Knappes Angebot und hohe RohstoffpreiseKünstliche Intelligenz – folgt auf den Boom die Blase?
Die Technologie erlebt eine Blüte, angetrieben von Entwicklern wie Google und Open AI. Der Hype greift nun auf nachgelagerte Branchen über, was nicht ohne Folgen bleiben dürfte.
Der US-Chiphersteller Nvidia ist wegen seiner Grafikkarten für Spielecomputer und Konsolen vor allem in der Gemeinschaft der Videospieler ein Begriff. Doch nun erlangt das Unternehmen in einer breiteren Öffentlichkeit Bekanntheit. Es hat den Boom mit künstlicher Intelligenz (KI) frühzeitig erkannt und stellt auch leistungsfähige Grafikprozessoren her, welche diese neue Technologie überhaupt zum Laufen bringen.
Mit Erfolg: Nvidia gab am Mittwoch einen Umsatz von 26 Milliarden Dollar für das abgelaufene Quartal (per Ende April) bekannt. Das bedeutet ein Plus von 262 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Angetrieben hat das Wachstum die steigende Nachfrage nach KI-Chips.
Die Aktie befindet sich auf einem Höhenflug; der Börsenwert des Unternehmens liegt bei über zwei Billionen Dollar.
Das Beispiel von Nvidia zeigt, dass es beim aktuellen Aufschwung dank KI nicht mehr nur um verbesserte Dialogroboter wie Chat-GPT von Open AI und Gemini von Google geht, die privat oder beruflich zum Einsatz kommen. Der Boom erfasst zunehmend nachgelagerte Wirtschaftszweige wie Technologiefirmen, Anbieter von Cloud-Diensten sowie Lieferanten von Rohstoffen.
Unternehmen wie Facebook, Google und Amazon Web Services setzen KI ein, um ihre Angebote zu verbessern und effizienter zu geschäften. Kupfer wiederum ist ein wichtiger Bestandteil, um KI-fähige Rechenzentren zu verdrahten. Mit dem Aufkommen von KI sagen Analysten diesem Rohstoff eine ähnliche Bedeutung voraus, wie sie heute Öl hat.
Wie bei jedem Boom drängt sich die Frage auf, inwiefern dieser nachhaltig ist oder sich zu einer Blase entwickelt, die platzen kann. Anbei zeigen wir auf, welche möglichen Nebenwirkungen bei der KI-Blüte zu bedenken sind:
Nachfrage nach Chips übersteigt Angebot
Nvidia-Chef Jensen Huang rechnet damit, dass seine Firma Opfer des eigenen Erfolgs wird. Ein Grund ist, dass Nvidia eine neue Generation von KI-Systemen angekündigt hat. Huang sagte am Mittwoch gegenüber dem Onlineportal «Yahoo Finance», dass die Nachfrage nach dem neuen und dem alten Chip «das Angebot bis weit in das nächste Jahr hinein übersteigen» werde.
Dabei stelle die Komplexität der neuen Systeme eine besondere Herausforderung dar, um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. «Jede Komponente, jeder Teil unserer Plattform ist der komplexeste Computer, den die Welt je gebaut hat», so Huang. «Und so ist es nur logisch, dass fast alles an seine Grenzen stösst.»
Abnehmer von Chips warten zu
Der Cloud-Dienstleister Amazon Web Services als bedeutender Abnehmer von Nvidia hat einige seiner geplanten Bestellungen geändert. Dies, um auf den neuen Superchip zu warten, anstatt dessen Vorgänger zu verwenden. Das berichten die Nachrichtenagentur Reuters sowie die Wirtschaftszeitung «Financial Times».
Zuvor stellten die Analysten der UBS fest, dass einige Investoren über den Übergang von alten zum neuen Chip beunruhigt seien.
Citi-Analysten hielten fest, dass einige Investoren sich auf einen «potenziellen Dämpfer bei der KI-Nachfrage im zweiten Halbjahr 2024» einstellten. Sie befürchten, dass sich einige Kunden dafür entscheiden, auf den neuen Chip zu warten. Das könne sich negativ auf die Verkaufszahlen von Nvidia auswirken.
Preis für Kupfer steigt
Gemäss dem Rohstoffhändler Trafigura wird der KI-Boom die Nachfrage nach Kupfer massiv erhöhen. An einem Branchentreffen vom April in Lausanne sagte Saad Rahim, Chefökonom bei Trafigura: Der Bedarf an Rechenzentren und künstlicher Intelligenz seien Faktoren, welche die Analysten in ihren Prognosen noch nicht berücksichtigt hätten.
Das könnte die Kupfernachfrage bis 2030 um eine weitere Million Tonnen erhöhen. Weiter sagte Rahim: «Schauen Sie sich auf den Rohstoffmärkten um, bei Öl sind wir bei 90 Dollar pro Barrel, bei Kupfer sind wir fast bei 9500 Dollar pro Tonne. Das sagt etwas über das globale Wachstum aus.»
Während die Nachfrage nach Kupfer steigt, bleibt das Angebot jedoch knapp. Bis 2025 dürften 100’000 Tonnen Kupfer fehlen, um die weltweite Nachfrage befriedigen zu können.
Renommierte Branchenkenner wie Jeff Currie von der Investmentfirma Carlyle machen darauf aufmerksam, dass es 12 bis 26 Jahre dauere, um neue Kupferminen in Betrieb zu nehmen.
Diese Ausgangslage dürfte die Preise auf 15’000 Dollar pro Tonne steigen lassen, prognostiziert Currie. Die Kupferpreise befinden sich aktuell auf einem Rekordhoch. Gegenüber den Tiefstständen der Pandemiezeit Anfang 2020 haben sie sich mehr als verdoppelt.
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