. Vom 4,12 Meter langen Captur bis zum 4,72 Meter langen Espace tummeln sich inzwischen sieben SUV-Modelle in der Palette. Zuoberst reiht sich nun der Rafale ein, wobei er preislich noch knapp unterhalb des Espace einsteigt: Ab 44’300 Franken ist das neue SUV-Coupé zu haben. Auch das zeigt, dass der Oberklasseanspruch eher theoretischer Natur ist.

Dieser Artikel stammt aus der «Automobil-Revue» – www.automobilrevue.ch

Test-Drive Renault Rafale, May 13th 2024 at Sevilla, Spain - Photo Clément Choulot / DPPI