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Personalwechsel bei der SNB-Führung
Der Neue im Nationalbank-Direktorium hat einen direktem Draht zur Fed

Zurzeit noch beim amerikanischen Fed tätig: Der Westschweizer Ökonom Antoine Martin.
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Antoine Martin wird neues Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Der Bundesrat hat ihn am Freitag zum Nachfolger der im Juni zurückgetretenen Andréa Maechler ernannt, deren Posten seit mehreren Monaten vakant ist. Martin übernimmt an ihrer Stelle das 3. Departement, das für die Umsetzung der Geldpolitik und die Bewirtschaftung der Währungsreserven verantwortlich ist.

Martin ist zurzeit bei der New Yorker Zweigstelle der US-Notenbank Federal Reserve tätig. Dort forscht er unter anderem zu digitalen Währungen und zum Geldmarkt. Auf diesem Markt leihen sich Banken über kurze Zeiträume, wie etwa drei Monate gegenseitig Geld aus. Zentralbanken steuern über den Geldmarkt die sogenannten Leitzinsen, das wichtigste Steuerungsinstrument der Geldpolitik.

Englisch mit New Yorker Akzent

Martin ist 1969 geboren. Er stammt aus Froideville im Kanton Waadt und hat in Lausanne Volkswirtschaft studiert. 2001 promovierte er an der Universität von Minnesota, 2005 stiess er zur New York Fed. Dort hat er über die Jahre verschiedene Forschungsprojekte koordiniert. Während seiner Laufbahn hat er zahlreiche akademische Publikationen verfasst. Eines seiner Forschungsgebiete wird aktuell kontrovers diskutiert: die Verzinsung der Reserven. Seit die Ära der Negativzinsen zu Ende ist, zahlt die Nationalbank den Geschäftsbanken einen Zins auf deren Sichtguthaben. Das sorgt teils für Kritik.

Mit Martins Rekrutierung landet die Nationalbank einen Coup. Dieser kennt die wichtigen Personen bei der amerikanischen Notenbank Federal Reserve und ihrer Niederlassung in New York, die innerhalb des US-Notenbankensytems eine wichtige Rolle spielt. Das ist nützlich, da sich auch die Schweizerische Nationalbank oft mit der Fed abstimmen muss.

Martin repräsentiert bei der SNB die französischsprachige Schweiz. Er spricht aber auch akzentfrei Englisch, was für Schweizer Spitzenbeamte nicht selbstverständlich ist.

Der Ökonom Cédric Tille, Professor am Geneva Graduate Institute und ehemaliges Mitglied des Bankrats der Nationalbank, kennt Antoine Martin gut. Sie waren zur gleichen Zeit Studenten an der Uni Lausanne und anschliessend Kollegen in der Forschungsabteilung der Federal Reserve Bank von New York. «Antoine hat ein hervorragendes Profil für das Direktorium, da er sowohl aus seiner Forschung als auch aus der Praxis detaillierte Erfahrungen mit der Funktionsweise der Finanzmärkte und den Instrumenten der Geldpolitik mitbringt. Er bringt auch eine ausgezeichnete internationale Sichtbarkeit mit», sagt Tille zur Wahl Martins.

Die Nationalbank hat ein Frauenproblem

Gewählt ist Martin für den Rest der Amtsdauer bis 2027. Bis dahin sind an der SNB-Spitze keine weiteren Änderungen zu erwarten. Ein vorzeitiger Abgang von Präsident Thomas Jordan, der die Nationalbank seit 2012 führt und in dieser Zeit die Geldpolitik in der Schweiz stark geprägt hat, ist kaum denkbar. Vizepräsident Martin Schlegel stieg erst vergangenes Jahr ins Direktorium auf; er gilt als Zögling von Jordan und wird auch als dessen Nachfolger gehandelt – mit etwas besseren Chancen als Martin, dank der langjährigen Tätigkeit bei der SNB und der Vertrautheit mit dem politisch-ökonomischen System der Schweiz.

Mit Martins Ernennung ist aber auch klar, dass die Nationalbank auf absehbare Zeit keine weibliche Vertretung im obersten Führungsgremium hat. An den vierteljährlich stattfindenden Pressekonferenzen werden fortan drei Männer auf dem Podium sitzen und dem Publikum die Geldpolitik erklären. Für die SNB ist das besonders peinlich, da vor einigen Jahren Vorwürfe wegen Geschlechterdiskriminierung gegen sie geäussert wurden. Die Nationalbank gelobte in der Folge, Frauen besser zu fördern.

Stehen bald weitere Führungswechsel an?

Hochrangigste Frau bei der SNB ist nun Petra Gerlach. Die Spezialistin für geldpolitische Analysen wurde 2022 ins erweiterte Direktorium berufen und ist dort Stellvertreterin des Direktors des 1. Departements. Diesen Posten bekleidet sie gemeinsam mit Attilio Zanetti, der die internationale Währungskooperation verantwortet. Die Nationalbank schuf vor einem Jahr erstmals die Möglichkeit, mehrere Stellvertreter für einen Departementschef zu ernennen.

Es ist möglich, dass die SNB in baldiger Zukunft auch in den anderen Departementen weibliche Personen zum Co-Stellvertreter nominiert. So wären die Frauen immerhin auf zweitoberster Führungsebene besser vertreten. Denkbar ist auch ein Generationenwechsel: Dewet Moser und Thomas Moser, die beiden Stellvertreter im 2. und 3. Departement, sind schon lange im Erweiterten Direktorium.

Zwei neue Mitglieder für SNB-Bankrat

Am Freitag wählte der Bundesrat zudem die Mitglieder des SNB-Bankrates neu. Als neue Mitglieder kommen Andreas Dietrich, Professor für Banking an der Hochschule Luzern, und Renaud de Planta, geschäftsführender Teilhaber der Genfer Bankengruppe Pictet, hinzu. Präsidentin bleibt die frühere Bündner Regierungsrätin Barbara Janom Steiner.

Der SNB-Bankrat hat insgesamt elf Mitglieder. Sechs von ihnen wählt der Bundesrat und die übrigen fünf die Generalversammlung. Aufgabe des Gremiums ist es, die Nationalbank zu beaufsichtigen und ihre Geschäftsführung zu kontrollieren.