Riesenerfolg an der Ski-WMEs läuft «Alperose» und «Vogellisi» und selbst Odermatt feiert mit: Der totale Schweizer Triumph
Gold, Silber, Bronze: Die Teamkombination ist fest in Schweizer Händen. Franjo von Allmen und Loïc Meillard siegen vor den Duos Monney/Nef und Rogentin/Rochat.

Der DJ muss tief in die Musikkiste greifen. «Alperose» von Polo Hofer hat er schon über die Lautsprecher gejagt und «Vogellisi» gleich hinterher. Und als die Siegerehrung längst durch ist, da kramt er für das johlende Publikum, das übrig geblieben ist, auch noch «Kiosk» von Rumpelstilz hervor.
Man wähnt sich an diesem Mittwochnachmittag musikalisch in einer Après-Ski-Beiz im Berner Oberland, dabei ist die Umgebung so ganz anders. Es ist der Zielraum von Saalbach-Hinterglemm, Salzburgerland, Österreich, und an diesem Tag: eine einzige Schweizer Festhütte.
Die Teamkombination der Männer ist gefahren, ein Wettbewerb, über den sich die Geister scheiden: tolle Zusatzdisziplin oder unnötiger Gugus? Die Schweizer braucht die Diskussion an diesem Tag nicht zu kümmern. Nachdem das Podest mit grosser Sorgfalt aufgebaut worden ist auf dem Gelände vor den Tribünen, reiht sich dort ein Rot gekleideter Athlet an den anderen, bis sechs Stück darauf stehen. Abwechselnd einer mit einem geschorenen Schädel neben einem mit vollem Haar, ein Abfahrer neben einem Slalom-Spezialisten.
Die Speed-Athleten haben nach dem Triumph von Franjo von Allmen und Rang 3 von Alexis Monney in der Abfahrt am Sonntag Haare gelassen, die Betreuer, die nun an der Absperrung daneben stehen und in den Himmel juchzen, sehen aus, als würden sie gerade von der Grenadier-RS in Isone zurückkehren, kaum einer hat noch ein Haar auf seinem Kopf.
So also jubeln sie den sechs jungen Männern zu, die für einen wunderbaren Moment Schweizer Ski-Geschichte sorgen: Sie feiern einen Dreifachsieg, Gold für das Duo Franjo von Allmen/Loïc Meillard, Silber für Alexis Monney und Tanguy Nef, Bronze für Stefan Rogentin und Marc Rochat. 1987, an der Fabel-WM daheim in Crans-Montana, siegte in der Abfahrt Peter Müller vor Pirmin Zurbriggen und Karl Alpiger. Und 1931, es ist schon fast ein Jahrhundert her, da standen auf dem Abfahrtspodest in Mürren Walter Prager, Otto Furrer und Willi Steuri nebeneinander. Es war die erste WM der Alpinen überhaupt. Sonst wurden noch nie an einer Ski-Weltmeisterschaft drei Schweizer Flaggen gehisst.
Selbst Odermatt bibbert und feiert mit
Nun also gibt es diesen totalen Triumph ausgerechnet in Österreich, beim ewigen Ski-Gegner. Die Szenen, die sich danach abspielen, passen so perfekt zum Bild, das die Schweizer an dieser WM bislang abgegeben haben. Da stehen nicht nur die Medaillengewinner vor den vielen Fotografen, sondern stürmen sie alle den Zielraum, Daniel Yule und Justin Murisier, die einzigen beiden Schweizer, die leer ausgehen an diesem Mittwoch, weil Yule eingefädelt hat im Slalom.
Und selbst Marco Odermatt ist da, der auf den Event verzichtet hat, weil er am Morgen trainieren wollte. Am Nachmittag lässt es sich der Nidwaldner eben doch nicht nehmen, im Ziel mit seinen Abfahrtskollegen im Ziel mitzubibbern und die Slalomfahrer anzufeuern. Es ist dieser Zusammenhalt, der die Schweizer ausmacht, den sie zelebrieren und leben.
Später, als es um die Gruppenbilder geht, steht Odermatt eher unbeholfen neben der rot-weissen Traube, er möchte seinen Kollegen in dem Moment des Triumphs ja nicht die Aufmerksamkeit nehmen.
Als Loïc Meillard zum Gespräch kommt, ist der ruhige Romand so emotional wie selten. «Es war mehr Stress als bei anderen Rennen», sagt der 28-Jährige nach seiner Slalomfahrt, mit der er das nach der Abfahrt führende Duo Monney/Nef noch abgefangen hat. «Es war schön, einmal für jemand anderen Gas zu geben. Der heutige Tag wird in all unseren Köpfen bleiben – ein Leben lang. Solche Emotionen mit einer ganzen Mannschaft erlebt man nicht jeden Tag.» Allein der emotionale Wert dieser Goldmedaille sei daher kaum hoch genug einzuschätzen, sagt der begnadete Techniker.
