Mitarbeiter bei Hamas-Angriff dabeiUNRWA unter Beschuss – die wichtigsten Fragen und Antworten
Zwölf UNO-Mitarbeiter werden beschuldigt, am Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Geberländer wollen die Finanzierung streichen, die Schweiz wartet mit den Zahlungen noch ab.
Weshalb ist das UNRWA in die Kritik geraten?
Wegen der mutmasslichen Beteiligung von zwölf Beschäftigten am Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober, bei dem 1200 Menschen getötet wurden, ist das 1949 gegründete Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen, UNRWA, unter massiven Druck geraten.
Was geschieht mit den verdächtigten Angestellten?
Von den zwölf Beschuldigten sind neun identifiziert und entlassen worden. Laut UNO-Generalsekretär António Guterres ist ein Mitarbeiter für tot erklärt worden, die Identität der beiden anderen wird derzeit geklärt.
Die Verdächtigen sollten auch strafrechtlich verfolgt werden, «die verabscheuungswürdigen angeblichen Handlungen dieser Mitarbeiter müssten Konsequenzen haben», so Guterres.
Was sagt Philippe Lazzarini, der Schweizer Chef des UNRWA, dazu?
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini zeigte sich entsetzt. Er bestätigte, dass die Informationen zu den zwölf verdächtigen Mitarbeitern von Israel kam. Auf welche Art die Mitarbeiter am Hamas-Angriff beteiligt waren, wurde nicht mitgeteilt. Die Vorwürfe sollen nun unabhängig untersucht werden.
Welche Konsequenzen ziehen die Geberländer daraus?
Neun Länder hatten Stand Samstag ihre Zahlungen vorerst eingestellt. Wichtige Geldgeber wie die USA, Grossbritannien und auch Deutschland hatten sich zu dem Schritt entschieden.
Und wie reagiert die Schweiz?
Die Schweiz wartet mit der Auszahlung der Hilfsgelder für das laufende Jahr ab. Darüber werde erst entschieden, wenn mehr Informationen vorlägen, schrieb das Aussendepartement in einer Stellungnahme.
Bisher seien die für 2024 vorgesehenen Hilfsgelder noch nicht überwiesen worden, schrieb das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es geht um einen Beitrag von 20 Millionen Franken.
Wie äussert sich das EDA dazu?
Die Schweiz sei am Freitag über die Anschuldigungen informiert worden, so das EDA. In der Stellungnahme äusserte sich das Aussendepartement gegenüber Keystone-SDA «äusserst besorgt» über diese «schwerwiegenden Anschuldigungen».
Wie vom Parlament in der Wintersession beschlossen, werden demnach die humanitären Gelder für den Nahen Osten im Jahr 2024 erst nach Konsultation der aussenpolitischen Kommissionen und in Tranchen ausgezahlt. Diese Konsultationen haben laut EDA bisher noch nicht stattgefunden.
Wie ist die Haltung von Schweizer Politikerinnen und Politiker?
In einer Debatte in der Sendung Forum des Westschweizer Radios RTS sprach sich Nationalrat Pierre-André Page (SVP/FR) für eine Aussetzung der Beiträge an die UNRWA aus. Als Mitglied der aussenpolitischen Komission kündigte er an, dass diese Finanzierung in der nächsten Sitzung, die für Montag und Dienstag angesetzt ist, zur Sprache kommen wird.
Sein Fraktionskollege David Zuberbühler (AR) kündigte in der SRF Tagesschau vom Samstag an, er werde voraussichtlich in der Frühjahrssession erneut einen Vorstoss einreichen, damit diese Gelder nicht mehr gesprochen werden.
Auch Grünen-Nationalrat Felix Wettstein sagte in der SRF Tagesschau vom Samstag, das Palästinenserhilfswerk müsse aufräumen. Die Entlassungen zeigten aber, dass es dies auch tue. «Es zeigt ja, dass die UNRWA in der Lage ist, die Leute zu entlassen, wenn diese sich mit dem Terror solidarisiert oder sich sogar daran beteiligt haben. Das spricht dafür, dass die UNRWA funktioniert. Wenn wir ihr das Geld verweigern, dann hat sie gar keine Möglichkeiten mehr und kann auch keine Hilfe an der Zivilbevölkerung leisten.»
Was bedeutet der Abbruch der Zahlungen für das UNRWA?
Das UNRWA beschäftigt im Gazastreifen 13’000 Mitarbeiter, fast ausschliesslich Palästinenser. Das Hilfswerk warnte vor dem Ende der Hilfe. «Unser humanitärer Einsatz, von dem zwei Millionen Menschen als Rettungsanker in Gaza abhängen, kollabiert», schrieb UNRWA-Chef Lazzarini auf dem Netzwerk X.
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Er sei schockiert, dass solche Entscheidungen auf der Grundlage von mutmasslichem Verhalten einiger weniger Leute getroffen würden. «Die Palästinenser in Gaza haben keine zusätzliche kollektive Bestrafung gebraucht.» Das Hilfswerk betreibt nach eigenen Angaben Unterkünfte für mehr als eine Million Menschen und stellt Nahrung und medizinische Grundversorgung bereit.
UNO-Generalsekretär Guterres sagte, dass die Zehntausenden Männer und Frauen, die für das UNRWA arbeiteten, nicht bestraft werden sollten. «Die dringenden Bedürfnisse der verzweifelten Bevölkerungsgruppen, denen sie dienen, müssen erfüllt werden», fügte er hinzu. Er rief die Geberländer auf, die Finanzierung aufrechtzuerhalten. Andernfalls wäre die Organisation bereits im Februar gezwungen, die Hilfe für mehr als zwei Millionen Palästinenser zu reduzieren.
Welche Haltung vertritt Israel?
Israels Aussenminister, Israel Katz, hat den Rücktritt des UNRWA-Chefs gefordert. «Herr Lazzarini, bitte treten Sie zurück», schrieb Katz in der Nacht zum Sonntag auf X. Israels Regierungssprecher Eylon Levy warf dem UNRWA zudem vor, eine «Front der Hamas» zu sein. «Es deckt die Hamas buchstäblich», schrieb er auf X.
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SDA/AFP/nag
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