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AboWahl des Kirchenoberhaupts
Könnte ein Schweizer Papst werden?

Eine Gruppe von Priestern in dunklen Gewändern schreitet an einem leeren, goldverzierten Thron vorbei, der vor einer Säulenhalle steht.
In Kürze:
  • Emil Paul Tscherrig pflegte als Vatikan-Diplomat eine enge Beziehung zu Papst Franziskus.
  • Doch als ehemaliger Nuntius ohne Führungserfahrung bleiben Tscherrigs Chancen auf das Papstamt gering.
  • Kurt Koch wird von Vatikan-Experten als möglicher Kompromisskandidat bei der Papstwahl gesehen.

Das Konklave ist eines der grössten Geheimnisse unserer Zeit – und mittendrin sind zwei Schweizer: Kurt Koch und Emil Paul Tscherrig. Sie wählen als Kardinäle den neuen Papst – und schreiben vielleicht sogar ihren eigenen Namen auf den Zettel. Wer weiss.

Denn die Papstwahl ist hochgeheim, was in der Sixtinischen Kapelle geschieht, bleibt gewöhnlich in der Sixtinischen Kapelle. Wer Details ausplaudert, wird aus der Kirche ausgeschlossen.

Die beiden Schweizer Kardinäle sind für die Medien zurzeit nicht ansprechbar. Was sich aber schon sagen lässt: Einer der beiden hat kaum Chancen, der andere etwas mehr.

Seit etwas mehr als einem Jahr ist Emil Paul Tscherrig Kardinal. Der 78-jährige Walliser ging als Kirchenmann an die Ränder der Welt, er wirkte in Burundi, in Korea, in Bangladesh, in Argentinien. Dort lernte er auch Jorge Mario Bergoglio kennen, den späteren Papst Franziskus.

Konklave als Krönung einer Karriere

Die beiden hatten ein gutes Verhältnis, Tscherrig war immer wieder Gast im Zuhause des damaligen Erzbischofs von Buenos Aires. Mit ein Grund, weshalb Tscherrig 2023 Kardinal wurde.

Kardinal Emil Paul Tscherrig in rotem Ornat während des Konsistoriums im Petersdom zur Ernennung neuer Kardinäle, Vatikanstadt, 30. September 2023.

Bei seiner Ernennung sagte er gegenüber kath.ch, dass er sich nicht vorstellen könne, einmal Papst zu werden. Er wurde vom «Walliser Boten» gefragt, was es für ihn bedeuten würde, wenn er an einer Papstwahl teilnehmen könnte. Er hoffe, dass Franziskus noch ein paar Jahre leben werde, sagte er im förmlichen Teil der Antwort. «Sollte es aber zu diesem Ereignis kommen, würde ich es als eine Art Krönung des Lebens sehen, wenn ich als kleiner Bergbub aus einem Dorf mit 150 Einwohnern bei einer Papstwahl dabei sein könnte und zu weltgeschichtlichen Ereignissen beitragen könnte.» Für Tscherrig ist dabei sein alles.

Nicht nur sein hohes Alter spricht gegen seine Wahl, wie Religionsexperte Michael Meier erklärt: Tscherrig war im diplomatischen Dienst des Vatikans tätig. «Das wäre eine Premiere – bislang wurde noch kein Diplomat Papst», erklärt Meier. Zudem wünsche sich das Konklave eher einen seelsorgerisch geprägten Papst als einen aus dem diplomatischen Apparat.

Die Kirchenhistorikerin Annalena Müller sieht das ähnlich. Tscherrig sei als Nuntius kein Strippenzieher im Vatikan.

Koch wird als Kandidat gehandelt

Kurt Koch hingegen könnte theoretisch als Kompromisskandidat ins Spiel kommen, sagt Müller. Der Luzerner leitet im Vatikan das Ministerium zur Förderung der Einheit der Christen – diese ist wichtig, aber nicht zentral. Er wäre der «Papst, auf den man sich vielleicht einigen könnte, wenn man sich sonst auf keinen einigen kann», sagt Müller. Trotzdem gelte Koch unter den Vatikanisten als «eigentlich chancenlos».

Kurienkardinal Kurt Koch spricht nach dem Gottesdienst in der Michaeliskirche in Hildesheim am 11.03.2017 ein Grusswort. Im Hintergrund ist ein Kruzifix zu sehen. Foto: epd-bild/Jens Schulze.

Meier widerspricht: «Vatikanisten handeln Koch durchaus als Kandidaten.» Allerdings sei seine Entwicklung vom progressiven Theologen hin zum konservativen Kirchenmann für viele ein Bruch gewesen. «Er ist deshalb für die Kardinäle schwer einzuschätzen», so Meier. Darüber hinaus sei die Schweiz ein zu unbedeutendes Land.

Die Website «The College of Cardinals Report» hat eine Liste erstellt von 22 Papabili. Darunter: Kurt Koch. Auf der Website wird Koch als «scheuer Mann» bezeichnet, der in der Lage sei, «seine eigenen theologischen Ansichten gewissenhaft von dem zu trennen, was sein Amt von ihm verlangt».

Die Liste ist informativ und ausführlich, doch ist die Quelle auch unabhängig? Die Website wurde von zwei konservativen Vatikan-Journalisten erstellt, ihre Auswahl ist mitunter tendenziös. Gerade in diesen Tagen sind bereits Namensnennungen Wahlkampf.

Wer glaube, das Konklave sei eine rein rationale Wahl mit vorhersehbaren Favoriten, unterschätze die Komplexität des Systems, sagt Kirchenhistorikerin Müller. Die Wahl folge nicht allein theologischer Überzeugung, «sondern einem komplexen Mix aus Lagerdenken, Regionalproporz, Machtlogik – und Überraschung».

Die Favoriten? Auch nicht eindeutig. Glaubenspräfekt Víctor Manuel Fernández sorgt mit Fiducia supplicans – einer Erklärung des Vatikans über die Segensformen von homosexuellen Paaren – für Debatten, gilt aber nicht als brillanter Theologe. Pietro Parolin, Kardinalstaatssekretär, wäre eine gemässigt konservative Option. Afrikanische Kardinäle möchten jedoch keinen Europäer.

Die Papstwahl bleibt eine Blackbox – auch mit Schweizer Beteiligung.