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Doku über Fussballlegende
Pelé dribbelte auch für die Militärdiktatur

Auf dem Fussballplatz hatte Brasiliens Nummer 10 immer Grund zum Jubeln: Pelé nach einem Tor.
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Mit 17 Jahren führte Pelé Brasilien zur Fussball-Weltmeisterschaft. Er gewann später zwei weitere Weltmeistertitel und damit so viele wie kein anderer Spieler vor und nach ihm. In seiner Karriere schoss er zwischen 1956 und 1977 nicht weniger als 1283 Tore, er war der erste Fussball-Millionär, eine Lichtgestalt. Aber eine neue Netflix-Dokumentation fragt jetzt: Stand er auch im Sold der brasilianischen Militärdiktatur?

Pelé, Fussballgenie lange vor Maradona, scheute nicht davor zurück, sich vor der WM von 1970 lächelnd mit dem Chef der Militärdiktatur zu zeigen, und das in einer Zeit, in der in Brasilien Hunderte von Menschen verschwanden. Es ist dasselbe Lachen, mit dem er als Werbefigur Zahnpasta und Benzin anpries. «Er war eben ein Heiliger, stand über der Sache», sagt einer seiner Weggefährten von damals. Aber war es so einfach?

Das Lächeln ist sein Markenzeichen: Pelé in jungen Jahren im Dress seines Clubs FC Santos.

Der Film von David Tryhorn und Ben Nicholas kreist um diese Frage. Hätte Pelé sich wehren können, aufbegehren, wie der Boxer Muhammad Ali in den USA? Oder war Fussball das Einzige, das ihn interessierte? Die Filmemacher konnten den Fussballer dazu interviewen und setzten ihn in ein sehr karges, mit einem einzigen Stuhl möbliertes Zimmer. Was sie sich wohl dabei gedacht haben? Sollte das vielleicht ein Kontrast sein zur bunten Karriere?

«Viele Affären, einige Kinder»

Pelé, inzwischen etwas über 80 Jahre alt, betritt mit einem Rollator diesen Raum, setzt sich auf den Stuhl und schiebt medienwirksam die Gehhilfe aus dem Bild. Es scheint keine Tabuthemen für ihn zu geben, «ich hatte viele Affären, manchmal gingen Kinder daraus hervor, wie ich später erfuhr», erzählt er fast nebenbei. Aber sobald es um den ersten WM-Titel geht, kommen ihm Tränen.

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Die Dokumentation analysiert Pelés Weg anhand dieser Titelkämpfe. Mit 17 Jahren, 1958 in Schweden, wurde er Symbol des Aufbruchs in seiner Heimat, die seit dem acht Jahre zuvor verlorenen Final gegen Uruguay unter einem «Bastard-Komplex» litt, wie es ein Journalist beschreibt: Brasilianer waren stets Verlierer, die sich duckten. Mit Pelé kehrten Leichtigkeit und Freude zurück, und zwar nicht nur auf dem Fussballfeld: Demokratie, Aufbruch, wirtschaftlicher Aufschwung.

Militärdiktatur forderte den Titel

1962 in Chile verteidigte Brasilien den Titel, aber Pelé schied verletzt aus. 1964 putschte sich das Militär an die Macht. 1966 schied Brasilien in England schon in der Gruppenphase aus, Pelé wurde auf dem Feld arg getreten und kaltgestellt. 1968 verschärften die Militärs die Diktatur mit einem Dekret, das es ihnen erlaubte, Menschen ohne Grund zu verhaften. 1970 musste, zum Wohle der Diktatur, wieder der Titel her, um jeden Preis. Pelé, der eigentlich aus dem Nationalteam zurückgetreten war, reiste ein letztes Mal hin.

Pelé, der am 23. Oktober 2020 seinen 80. Geburtstag feiern konnte, im Interview für den Netflix-Film.

Brasilien gewann im Aztekenstadion von Mexiko. Aber nicht für die Diktatur, der Sieg gehörte Pelé, dem Genie, sowie dem brasilianischen Volk, hält der Film fest. Dieses Fazit ist letztlich zu geradlinig auf eine glatte Netflix-Dramaturgie zurechtgebogen: Zwar wird die Hauptfigur ein wenig kritisiert, aber letztlich wird doch eine klassische Heldengeschichte erzählt.

Wenn der Fussballer zum Schluss allein als alter Mann im Zimmer sitzt und auf dem Schuhputzkasten rumtrommelt, mit dem er als Kind sein erstes Geld verdient hatte, wirkt das allerdings schon rührend. Auch wir sind dann überzeugt: Pelés Lachen ist echt. Und seine Tränen sind es auch.

«Pelé», auf Netflix