Probefahrt Katalanischer Freiheitskämpfer
Fünfzylindermotoren sind äusserst rar geworden. Ein herrliches Exemplar stammt von Audi – dieses knurrt aber auch unter der kantigen Haube des Cupra Formentor VZ5.
Cupra hat seine Wurzeln im Rennsport. Das erkennt man schon am Namen, der sich aus Cup und Racing zusammensetzt. Das Unternehmen wurde 1985 als Seat Sport gegründet und ist seither für die Motorsportaktivitäten der spanischen Marke verantwortlich, ab 1999 diente der Name Cupra dann als Sub-Brand für sportliche Seat-Modelle wie den Leon oder den Ateca und wurde erst 2018 zur eigenen Marke gemacht. Seither bemühen sich die Katalanen um die Emanzipation vom Mutterhaus.
Natürlich ist der sportliche Ursprung der Marke den Cupra-Modellen auch anzusehen – sie sind allesamt betont muskulös und athletisch geformt, kommen eher maskulin daher, obwohl sich der Hersteller natürlich betont als genderneutral ausweist, und werden gern auch in düsteren, «böse» wirkenden Mattlackierungen gekauft. Doch viel wichtiger: Diese Rennsport-Gene spürt man auch, wenn man einen Cupra fährt. Denn auch wenn es von aussen betrachtet so scheinen mag: Blender sind die Modelle der Katalanen nicht.
VZ steht für schnell
Das trifft in erster Linie auf den Formentor VZ5 zu. Das nach der Ortschaft in der nördlichsten Spitze Mallorcas benannte Modell war das erste komplett eigenständige Modell der jungen Marke, wurde also nach dem Gusto der jungen Marke gestaltet und steht sinnbildlich für die Loslösung von Seat. Als Version VZ5 wird der emanzipierte Katalane vollends zum Freiheitskämpfer: Er wird nämlich von einem potenten Fünfzylindermotor angetrieben – eine akut vom Aussterben bedrohte Antriebsform und eine echte Rarität, die Kenner mit der Zunge schnalzen lassen. Der von Audi stammende 2,5-Liter-Turbobenziner powert enorm druckvoll vorwärts, generiert im Formentor 287 kW / 390 PS Leistung und peitscht den SUV in 4,2 Sekunden auf Tempo 100, und das mit einer Geräuschkulisse, die jedem Petrol Head das Herz aufgehen lässt. Doch auch wenn der Fünfzylinder beim Konzerngeschwister Audi eine über 40-jährige Tradition hat – bei Cupra dürfte dieser wunderbare Motor nur ein kurzes Gastspiel geben. Denn der Formentor VZ5 ist weltweit auf 7000 Stück limitiert, und bald werden auch die rebellischen Katalanen brav auf Elektro umsteigen müssen.
Denn das hat auch Cupra-Chef Wayne Griffiths unmissverständlich klargemacht: «Die Zukunft ist elektrisch und die Zukunft ist Cupra.» Den für 2024 angekündigten Kompakt-SUV Terramar wird es noch mit Verbrennungsmotoren und als Plug-in-Hybrid geben, danach folgen mit dem Tavascan und dem City-Kleinwagen Raval zwei reine Stromer. Ab 2030 dann will Cupra nur noch reine Elektroautos verkaufen. Und die Spanier haben ehrgeizige Pläne: Die neuen Modelle sollen den Aufstieg in ein höheres Preissegment und die Expansion ausserhalb Europas ermöglichen, beginnend mit Australien, Israel und Mexiko. «Wir sind davon überzeugt, dass wir mit der neuen Modellpalette 500'000 Fahrzeuge pro Jahr verkaufen können», sagt Vertriebsvorstand Vogler. Bisher hat Cupra knapp 300'000 Autos ausgeliefert – und zwar seit der Gründung insgesamt.
Ein echter Rüpel
Wie dem auch sei, der Formentor VZ5 ist ein echtes Sahnestück. Und ob nun genderneutrale Marke oder nicht – er dürfte vorwiegend jüngere Männer ansprechen. Denn der Spanier stellt seine Power nicht nur unverhohlen zur Schau, er gibt sich auch sonst ziemlich rüpelhaft: Er rumpelt ungehobelt über unebene Strassen, knurrt und brüllt laut vor sich hin und ist selbst im gemächlichen Dahinrollen stets gut vernehmbar. Im Sportmodus knallt die 7-Gang-Doppelkupplung regelrecht durch die Gänge, zwischen etwa 5500 und 7000 Touren beginnt der Turbo mächtig zu drücken, und die Klangkulisse wird noch intensiver – so mögen es Rennfahrer, und so sollte man auch nur auf gesperrten Strecken unterwegs sein. Doch so mögen es auch die Cupra-Kunden, oder besser: der Cupra-Stamm. Denn fast schon sektiererisch spricht die spanische Marke von den eigenen Kunden nur vom «Tribe», was verdeutlichen soll, dass Cupra-Fahrer eben ein besonderer Schlag Menschen sind.
Das sehr straff abgestimmte Fahrwerk passt dabei gut zum Charakter des Fahrzeugs und zur Klientel – wer gern komfortabel fährt, wird das unnötige Holpern allerdings eher als störend empfinden. Der Allradantrieb mit Torque Splitter ist grossartig: Die Drehmomentsteuerung verteilt die Kraft so zwischen den Hinterrädern, damit das Auto möglichst schnell um die Kurven kommt. Entsprechend zackig lenkt der Crossover ein, entsprechend neutral ist das Verhalten, entsprechend hoch ist die Traktion. Die straff gepolsterten Sitze stützen gut, das Lenkrad ist griffig, die Lenkung sehr direkt und präzis, die Bremsen packen bissig zu – wer gern sportlich fährt, der wird das alles sehr mögen. Der Cupra Formentor VZ5 ist für Menschen gemacht, die etwas Aussergewöhnliches wollen, die auf wilde Charaktere stehen – und über ein dickes Portemonnaie verfügen. Denn mit einem Basispreis von 74'450 Franken ist der Spanier kein Schnäppchen, aber jeden Rappen wert.
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