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Meinung

Papablog: Was Familien miteinander verbindet
Elternfreundschaften

Group of friends and family dishing up dinner while camping near lake
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Meine Lebenskomplizin und ich haben in der Vergangenheit dazu tendiert, manchmal ein wenig zu stolz auf unsere Unabhängigkeit als Familie zu sein. Wir packen unsere Kinder ein, brechen irgendwo die Zelte ab und bauen sie an einem neuen Ort wieder auf. Wir bleiben auch auf die Entfernung in Verbindung mit wichtigen, geliebten Menschen, machen uns die Fremde zu eigen und schliessen neue Freundschaften. Und wenn alles zu viel wird oder zu wenig ist, haben wir immer noch uns. Haben wir einander.

Das funktioniert tatsächlich erstaunlich gut und ist ein Glück. Es blendet allerdings aus, dass wir auf diesem Weg überall gute Begleitung haben und hatten. Es überspielt so ein bisschen den Wert von Elternfreundschaften. Über Elternfreundschaften macht man sich gemeinhin gerne ausgiebig lustig, weil die Grundprämisse ein bisschen beliebig wirkt: Warum sollten sich Erwachsene anfreunden, nur weil ihre Kinder miteinander spielen wollen? Und warum sollten sich Kinder mögen, nur weil ihre Eltern gerne Zeit miteinander verbringen? Dieser Moment der Beliebigkeit existiert allerdings in den meisten Freundschaften. Warum sollte man sich befreunden, nur weil man in die gleiche Klasse geht, zusammen studiert, den Arbeitsplatz teilt oder sich beim Bäcker trifft? Die Antwort ist immer dieselbe: weil man sich befreunden möchte und Freundschaft notwendig ist. Das gilt auch und gerade für Eltern. Dass Elternschaft einsam macht, habe ich verschiedentlich erwähnt.

Einfach unverzichtbar

Elternschaft ist eben auch das Aushalten von langen, zähen Betreuungszeiten, Kinderkrankheiten, unsinnigen Streitereien und den Nudeln mit Tomatensauce, die es schon gestern und vorgestern gab – weil einfach niemand mehr die Kraft hat zu kochen. Elternschaft versucht darüber hinaus, Kinderfreundschaften zu ermöglichen. Dafür nehmen Eltern einiges in Kauf. Sie übernehmen Fahrdienste, planen im Voraus und sitzen gegebenenfalls bei mässigem Kaffee und überschaubar interessanten Gesprächen in den Küchen von Menschen, mit denen sie sich unter anderem Umständen nicht anfreunden würden. Das ist auch in Ordnung so und macht Elternfreundschaften nicht weniger wertvoll. Eine meiner längsten Freundschaften beruht darauf, dass er und ich verbotenerweise Witze gerissen haben, während wir in einem dunklen Kellerflur bereits saubere Waffen reinigen mussten und im Sonnenlicht Rasen mit Nagelscheren kürzen sollten, während uns dabei merkwürdige Männer anschrien. Wie gesagt: Einen zu seltsamen Beginn von Freundschaften gibt es gar nicht. Einen zu gewöhnlichen auch nicht. Man sitzt also in diesen Küchen, trinkt Kaffee und macht Konversation. Macht Witze und lacht über welche. Und ihr so? Ach wirklich. Doch schon so lange, na, das hätte man ja auch nicht gedacht. Das Fazit nach einem solchen Nachmittag ist so gut wie nie «Boah geil, neue Lieblingsmenschen». Meistens eher so was wie «Joa, kann man machen, die Kinder spielen echt gut miteinander». Wenn es gut läuft, werden der Kaffee und die Gespräche besser, während die Kinder immer mehr Zeit miteinander verbringen. Man übernimmt gegenseitig Fahrdienste, borgt sich Sachen, klagt sich Leid (ganz wichtig für Elternfreundschaften) und lernt sich besser kennen. Bis zu dem Punkt, an dem man denkt, dass man die auch ohne Kinder gut findet. Und dann zieht irgendwer um, Kinder entfreunden sich oder wechseln auf unterschiedliche Schulen. Zurück bleiben immer wieder Menschen, die sich fragen, was sie jetzt mit ihren ganzen Elternfreundschaftsgefühlen machen. Mit all den Plänen und Absprachen. Aber es geht weiter und immer weiter, die Kinder entwickeln sich, die Eltern stolpern mit. Wenn sie Glück haben, befreunden sie sich dabei immer wieder mit anderen Eltern. Denn auch wenn es nur eine Freundschaft auf Zeit oder eine viel geschmähte «Zweckfreundschaft» ist, ist sie doch unverzichtbar.