Von Allmen leidet im Ziel
Sein Kompagnon von Allmen, der Abfahrtsweltmeister, der am Morgen nur zwei Hundertstel eingebüsst hat auf Monney, den Schnellsten, sagt: «Ich sollte nicht zu oft an einem solchen Wettkampf teilnehmen. Zuschauen zu müssen, ist viel schlimmer, als selbst am Start zu stehen. Ich hätte nicht in Loïcs Haut stecken wollen.»
Meillard aber hat wieder einmal bewiesen, warum er in der Szene Skilehrer genannt wird: Weil er sich dermassen sicher und ohne Wackler durch die Stangen schwingen kann, selbst wenn die Piste schon ordentliche Schläge aufweist wie an diesem eher milden Wintertag. Er nutzt die Vorlage von Allmens perfekt.
Für den Berner Oberländer sind es verrückte Tage, die er im Salzburgerland erlebt. Nach seinem Triumph in der Königsdisziplin am Sonntag habe er Party gemacht, «den Kopf zu lüften, gehört auch dazu», sagt er. «Es war dann nicht einfach, im richtigen Moment wieder die Spannung aufzubauen und sich zu fokussieren.» Es gelang von Allmen, der sich nun, mit seinen erst 23 Jahren, Doppelweltmeister nennen darf.
Auch für Monney ist es eine Fortsetzung der Festspiele nach Abfahrts-Bronze. «Ich habe nur einen Drittel zu dieser Silbermedaille beigetragen», sagt der Freiburger, «schliesslich kann im Slalom alles passieren, es war nicht einfach für Tanguy.» Nef behält die Nerven und erlebt eine Premiere: Noch nie stand der Genfer auf einem Podest, weder an einer WM noch im Weltcup. «Als ich als Letzter startete, war der Druck schon nicht mehr so gross, weil zwei Schweizer Duos vorne lagen», sagt Nef.
Unter ihnen auch sie: Stefan Rogentin und Marc Rochat, die letztlich den Sprung von Rang 8 zu Bronze schaffen. «Rogentin hat perfekt vorgelegt. Der Achtplatzierte fährt direkt nach der Werbeunterbrechung, da haben einige Rutscher die Unebenheiten beseitigt. Es waren genau meine Verhältnisse», sagt Rochat. Ob er sich nun auch seine vielen Locken abrasieren lasse wie die Abfahrer, wird Rochat noch gefragt, der ebenfalls noch nie auf einem Podest stand. «Wenn ich das mache, muss ich mir für den Slalom am Sonntag einen neuen Helm besorgen», sagt der Lausanner und lacht. Die Laune könnte in dieser Schweizer Mannschaft derzeit besser nicht sein.
16 – Filippo della Vite (ITA)
Nun das Vater-Sohn-Duo Innerhofer/della Vite. Nein, die zwei sind nicht verwandt, aber sie vertreten hier zwei Generationen mit Jahrgängen 1984 und 2001.
Innerhofer war 45 Hundertstel schneller als Strassers Teamkollege Jocher, mit diesem Vorsprung darf della Vite hier antreten. Aber: Er kommt nicht weit, Einfädler. Italien 4 ist ausgeschieden.
15 – Victor Muffat--Jeandet (FRA)
Sie bilden hier den Abschluss der ersten Hälfte, die Franzosen mit Victor Muffat-Jeandet und Mathieu Bailet. Bailet legte vor in der Abfahrt, nun ist es am Routinier. Der Vorsprung auf Deutschland ist rasch weg, aber er hält den Schaden auch in Grenzen. Zwischenrang 2 für die Franzosen!
14 – Dominik Raschner (AUT)
Und weiter gehts mit Österreicher. Es ist Team 4 unserer Nachbarn und für dieses startet im Slalom Dominik Raschner. Einige Wackler hat er drin in seiner Fahrt, entsprechend verliert er etwas Zeit. Und dann auch noch der Einfädler! Drei Teams sind ausgeschieden, einmal Finnland, zweimal Österreich.
13 – Linus Strasser (GER)
Das ist vom Namen her schon in der Liga von Jakobsen oder sogar noch eine höher. Wir sind gespannt, ob Jakobsen diesmal verdrängt wird. Auch Strasser verliert laufend Zeit, aber das wird wohl reichen. So ist es, Team Deutschland geht hin Führung, 63 Hundertstel Vorsprung fährt Strasser heraus. Es ist dies übrigens das einzige deutsche Team am Start.
