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Meinung

Papablog
Das Elternliebespaar

Smiling young parents with their baby girl at home
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Als ich vor einiger Zeit an meinem Buch «Lebenskompliz♡innen» über die Möglichkeiten für und die Notwendigkeit von gleichberechtigten Beziehungen schrieb, las ich dafür jede Menge andere Bücher. Über Liebe, Trennung, Körperchemie, Sex, Ehe und noch so einiges mehr. Und viele Ratgeber. Ratgeber, die ich mal besser und mal schlechter fand, mal sinnvoll und mal nicht. Dabei habe ich einiges gelernt. Zum Beispiel, dass die klügsten Dinge womöglich gar nicht in Büchern stehen, sondern in irgendwelchen obskuren Internetforen. Nur kann man Nutzer «lonelytree_1986» nur schwerlich in einem Buch zitieren, weil sich da Koryphäen der Paartherapie nachvollziehbarerweise deutlich besser machen – auch wenn «lonelytree_1986» oder irgendein anderer Buchstabensalat profunde Erkenntnisse zum Thema männliche Sexualität formuliert (ich hab es trotzdem gemacht, das Zitat war einfach zu gut).

Elternschaft als unumkehrbarer Zustand

Und ich habe gelernt, dass Ratschläge, nur weil sie gehäuft auftreten, nicht unbedingt gut sein müssen. Der Ratschlag an Eltern, sich Auszeiten zu nehmen, um sich gemeinsam als das Liebespaar wiederzuentdecken, das man vor den Kindern gewesen ist, ist mir in mindestens zwei Dutzend Büchern und Artikeln begegnet. Ich halte diesen Ratschlag nicht nur für schlecht, sondern auch für beziehungsgefährdend. Nach meinem Dafürhalten gibt es dieses Liebespaar so nämlich nicht mehr. Es wurde durch die Geburt des gemeinsamen Kindes und durch die Elternschaft zu einem Elternliebespaar transformiert. Und zwar unwiederbringlich. Elternschaft ist keine Rolle. Es ist ein Aggregatszustand menschlicher Existenz. Selbst wenn meine Kinder fremdbetreut werden, volljährig und längst ausgezogen sind, bin ich weiterhin ihr Vater. Selbst wenn sie im schlimmsten Fall längst verstorben sein sollten, ändert das nichts daran, dass ich ihr Vater bin. Nicht war. Ich bin auch der Sohn meines Vaters, wenn der mal verstorben sein sollte. An dieser Sohnexistenz kann ich genauso wenig etwas ändern wie an meiner Vaterschaft. Ich kann beides sehr unterschiedlich gestalten. In An- und Abwesenheit. In Nähe und Distanz. In Liebe und in Gleichgültigkeit. Ja sogar in Hass. Aber ich kann, um beim Thema zu bleiben, nicht dahinter zurücktreten, Vater meiner Kinder zu sein, solange Atem in mir ist.

Auszeiten ja, aber ohne falsche Erwartungen

Deswegen ist der Ratschlag, gemeinsam für ein Abendessen oder eine nette Hotelzimmervögelei zu der vorelternschaftlichen Liebesbeziehung zurückzukehren, auch so furchtbar. Das ist schlicht nicht möglich. Das sind wir nicht mehr. Ich kann auch mit meiner Lebenskomplizin nicht mehr zu dem Paar zurückkehren, das wir mit Anfang dreissig waren. Wir können uns erinnern. Wir können Aspekte davon aufleben lassen. Aber hier und jetzt sind wir Mitte vierzig. Anfang dreissig ist vorbei. Endgültig. Liebespaar ohne Kinder sein ist vorbei. Ebenfalls endgültig. Und deshalb ist es wichtig, das zu leben, zu gestalten und zu feiern, was man ist: ein Elternliebespaar. Andernfalls läuft man Gefahr, sich gegenseitig dafür zu bestrafen, was man nicht mehr sein kann, und zu übersehen, was man ist und aneinander hat.

Elternliebespaare können vieles tun, was Liebespaare auch können. Und verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich können Elternliebespaare auch Auszeiten gebrauchen. Aber ihnen die vorelternschaftliche Liebesbeziehung als güldene Morgendämmerung des Paarseins unter die Nase zu halten, ist ein Fehler, der sie die Beziehung kosten kann. Und das wäre mehr als schade.