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Gesundheitskosten
Viele beziehen trotz Anspruch keine Prämien­verbilligung

[Symbolbild / Gestellte Szene] Eine Atupri Krankenversicherungskarte aufgenommen in einer Apotheke in Ostermundigen, fotografiert am Mittwoch, 24. Mai 2023. (KEYSTONE/Christian Beutler)
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Jeder Vierte, der Prämienverbilligung (IPV) zugut hat, bezieht diese nicht – zumindest im Kanton Glarus, der als einer der wenigen Kantone diese Zahl überhaupt erfasst. In Appenzell Ausserrhoden holen etwa 2000 Personen die Prämienverbilligung nicht ab, das ergab eine Schätzung von 2020. Von allen in Ausserrhoden IPV-Berechtigten waren das etwa 15 Prozent. Der Kanton sparte dadurch über 5 Millionen Franken.

In 19 Kantonen muss man sich für die Prämienverbilligung anmelden und ein Formular einreichen. Viele machen das nicht, obwohl sie einen Anspruch hätten – sei es freiwillig, in Unkenntnis der Rechte, aus Überforderung oder weil sie sich schämen. Manche meiden eher den Arzt oder verschulden sich, wie Recherchen zeigen. Jedenfalls hat der Kanton Glarus 2019 dadurch 1,7 Millionen Franken gespart, wie der Regierungsrat in einer Stellungnahme schrieb. Von 2017 bis 2019 hätten im Kanton Glarus 25 Prozent der Anspruchsberechtigten auf IPV-Beiträge verzichtet. Die SP forderte einen Systemwechsel hin zur automatischen Auszahlung, was der Regierungsrat mit folgenden Worten ablehnte: «Gegen den Automatismus spricht, dass eine beachtliche Anzahl Personen trotz gesetzlichen Anspruchs freiwillig auf staatliche Leistungen verzichtet.»

Neben Glarus und Appenzell Ausserrhoden vergeben 17 weitere Kantone die Prämienverbilligung auf Antrag – und sparen damit wohl noch deutlich grössere Summen als die beiden Kleinkantone. Allerdings sagen sie nicht, wie viele Berechtigte verzichten und welchen Betrag der Kanton dadurch jedes Jahr spart. Diese Zahlen würden nicht erhoben, antworten die Kantone auf Anfrage. 

«Kantone rechnen gezielt damit»

Fest steht: Die Kantone profitieren, weil die Bürger ihre Rechte nicht kennen oder mit der Bürokratie überfordert sind. Urban Spescha, Leiter der Bündner AHV-Kasse, verteidigt das System. Die Bevölkerung sei gut informiert. Die Vermutung, dass viele Personen das Gesuch nicht einreichen, obwohl sie die Kriterien erfüllten, sei nicht belegt.

Auch Daniela Aloisi von der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich hält das Antragssystem für richtig. «Es ist bedarfsorientiert. Manche Personen, die theoretisch Anspruch haben auf Prämienverbilligung, benötigen diese nicht. Etwa Personen mit gutem Bildungsabschluss oder solche, die von ihren Eltern unterstützt werden.»

GLP-Nationalrat Patrick Hässig ist anderer Ansicht. Die Personen, die den IPV-Antrag nicht einreichten, seien eben nicht in erster Linie Gutgebildete oder Kinder reicher Eltern, sondern insbesondere solche, die ungenügend informiert oder mit der Bürokratie überfordert seien. Es liege auf der Hand, dass die Kantone ihrer Pflicht nicht genügend nachkämen, Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen bei den Krankenkassenprämien zu unterstützen, sagt Hässig, der in einem Vorstoss verlangt, dass Kantone die IPV automatisch ausrichten müssen. «Heute rechnen Kantone gezielt damit und stützen sich darauf ab, dass ein Teil der IPV-Berechtigten sich nicht meldet und dass sie diese Ausgaben nicht tätigen müssen.»

Patrick Haessig, GLP-ZH, spricht waehrend der Debatte um das Stimm- und Wahlrecht fuer 16-Jaehrige waehrend der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 28. Februar 2024, im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

«Statt ein Ja zur sehr teuren Prämienverbilligungsinitiative zu riskieren, sollten zuerst einmal die geltenden Gesetze richtig umgesetzt und die IPV allen, die sie zugut haben und nicht freiwillig verzichten, ausbezahlt werden», sagt Hässig. Menschen müssten sich darauf verlassen können, dass sie die ihnen zustehenden Leistungen in jeder Lebenslage bekämen. Stossend sei auch, dass die Kantone den Bundesanteil an der IPV von 7,5 Prozent der Prämiensumme jedes Jahr bekommen, aber ihren Teil nur beschränkt beisteuern würden. «Die Kantone bekommen die Bundesgelder automatisch, geben die Prämienverbilligung aber nur auf Antrag hin weiter. Das geht nicht auf», sagt Hässig.