12 – Eduard Hallberg (FIN)
Grossartig, ein Übersetzungsprogramm dolmetscht hier die Funksprüche. Bei den Finnen steht dann am Start: «The Rats are coming.» Geheimsprache oder Übersetzungsmalheur? Wir wissen es nicht. Was wir wissen. Eduard Hallberg, der Teamkollege von Elian Lehto, scheidet hier aus.
11 – Paco Rassat (FRA)
Die Namen werden langsamer grösser, aber die der Schweizer kommen noch nicht gleich an die Reihe. Wir sind bei Frankreich 3, Nils Alphand bestritt die Abfahrt, er hat wohl mehr erwartet. Paco Rassat muss einiges gutmachen.
Auch er verliert früh einen Grossteil des Vorsprungs, den Alphand gegenüber Monsen hatte. Bei der dritten Zwischenzeit ist alles weg, das ist verblüffend. Am Ende ist auch Rassat langsamer als Tormis Laine, der Este auf Rang 2. Rassat führt Frankreich 3 auf Zwischenrang 3.
10 – Marco Schwarz (AUT)
Jetzt eine richtige Probe für Jakobsens Zeit. Österreich 3 startet und Österreich 3 kommt mit Marco Schwarz. Das ist eine ziemliche Ansage. Fast zwei Sekunden Vorsprung darf Schwarz mitnehmen, herausgefahren von Kollege Stefan Babinsky.
Erstaunlich: Er verliert fast den ganzen Vorsprung und dann rutscht er weg! Stille im Zielraum, Österreich 3 ist kurz vor dem Ziel gescheitert.
9 – Miha Oserban (SLO)
Die Slowenen schafften es mit Nejc Naralocnik relativ deutlich in diesen zweiten Lauf. Und sie sind ja auch eine grosse Skination mit Fahrern wie Miha Hrobat oder Zan Kranjec. Diesmal aber tritt Miha Oserban an, ein Athlet mit Jahrgang 2006. Auch er ist chancenlos gegen Jakobsen, aber er kommt ins Ziel. Zwei Sekunden Rückstand, Rang 5.
8 – Erik Read (CAN)
Und hier könnten wir eigentlich das genau gleiche schreiben. Brodie Seger enttäuschte wie Bennett, nun ist es an Erik Read, das Resultat gerade zu biegen. Da er fast der einzige kanadische Slalomfahrer ist, der sich im Weltcup bewegt, sind die Kanadier hier nur mit einem Team vertreten, trotz Fahrern wie Alexander und Crawford im Speed. Read fährt auf Zwischenrang 4.
7 – Jett Seymour (USA)
Er hätte sich wohl eine bessere Ausgangslage gewünscht, aber Kollege Bryce Bennett enttäuschte in der Abfahrt. Das muss Jett Seymor jetzt aufholen, er startet immerhin mit 1,31 Sekunden Vorsprung auf Jakobsen, aber dieses Polster ist schnell weg. Seymour ist noch langsamer als der Este Laine, Rang 3.
6 – Benjamin Szollos (ISR)
Er bildet ein Team mit Bruder Barnabas. Die zwei sind Ungarn, starten aber für Israel. Mit Jakobsen können die Fahrer in diesen Regionen der Rangliste selbstredend nicht mithalten, der Schwede gehört zur Weltspitze in dieser Disziplin. Heisst für Szollos: Dreieinhalb Sekunden Rückstand.
5 – Tormis Laine (EST)
Ein Funkspruch der Amerikaner sorgt für etwas Unruhe, die Piste droht zu brechen. Das kann natürlich heissen, dass der Lauf immer schwieriger wird, von Fahrer zu Fahrer. Und dann am schwierigsten ist, wenn Tanguy Nef startet.
Wir sind aber noch nicht ganz da, sondern bei Tormis Laine, einem schnellen Esten, der hier überraschend gut mithält mit Jakobsen. 95 Hundertstel Rückstand, Rang 2.
4 – Kristoffer Jakobsen (SWE)
Jetzt kommt einer der weltbesten Slalomfahrer. Und er kommt schon jetzt, weil Kollege Felix Monsen in der Abfahrt nach guter Zwischenzeit beinahe ausschied und am Ende fast fünf Sekunden verlor. Auch das ist halt eine Eigenheit dieser Kombination. Jakobsen tut sein Bestes und das ist richtig gut, starker Auftritt. Er nimmt den anderen mal schnell dreieinhalb Sekunden ab. Aber ich wage zu behaupten: Monsens Malheur wiegt zu schwer.
3 – Joaquim Salarich (ESP)
Ich würde sagen, das ist der erste einigermassen grosse Name: Joaquim Salarich, der Spanier, dessen Kollege Mintegui auf Rang 28 der Abfahrt fuhr. Salarich, der im Weltcup schon das eine oder andere Mal aufhorchen liess, verliert überraschend viel Zeit auf No-Name Muller. Zwischenrang 3 für die Spanier.
