Olympischer GigantismusWenn von den Spielen fast nur Ruinen bleiben
Einst standen sie im Scheinwerferlicht des Weltsports, heute sind sie nur noch nutzlose Prestigebauten: Viele olympische Sportstätten veröden, wie folgende Beispiele zeigen.
Athen 2004 – Spiele am Anfang des Staatsbankrotts
Insgesamt wurden für diese Sommerspiele 23 Sportstätten errichtet. Die vorausgesagten Kosten beliefen sich auf rund 5 Milliarden, die tatsächlichen auf über 12 Milliarden Franken. Die Gesamtsumme entspricht rund sieben Prozent des damaligen griechischen Bruttoinlandprodukts.
Später fehlte das Geld, um den Unterhalt der Sportstätten zu gewährleisten. Die Beachvolleyballarena, Kostenpunkt wohl mehr als 15 Millionen Franken, entwickelte sich ebenso wie das Aquatic Center schnell zu einem Relikt aus einer anderen Zeit. Höchstens Liebhaber von Lost Places fanden daran später noch Gefallen. Andere Arenen, unter anderem das Dach des Olympiastadions, waren wegen des Zeitdrucks ohne Baubewilligung erstellt worden und durften deshalb schon kurz nach den Spielen teilweise nicht mehr benutzt werden.
Was die Anlagen genau kosteten, wurde öffentlich nie bekannt. Die Bevölkerung profitierte nur in marginalem Ausmass von den neuen Bauten. Eine der wenigen nachhaltigen Verbesserungen war die Aufwertung der Athener Bahninfrastruktur.
Turin 2006 – auf das Fest folgt die Schliessung
Fast 100 Millionen Franken soll die für Turin 2006 gebaute Bobbahn in Cesana gekostet haben. Aufgrund der hohen Betriebskosten wurde die Anlage fünf Jahre nach den Spielen stillgelegt. Gleich erging es der Skisprunganlage in Pragelato, Kostenpunkt: über 50 Millionen Franken. Dazu kam ein jährlicher Unterhalt von fast 2 Millionen – für eine verwaiste Schanze. Auch der für rund 40 Millionen Franken erbaute Biathlon-Schiessstand war nach den Spielen nicht mehr in Betrieb. Einzig die dazugehörige Loipe, erstellt für rund 32 Millionen Franken, kann von Freizeitsportlern benutzt werden. Nennenswerten Wettkampfsport gab es aber auch auf ihr nicht mehr.
Sotschi 2014 – was bleibt, sind Schulden in Milliardenhöhe
Winterspiele der Superlative wurden 2014 im russischen Sotschi ausgetragen – zumindest, was die Investitionen angeht. 50 Milliarden Dollar kostete die Infrastruktur. Eine kurz nach den Spielen erschienene Studie der Universität Zürich schätzte die Aufwendungen für Betrieb und Unterhalt der Anlagen auf über 400 Millionen Franken jährlich.
Die Region Krasnodar, in der sich Sotschi befindet, war bis vor den Spielen beinahe schuldenfrei. Knapp zwei Jahre später betrug die Schuldenlast auch wegen der Unterhaltsleistungen mehrere Milliarden Franken. Den Olympiapark versuchte man mit prestigeträchtigen Sportveranstaltungen wie dem alljährlichen Formel-1-Rennen aufzuwerten. Wie es nach dem Krieg und dem Ausbleiben von internationalen Sportveranstaltungen mit ihm weitergeht, ist offen.
Rio de Janeiro 2016 – vom Hotspot zur Geisterstadt
Auch in Rio waren die effektiven Aufwendungen einiges höher als die geplanten. So wurde ein Jahr nach Austragung bekannt, dass die Sommerspiele anstatt 8,5 Milliarden rund 13 Milliarden Franken kosteten. Das Defizit bezifferte das Organisationskomitee allerdings nur mit rund 33 Millionen Franken.
Für die Sportstätten wurden im Vorfeld vage Pläne zur Weiterbenutzung präsentiert, umsetzen liess sich später wenig. Dreieinhalb Jahre nach den Sommerspielen wurden alle Anlagen im Olympischen Park in Barra da Tijuca auf Anordnung des brasilianischen Bundesgerichts geschlossen. Die Sicherheit sei nicht mehr gewährleistet und die nötigen Genehmigungen der Stadtverwaltung fehlten. Im Olympischen Park befanden sich unter anderem das Tenniszentrum oder die Schwimmarena. Wie in Athen profitierte die Bevölkerung über die Spiele hinaus in erster Linie vom Ausbau des örtlichen Bahnnetzes.
Fehler gefunden?Jetzt melden.