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Italienischer Starfotograf
Benetton-Fotograf Oliviero Toscani 82-jährig gestorben

Italienischer Kreativdirektor Oliviero Toscani bei der Präsentation von ’Arte Generali’ der Versicherungsgesellschaft Generali in Mailand.
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Der bekannte Mode- und Werbefotograf Oliviero Toscani ist im Alter von 82 Jahren verstorben, wie seine Familie am Montag in einer Medienmitteilung bekannt gegeben hat. Toscani litt seit zwei Jahren an Amyloidose, einer seltenen Stoffwechselerkrankung.

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Toscani durch seine teils sehr kontroversen Werbekampagnen für das Modelabel Benetton, für das er ab Anfang der 1980er-Jahre arbeitete. So thematisierte er in seinen Kampagnen etwas die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen oder die Todesstrafe in den USA.

Für Furore sorgten seine Abbildungen eines Priesters und einer Nonne, im Kuss vereint, eines blutverschmierten Neugeborenen noch an der Nabelschnur oder eines Aids-Kranken auf dem Sterbebett. Auch Kondome in allen möglichen Farben waren auf seinen gefeierten Fotografien zu sehen.

Die Schweiz spielte eine entscheidende Rolle in seiner künstlerischen Laufbahn: 1965 schloss er die Kunstgewerbeschule in Zürich ab. Die in diesen Jahren entstandenen Arbeiten wurden vor einigen Jahren in einer Ausstellung in Chiasso präsentiert.

Der Präsident der Toskana, in der Toscani zuletzt lebte, würdigte den Fotografen als «Meister der Fotografie und Freigeist». «Sein Genie wird uns weiterhin inspirieren», schrieb Eugenio Giani in den sozialen Medien.

Werbung aus Todestrakt war selbst Benetton zu viel

Aus heutiger Sicht kann man sich fragen, warum damals so viel Skandal um Toscanis Bilder entstand. Aber Toscani gewann mit seinen Werbemotiven den Kampf um Aufmerksamkeit fast jedes Mal.

«Jeder kann sich ein Bild anschauen», sagte er. «Aber mancher erträgt die Emotionen nicht, die es auslöst.» Kurz nach der Jahrtausendwende übertrieb es Toscani allerdings selbst für seinen Arbeitgeber mit der Provokation. Nachdem er für eine neue Kampagne in US-Gefängnissen zum Tode verurteilte Häftlinge in fast schon heiliger Pose fotografiert hatte, nahmen Filialen in den USA die Strickware aus dem Sortiment. Benetton setzte ihn vor die Tür.

Später arbeitete man kurz nochmals zusammen, aber dann war Schluss. Seit einigen Jahren galt der Mann, dessen Markenzeichen bunte Brillen waren, aber längst wieder als rehabilitiert. Das hat auch mit gesellschaftlichen Veränderungen zu tun: Heute wären die meisten seiner Fotos kaum noch grössere Aufregung wert. Die letzten Jahre hatte Toscani bereits mehrere Ausstellungen in Museen.

Prägende Jahre in New York

Im Museum für Gestaltung in Zürich lief bis vor kurzem eine Werkschau über sein Lebenswerk. Toscani war nach der Schule nicht lange in Italien geblieben. Der erste Preis für eine Schwarz-Weiss-Studie über den Zürcher Flughafen brachte ihn Mitte der 60er Jahre nach New York, wo er sich im Kreis um Pop-Art-Künstler Andy Warhol (1928-1987) bewegte. Es war die grosse Zeit von Disco, Schwulenbewegung und schwarzer Subkultur. So erschliesst sich einiges.

Die letzten Jahre verbrachte Toscani wieder in seiner italienischen Heimat. Im Sommer 2023 wurde bei ihm dann Amyloidose diagnostiziert, was er selbst so erläuterte: «Praktisch lagern sich Proteine an bestimmten lebenswichtigen Punkten ab und blockieren den Körper. Und man stirbt. Es gibt keine Heilung.»

Innerhalb weniger Monate nahm er 40 Kilogramm ab. «Nicht einmal mehr Wein kann ich trinken», klagte er. «Mein Geschmackssinn hat sich durch die Medikamente verändert.»

Hinzu kamen eine Lungenentzündung und eine Covid-19-Erkrankung. «Ich glaube, ich war für ein paar Minuten auch tot. Ich erinnere mich an ein abstraktes Etwas mit etwas psychedelischen Farben.» Seine Antwort auf die Frage nach dem Sterben: «Nein, ich habe keine Angst. Solange es nicht wehtut. Ausserdem habe ich zu viel und zu gut gelebt.» Er hinterlässt eine Frau und sechs Kinder.

DPA/sme