Präsidentin von US-UniversitätSie löste einen Sturm der Entrüstung aus und muss nun gehen
Die Präsidentinnen dreier führender US-Hochschulen geraten nach Äusserungen zu Antisemitismus enorm unter Druck. Nun gibt Liz Magill von der University of Pennsylvania ihr Amt ab.
Die Frage war im Grunde ganz einfach: Ob es nach den Regeln der University of Pennsylvania als Mobbing oder Schikane gelte, wenn auf dem Campus zum Völkermord an Juden aufgerufen werde. Als Präsidentin der Universität sollte Elizabeth Magill diese Frage in der vergangenen Woche vor einem Ausschuss des Kongresses beantworten, der sich damit beschäftigte, ob die propalästinensischen Demonstrationen an vielen Unis nicht auch teilweise offen antisemitisch waren. Magill wich der Frage mehrmals aus, was im Umfeld der Universität zu erbosten Reaktionen führte. Am Samstag hat sie daher ihren Rücktritt erklärt.
Gemeinsam mit Magill waren zwei weitere Universitätspräsidentinnen vor dem Ausschuss befragt worden, Claudine Gay aus Harvard und Sally Kornbluth vom M.I.T. Beiden wurde von der Abgeordneten Elise Stefanik die gleiche Frage gestellt. Stefanik verlangte als Antwort ein Ja oder Nein. Die Professorinnen wollten die Frage jedoch nicht derart knapp beantworten. Es war zudem allen dreien anzusehen, dass sie sich von der feindseligen Stimmung im Ausschuss unter Druck gesetzt fühlten.
Die aggressive Abgeordnete
Die Abgeordnete Stefanik hat sich im Kongress einen Namen gemacht, als sie den früheren Präsidenten Donald Trump bei dessen erstem Amtsenthebungsverfahren energisch verteidigte. Damals fiel sie durch ihren aggressiven Stil der Zeugenbefragung auf. Diesen Stil, so konnten es die Professorinnen erleben, hat sie beibehalten. Es war ihnen teils deutlich anzusehen, dass sie wenig davon hielten, in einer Weise vernommen zu werden, als sässen sie nicht in einer Anhörung, sondern vor einem Tribunal.
Nachdem Magill der Frage mehrmals ausgewichen war, sagte sie schliesslich, es komme auf den Kontext an. Stefanik rief: «Das ist Ihre Aussage? Zum Völkermord an den Juden aufzurufen, ist eine Frage des Kontexts?» Auf den sozialen Medien entbrannte rasch ein Sturm der Entrüstung. Tenor: Die «woken» Eliteuniversitäten hätten jeden moralischen Kompass verloren. Die Professorinnen müssten allesamt zurücktreten.
Claudine Gay erklärt sich mehrmals
Harvard-Präsidentin Claudine Gay hat sich seither mehrmals erklärt und eingeräumt, sie hätte die Frage vor dem Ausschuss klarer beantworten sollen. Zuletzt hatte sie das am Freitag in der Universitätszeitung von Harvard erklärt. Einen Rücktritt zieht sie offenbar nicht in Erwägung, es gibt aus dem Umfeld der Universität auch keine entsprechenden Forderungen. Gleiches gilt für Sally Kornbluth, der schon deshalb niemand Antisemitismus vorwirft, weil sie selbst Jüdin ist.
Der Druck auf Magill war hingegen von Beginn an grösser. In den USA sind die Universitäten massgeblich auf das Geld von reichen Spendern angewiesen. Der Hedgefonds-Manager Ross Stevens hatte nach Magills Aussage angekündigt, er werde eine Spende in Höhe von 100 Millionen Dollar zurückziehen, solange Magill an der Spitze der Uni stehe. Andere prominente Geldgeber sagten ebenfalls, sie würden ihre Unterstützung einstellen, darunter Ronald Lauder, der als Chef eines Kosmetikkonzerns zum Milliardär wurde.
Der Aufsichtsrat der University of Pennsylvania stand nach Magills Auftritt am vergangenen Dienstag fortwährend in Kontakt. Zwar wurde sie vom Gremium nicht offiziell abgewählt, es wurde ihr jedoch deutlich signalisiert, dass eine weitere Zusammenarbeit schwer vorstellbar wäre.
Statement aus zwei Sätzen
Magill reagierte am Samstag mit einem Statement, das aus zwei Sätzen bestand und auf die Kontroverse nicht näher einging. Sie schrieb: «Es war mein Privileg, dieser besonderen Einrichtung als Präsidentin zu dienen. Es war eine Ehre, mit unserer Fakultät, den Studentinnen und Studenten, den Angestellten, den Ehemaligen und Mitgliedern der Gemeinschaft an der Mission der Universität zu arbeiten.» Bis der Posten neu besetzt ist, soll Magill weiterhin die Geschäfte führen.
Kritik an dem Rücktritt und dessen Umständen gab es vonseiten der American Association of University Professors. Diese teilte in einem Statement mit, dass es problematisch sei, dass externe Geldgeber und Lobbygruppen dazu in der Lage seien, die Universität in dieser Weise zu destabilisieren. Es müsse in Zukunft wieder klar sein, dass die Verteidigung der akademischen Freiheit und der Kampf gegen Antisemitismus sich nicht ausschlössen.
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