2 – Marek Muller (CZE)
Was für die Slowaken gilt, gilt auch für dieses tschechische Team. «Dieses», weil die Tschechen gleich mit drei Teams antreten, jenes mit Muller und Forejtek war das zweitschnellste. Muller liefert sich ein enges Duell mit Novacek und darf jubeln, Tschechien 3 führt dieses Rennen an.
1 – Adam Novacek (SVK)
Den Anfang macht das einzige slowakische Team mit Adam Novacek. Die Prognose sei gewagt: Die Slowaken fahren heute nicht um die Medaillen mit. Fast fünf Sekunden verlor Novaceks Teamkollege Prielozny im ersten Durchgang auf Alexis Monney. Novacek kommt ins Ziel, kombinierte Zeit: 2:47,79.
Da sind wir wieder!
So, jetzt kommt es zum Grande Finale hier in Saalbach. «Die Hälfte des Jobs ist gemacht, aber ich habe nichts gemacht», sagt Tanguy Nef – und bringt damit die Eigenheiten dieses neuen Formats auf den Punkt. Denn Nef führt, diese Führung aber hat sein Kollege Alexis Monney herausgefahren. Nef wird also diesen Slalom als Letzter in Angriff nehmen, unmittelbar nach Loïc Meillard, dessen Teamkollege Franjo von Allmen Zweitschnellster war in der Abfahrt.

Zusammenfassung der Abfahrt
Einzig Marco Odermatt fehlt. Aber ansonsten tritt die Schweizer Delegation bei dieser Team-Kombination wie schon bei den Frauen in sehr guter Besetzung an. Der Abfahrtsweltmeister? Dabei. Der Bronze-Gewinner? Ebenfalls. Und der Dritte der aktuellen Gesamtwertung im Weltcup? Natürlich da.
Franjo von Allmen, Alexis Monney und Loïc Meillard, sie sind die ganz grossen Schweizer Figuren in diesem Event, der dieses Jahr erstmals ausgetragen wird. Von Allmen und Meillard treten dabei gleich als Team auf, Monney spannt mit Tanguy Nef zusammen.
Und als der erste Teil dieser Kombination, die Abfahrt, durch ist, wissen Meillard und Nef: Sie fahren am Nachmittag im Slalom (ab 13.15 Uhr) um die Medaillen. Am Morgen setzt sich Monney mit einer hervorragenden Fahrt an die Spitze. Es ist eine Fahrt, an die nur einer herankommt: von Allmen, zwei Hundertstel verliert er auf seinen Kollegen.
Auf Rang 3 folgt Dominik Paris, der mit Alex Vinatzer ein gefährliches italienisches Team bildet. Und dann kommt lange nichts, Daniel Hemetsberger auf Rang 4 verliert bereits 95 Hundertstel auf Monney. Dafür folgt danach ein Paket von zehn Athleten innerhalb von vier Zehnteln.
Zu diesem Paket gehören auch die weiteren Schweizer Stefan Rogentin und Justin Murisier, die mit Marc Rochat und Daniel Yule antreten. Genauso Vincent Kriechmayr, der Silber-Gewinner der Abfahrt, der sich Manuel Feller ausgesucht hat.
Die Premiere in dieser neuen Kombination zeigte, dass diese Teams noch nicht ganz geschlagen sind. Bei den Frauen lagen die Schweizerinnen am Dienstag nach Halbzeit bloss auf Rang 12, danach fuhr Wendy Holdener für sich selbst und Lara Gut-Behrami mit Laufbestzeit im Slalom Silber heraus.

Pause!
Und das wars für den Moment von uns. Mit dem Israeli Barnabas Szollos, der auf Rang 25 fährt, verabschieden wir uns. in Kürze finden Sie hier eine Zusammenfassung des ersten Teils dieser Team-Kombination. Bis dahin: Besten Dank fürs Dabeisein und Mitlesen!
30 – Frederik Moeller (NOR)
So, ihn nehmen wir noch mit, denn von diesem Team können wir schon etwas erwarten: Frederik Moeller, der in dieser Saison ja schon einen Super-G gewonnen hat, greift an, Teamkollege Atle McGrath schaut zu.
Oben verliert er etwas gar viel Zeit, dann aber lässt er diesen nicht mehr massiv anwachsen.
Dann aber rutscht er weg! Sehr bitter für die Norweger, das hätte tatsächlich noch was werden können, aber hier hat selbst ein McGrath keine Chance mehr. Über sechs Sekunden Rückstand für Moeller.
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