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Meinung

Papablog: Solidarität unter Vätern
«Ich hätte nie gedacht, dass Vaterschaft so einsam ist»

Father holding his little daughter walking in the public park during sunny day
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Über 18 Jahre bin ich nun schon Vater. Eine lange Zeit, in der sich manches verändert hat und manches auch nicht. Vieles fällt mir natürlich auch überhaupt nicht auf, weil es als Alltäglichkeit an mir haftet und ich nicht wirklich in der Lage bin, zu erkennen, ob es neu ist oder schon früher so war. Aber wenn man wie ich Vater einer achtzehnjährigen und einer siebenjährigen Tochter ist, dann lässt sich schon identifizieren, was anders geworden ist und was nicht. Und was seltsamerweise beides gleichzeitig ist.

Ein Blick zurück

Einsamkeit zum Beispiel. Bevor ich Kinder hatte, hätte ich nie gedacht, dass Vaterschaft so einsam ist. Und sie ist es auch heute noch und gleichzeitig auch irgendwie nicht. Als ich zum ersten Mal Vater wurde, gab es noch keine coolen, mitfühlenden Ratgeber für Männer, die sich durch die anstehende Vaterschaft womöglich ein bisschen eingeschüchtert und überfordert fühlen. Bei Erscheinen des ersten erfolgreichen Buches in diesem Marktsegment hatte ich bereits zwei Kinder. Und die dort formulierten Tipps, wie Mann «dem mürrisch stöhnenden, ungelenken Schwangerschaftspummelchen noch einen brüderlichen Blowjob aus dem Kreuz leiern» kann, hätte ich auch nicht haben wollen. Die Partnerin als «Fleisch-Panzer», der sich am Ende ja doch «immer irgendwie bequatschen lässt» zu bezeichnen, ist eine unfassbar beschissene Idee.

Aber andere Väterratgeber machen das inzwischen viel besser und selbst der Autor würde das heute nicht mehr so schreiben. Es ist also vielfältiger geworden. Auch heute gibt es Ex-Soldaten, die Ihnen als «Commando-Dad» mehr oder weniger hilfreiche Tipps zum Umgang mit Ihrem «Babyrekruten» geben. Es gibt aber auch Autoren, die nicht länger so tun als bestünde Vaterschaft lediglich aus möglichst schmunzelig zu beschreibenden Tätigkeiten am Kind, sondern die tatsächlich, halten Sie sich fest, so weit gehen, schriftlich zu erwähnen, dass Väter womöglich Gefühle haben. Dass sie bei der Geburt vor Freude in Tränen ausbrechen oder vor Angst schreien und in eine Ecke kotzen. Dass Vaterschaft unfassbar langweilig oder überwältigend oder alles gleichzeitig sein kann.

Harmonische Gemeinschaft

Was auch besser geworden ist, ist die Vätersolidarität untereinander. Mitte der Nullerjahre war ich als Vater grundsätzlich allein unter Frauen. Heute gibt es immer mehr Väter, die sich treffen, unterstützen, beraten oder zumindest virtuell mal zuwinken, falls das Gefühl des Alleinseins zu übermächtig wird. Oder gemeinsam singen. Ich hätte nie gedacht, wie viel Freude es mir machen würde, ein paar schwedischen Vätern dabei zuzuschauen, wie sie im Wohnzimmer ihre Kinder betreuen und zusammen singen.

Das sieht so viel entspannter aus als die meisten Erfahrungen, die ich als junger Vater gemacht habe. Und scheinbar auch als die Erfahrungen der Väter, die mir schreiben, nachdem sie eines meiner Bücher gelesen haben. Der Bedarf ist offenbar da und die Möglichkeiten sehr viel zahlreicher als noch vor ein paar Jahren. Mann muss sich allerdings auch irgendwann aufraffen und darf sich nicht entmutigen lassen. Der Zwang, Männlichkeitsgehampel zu performen, ist ja immer noch da. Auch und gerade bei Vaterschaft kann Mann noch herausfinden wollen, wer hier der Krasseste ist und wessen Kind nach A gleich Binomialkoeffizient sagen kann. Aber was für einen Spass wir alle miteinander haben könnten, wenn wir diesem Zwang nicht nachgeben. Wie wertschätzend das sein könnte. Wie harmonisch.