Beschuldigter teils geständigMann aus Luzern misshandelte 8 Kinder sexuell und bezahlte Eltern Zehntausende Franken
Ein 74-jähriger Schweizer musste sich am Dienstag vor dem Luzerner Kriminalgericht wegen mehrfachem Menschenhandel sowie mehrfachen sexuellen Handlungen an acht minderjährigen Knaben verantworten.
Ein 74-jähriger Schweizer hat sich am Dienstag vor dem Luzerner Kriminalgericht wegen Menschenhandels sowie mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern verantworten müssen. Der Mann ist teilweise geständig und zeigt sich willig, sich einer Therapie unterziehen zu lassen.
Er werde schlechter dargestellt, als er sei, sagte der 74-Jährige bei seiner letzten Wortmeldung. Die Staatsanwaltschaft habe vieles gesagt, was rechtens war. Gleichzeitig habe sie viele Vermutungen angestellt und Lügen erzählt. Beispielsweise hätte er die Jungen nicht, wie vorgeworfen, «zu sich bestellt». So etwas würde er nie tun, sagte der Beschuldigte zum Ende des Prozesses weiter.
Betreffend einer ausgebliebenen Entschuldigung meinte der Mann: «Muss ich mich etwa bei Ihnen entschuldigen? Oder denen, die hier zuhören? Ich habe keine Möglichkeiten, mich bei den Knaben zu entschuldigen.» Denn er habe weder eine Telefonnummer, noch eine Adresse.
Ein Junge war beim ersten Delikt neun Jahre alt, ein anderer elf
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren sowie eine ordentliche Verwahrung. Die Knaben – sieben davon Brüder – wurden im Zeitraum von 2015 bis 2022 mehrfach gegen ein Entgelt zum Beschuldigten nach Hause gebracht, wo er sie sexuell ausbeutete, wie aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hervorging.
Der Beschuldigte nahm mutmasslich sexuelle Handlungen an den Kindern vor, zwang sie, solche an ihm vorzunehmen und nötigte die Brüder zudem, die Handlungen aneinander vorzunehmen. Dabei filmte er die Opfer vielfach und stellte daraus pornografisches Material her.
Der Beschuldigte lernte die Eltern der Kinder über einen in der Anklageschrift erwähnten «Vermittler» kennen. Anschliessend begann er einzelne Kinder – die der deutschen Sprache nicht mächtig waren – jeweils für ein bis drei Wochen bei sich zu beherbergen. Ein Junge war beim ersten Delikt neun Jahre alt, ein anderer elf.
Über die Jahre soll der Beschuldigte mehrere zehntausend Franken an die finanziell schwach aufgestellte Familie aus der Slowakei ausbezahlt haben, wie es hiess. Er bestreitet jedoch, das Geld für die sexuellen Handlungen bezahlt zu haben. Viel mehr habe er die Familie unterstützen wollen.
Gemäss Anklageschrift sind alle ihm vorgeworfenen strafbaren Handlungen vorsätzlich geschehen. Der Beschuldigte kannte das Alter der Kinder und wusste, dass ihnen die Einwilligungsfähigkeit fehlte. Er manipulierte die Jungen und setzte sie mehrfach psychisch unter Druck.
Gutachter attestiert Beschuldigtem hohe Rückfallgefahr
Bei der Befragung zu Beginn des Prozesses gestand der Beschuldigte ein, mit zwei der acht Jungen sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. Er gab auch zu, dabei hin und wieder pornografisches Material «als Erinnerung» hergestellt zu haben. Den Vorwurf des Menschenhandels bestritt er.
Aus dem Prozess ging hervor, dass der Beschuldigte bereits 2006 wegen eines sexuellen Übergriffs auf zwei Jungen verurteilt worden war. Seither befand er sich in Therapie. Dort wurde nach Angaben des Beschuldigten versucht, seine homosexuelle Pädophilie auf erwachsene Männer zu verschieben.
Dies sei seiner Meinung nach teilweise gelungen. Denn einer der Jungen – damals elfjährig, mittlerweile im jungen Erwachsenenalter – sei sehr lange und freiwillig bei ihm gewesen. «Wir wären heute noch zusammen, davon bin ich überzeugt.» Er gestand, sich in ihn verliebt zu haben.
Hohe Rückfallgefahr attestiert
Der Beschuldigte zeigte sich willig, sich einer antiandrogenen Therapie zu unterziehen, wenn dafür die Chance besteht, freizukommen. Bei der Therapie werden mittels einer Spritze die männlichen Sexualhormone unterdrückt. Eine Rückfallgefahr bestehe bei ihm nicht, denn er sei körperlich und seelisch gar nicht mehr in der Lage.
Anders sah dies der Sachverständige. Dieser attestierte dem Beschuldigten eine hohe Rückfallgefahr. Auch hielt er eine antiandrogene Therapie zu diesem Zeitpunkt für nicht sinnvoll, da nicht absehbar sei, wann der Beschuldigte aus der Haft entlassen wird.
Da der Beschuldigte die Untersuchung durch den Sachverständigen verweigerte, musste dieser sein Gutachten auf die Akten gestützt erstellen. Er diagnostizierte neben der Pädophilie einen Verdacht auf dissoziale und narzisstische Persönlichkeitsmerkmale.
Der Sachverständige war auch der Ansicht, dass die zehnjährige Therapie, die der Beschuldigte erhalten habe, nicht fachgerecht durchgeführt worden sei. Dies, da die Persönlichkeitsmerkmale des Beschuldigten viel ausgeprägter seien als von dessen Therapeuten angegeben. Der Sachverständige geht davon aus, dass diese übersehen wurden, eventuell aufgrund einer fehlenden Distanz.
In seiner Replik sagte der Staatsanwalt, dass er sich dagegen wehre, sexuelle Handlungen mit Kindern nicht als Gewaltdelikte zu bezeichnen. Er betonte auch, dass laut Gutachter eine ambulante Massnahme nicht erfolgversprechend sei. Die Verwahrung sei die einzige Option. Das Urteil wird am 4. Dezember um 17 Uhr eröffnet.
SDA/sme
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