Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Schwere Vorwürfe gegen Palästina-Hilfswerk
UNRWA: Mehrere Länder stoppen Zahlungen, die Schweiz wartet ab

epaselect epa11107809 Internally displaced Palestinians at Rafah Camp, southern Gaza Strip, 27 January 2024. Since 07 October 2023, up to 1.9 million people, or more than 85 percent of the population, have been displaced throughout the Gaza Strip, some more than once, according to the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA), which added that most civilians in Gaza are in 'desperate need of humanitarian assistance and protection'.  EPA/HAITHAM IMAD
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Zuerst kamen die USA, dann entschloss sich gestern ein Staat nach dem anderen, dem Palästina-Hilfswerk UNRWA vorerst keine neuen Beiträge mehr zukommen zu lassen. Mit der Massnahme reagieren die Geberstaaten auf Erkenntnisse Israels, wonach zwölf UNRWA-Mitarbeitende sich am 7. Oktober an den Terrorangriffen beteiligten, bei denen 1200 Menschen getötet wurden. Die UNRWA-Spenden pausierten bis gestern neben den USA auch Kanada, das Vereinigte Königreich, Italien, Australien und Finnland.

Wie die Europäische Union hat sich die Schweiz bisher nicht zu einem Geldstopp entschlossen. Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bezeichnet die Vorwürfe in einer Mitteilung als «schwerwiegend» und erklärt sich «besorgt». Über die für 2024 vorgesehenen und noch nicht ausbezahlten Beiträge an die UNRWA werde erst entschieden, wenn mehr Informationen vorlägen, schrieb das EDA gestern auf Anfrage.

Mit dem jährlichen Basisbetrag von 20 Millionen Franken zählt die Schweiz zu den bedeutenden Geldgebern der Palästina-Organisation. 2022 spendete sie über 25 Millionen Dollar und lag damit auf Platz neun der Geberstaaten hinter den USA (345 Millionen Dollar), Deutschland (202), der EU (114), Schweden, Norwegen, Japan, Frankreich und Saudiarabien.

Schweizer Chef nennt Vorwürfe «schockierend»

Um die drohende Spendenlücke von bis zu 500 Millionen Dollar möglichst abzuwenden, hat der aus der Schweiz stammende UNRWA-Leiter Philippe Lazzarini die beschuldigten Mitarbeitenden umgehend entlassen und eine umfassende Untersuchung eingeleitet. In einer Mitteilung nennt Lazzarini die Anschuldigungen «schockierend». «Alle UNRWA-Angestellten, die bei Terrorhandlungen mitmachen, werden zur Verantwortung gezogen.»

Die Krise trifft die Hilfsorganisation in einem Moment, wo ihre Arbeit besonders dringend benötigt wird. Israels Krieg gegen die Hamas-Terrororganisation hat fast alle der zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens aus ihren Wohnhäusern vertrieben. Laut dem Welternährungsprogramm stehen fast 600’000 von ihnen vor katastrophalem Hunger. Wie die «New York Times» schreibt, könnte die Geldpause die Handlungsfähigkeit der UNRWA schnell beeinträchtigen, weil sie im Unterschied zu anderen UNO-Agenturen über keine strategische Finanzreserve verfüge.

In Gaza, wo sie zentrale staatliche Funktionen erfüllt, steht die UNRWA seit langem unter dem Verdacht, der Hamas allzu nahe zu stehen. In UNRWA-Schulen und -Spitälern wurden mehrfach Waffenlager entdeckt, und viele Lehrmittel an UNRWA-Schulen rufen zum Kampf gegen Israel auf. In der Schweiz wollten bürgerliche Parteien deshalb in der Wintersession UNRWA-Gelder kürzen. Die Bundesversammlung reduzierte am Ende das humanitäre Budget um zehn Millionen Franken – ohne konkret bei der UNRWA zu kürzen.

Nach den neuen Anschuldigungen könnte es schwierig werden, weitere Beitragszahlungen an die UNRWA zu leisten. «Die Schweiz muss sich überlegen, die UNRWA-Gelder zu sistieren», sagt Mitte-Ständerat Pirmin Bischof. Er halte es zum Beispiel für möglich, die Mittel ans IKRK umzuleiten.

Thomas Aeschi, Fraktionschef der SVP, fordert, dass kein Geld mehr ausbezahlt wird, solange die Fälle der Hamas-Kollaborateure nicht geklärt sind. «Sollten sie verurteilt werden, muss die Schweiz die Zahlungen zwingend einstellen.»

In den USA kommt es zum Hearing im Kongress

Ein rauer Wind bläst auch im US-Repräsentantenhaus. Die dort die Mehrheit bildenden Republikaner wollen am Dienstag ein Hearing über «die Mission und Fehlleistungen» der UNRWA abhalten und laut «Wall Street Journal» einen Bericht der Wächterorganisation UN Watch veröffentlichen. Er soll nachweisen, dass 3000 UNRWA-Lehrer in einer Telegram-Gruppe das Abschlachten von Israelis am 7. Oktober priesen. «Reisst sie in Stücke», schrieben sie, «tötet sie einen nach dem anderen», «lasst niemanden zurück».

Nachdem Ex-Präsident Donald Trump die US-Beiträge an die UNRWA bereits 2018 gestoppt hatte, wurden sie unter seinem Nachfolger Joe Biden 2021 wieder aufgenommen. Jetzt könnte die Pause der Zahlungen eine Weile dauern.