170 Filialen betroffenPost-Abbau: «Ab sofort bis Ende Juni informieren wir betroffene Mitarbeitende»
Die Konzernleitung der Schweizerischen Post will jede fünfte Filiale in der Schweiz schliessen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist passiert?
Die Schweizerische Post schliesst in den nächsten vier Jahren rund 170 weitere eigenbetriebene Filialen. Damit wird sie 2028 noch ein Netz mit 600 Poststellen und 2000 bedienten Standorten führen. Das teilte die Post am Mittwoch mit.
Wie wird der Abbau begründet?
Klassische Schaltergeschäfte wie Einzahlungen hätten in den letzten vier Jahren nochmals stark abgenommen, hiess es in einer Medienmitteilung. Diese Entwicklung sei unumkehrbar, und mit dem Abbau passe sich die Post daran an.
Welche Filialen sind betroffen?
Welche Filialen geschlossen werden, will die Post noch nicht bekannt geben. Auch zu den betroffenen Regionen macht sie keine Angaben. «Ab Juli kontaktiert die Post die betroffenen Kantone und Gemeinden, um über mögliche Ersatzlösungen zu diskutieren», sagt Post-Mediensprecherin Silvana Grellmann gegenüber dieser Redaktion. Die verbleibenden Standorte würden so ausgewählt, dass die Erreichbarkeit und die nationale Ausgewogenheit gewährleistet seien. «Ein Beispiel dafür ist, dass in jeder Raumplanungsregion der Schweiz eine Filiale bestehen bleiben muss», so Grellmann.
Kommt es zu Kündigungen?
Nein, zu Kündigungen werde es nicht kommen, sagte die Post gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Denn trotz der Reduktion der Arbeitsstellen durch die Filialschliessungen rechne die Post kurz- und mittelfristig mit einem höheren Rekrutierungsbedarf. Dazu kämen die natürliche Fluktuation und Pensionierungen.
Was bedeutet das für die Angestellten?
«Ab sofort bis Ende Juni informieren wir die Mitarbeitenden der betroffenen Poststellen», sagt Post-Mediensprecherin Silvana Grellmann gegenüber dieser Redaktion. Arbeitsplatzwechsel seien möglich. Mehr dazu könne die Post aber noch nicht sagen.
Was passiert mit den verbleibenden Filialen?
Die 600 eigenen Filialen will die Post zu «Dienstleistungszentren» weiterentwickeln. Dabei arbeite sie zusammen mit Banken, Krankenkassen und Versicherungen sowie Behörden. In das Personal, die Modernisierung der Filialen und in neue Formate werde die Post in den nächsten vier Jahren über 100 Millionen Franken investieren.
Was bedeutet die Schliessung für betroffene Standorte?
Für die Standorte, an denen Postfilialen geschlossen werden müssten, werde die Post zusammen mit den Gemeinden Nachfolgelösungen suchen. Bewährt habe sich zum Beispiel das Format «Filiale mit Partner» oder der Hausservice.
Welche Reaktionen gibt es?
Die Gewerkschaft Syndicom kritisierte den Entscheid der Konzernleitung. «Dies ist eine radikale Abkehr von ihrer bisherigen Strategie, die eine Stabilisierung des Filialnetzes bei rund 800 Filialen vorsieht. Im Endeffekt würde mindestens jede fünfte noch bestehende Filiale geschlossen», schreibt die Gewerkschaft in einer Mitteilung. Weiter heisst es: «Sollte die Post das in die Tat umsetzen, entspräche das einem Abbau des Service public sondergleichen.» Die Gewerkschaft rufe die Politik und insbesondere Kantons- und Gemeindebehörden dazu auf, sich für den Erhalt ihrer Poststellen einzusetzen.
Sollte es trotzdem zu einer Reduktion der Poststellen kommen, gelte es sicherzustellen, dass es zu keiner einzigen Kündigung komme. Mit den Plänen der Post würden Hunderte Arbeitsplätze verloren gehen, so die Gewerkschaft. Die Angestellten in den Postfilialen seien bereits heute einem hohen Druck ausgesetzt. Dieser würde beim Abbau von Stellen weiter zunehmen.
Auch die SP kritisiert den Entscheid der Post. «Die Post macht dreistellige Millionengewinne, die finanzielle Zukunft ist sicher. Dass sie jetzt so viele Poststellen abbauen will, ist unfair gegenüber der Bevölkerung», wird der Luzerner SP-Nationalrat David Roth zitiert. Die Partei fordere Bundesrat Albert Rösti dazu auf, gegen den geplanten Abbau vorzugehen und die Grundversorgung sicherzustellen.
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete findet den weiteren Abbau des Poststellennetzes nicht akzeptabel. Dieses sei bereits in der Vergangenheit zu stark ausgedünnt worden und müsse bei 800 eigenbetriebenen Poststellen stabilisiert werden, teilte der Verein mit.
Wie viele Personen nutzen noch die Filialen?
Mit dem Abbau auf 600 Poststellen bis 2028 wird die Post ihr Filialnetz innerhalb von 12 Jahren mehr als halbiert haben. 2016 hatte die Post noch 1323 Filialen selber geführt.
Im gleichen Zeitraum nahm auch die Zahl der aufgegebenen Briefe in den Filialen drastisch ab. Waren 2016 noch 215 Millionen Briefe direkt bei der Post aufgegeben worden, ging deren Zahl bis Ende letztes Jahr um fast die Hälfte auf 117 Millionen Stück zurück. Das gleiche Bild zeigt sich bei den Einzahlungen mit einem Rückgang um fast 60 Prozent: von 155 Millionen auf 65 Millionen.
Gleichzeitig baute die Post jedoch andere Modelle aus. So stieg die Anzahl der Agenturen von 849 im Jahr 2016 auf 1237 Ende letztes Jahr. Die Geschäftskundenstellen wurden im gleichen Zeitraum von 29 auf 221 vervielfacht.
Trotzdem brach die Kundenfrequenz in dieser Zeit weiter ein: von rund 138 Millionen Besuchen in Filialen und Agenturen im Jahr 2016 auf rund 90 Millionen Ende letztes Jahr. Das bedeutet einen Rückgang von 35 Prozent innert acht Jahren.
SDA/jaw/alb
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