Konferenz EU-FinanzministerNord und Süd suchen Kompromiss
Eurogruppenchef Mário Centeno will mit einem «Sicherheitsnetz» im Umfang von einer halben Billion Euro für den Wiederaufbau nach der Pandemie den Streit um Corona-Bonds entschärfen.
Der Eurogruppenchef und portugiesische Finanzminister Mário Centeno sprach von einem «Sicherheitsnetz» im Wert von einer halben Billion Euro. Das ist der Umfang der Hilfen gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, die der Portugiese seinen Amtskollegen aus den Euroländern am Dienstag präsentierte. Weil der Kompromissvorschlag bis zuletzt umstritten war, konnte die am Nachmittag geplante Videokonferenz erst mit Verspätung beginnen und musste am Abend kurz unterbrochen werden.
Auf dem Tisch liege «das umfangreichste und ehrgeizigste Paket, das jemals von der Eurogruppe vorbereitet wurde», erklärte Centeno zum Auftakt. Darüber hinaus nötig sei aber ein Erholungsplan, um nach der Rezession durch die Corona-Pandemie wieder auf die Beine zu kommen. Vorneweg: Die umstrittenen Corona-Bonds gehören zumindest vorerst nicht zu den vorgesehenen Instrumenten.
Insbesondere die Regierungen der Niederlande, Deutschlands, Österreichs und Finnlands sind bisher entschieden gegen gemeinsame Schuldscheine, wie sie von Italien und Spanien ähnlich dezidiert gefordert werden. Der Kompromissvorschlag ist ein Paket von drei anderen Instrumenten. So soll der Eurorettungsfonds (ESM) den Mitgliedsstaaten Darlehen in der Höhe von bis zu 240 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) könnte notdürftige Firmen mit weiteren 200 Milliarden Euro unterstützen.
«Zeichen der Solidarität»
Teil des Pakets ist auch ein Vorschlag der EU-Kommission, Kurzarbeit in den Mitgliedsstaaten mit bis zu 100 Milliarden Euro zu kofinanzieren. Das Paket ist ein Versuch, im Glaubenskrieg zwischen Nord- und Südeuropäern um Corona-Bonds zu beruhigen. Die drei Instrumente seien «ganz deutliche Zeichen der Solidarität», sagte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz. Und betonte, dass die Kredite des ESM anders als während der Eurokrise ohne die strengen Auflagen ausgezahlt werden könnten. Deutschland wolle keine Reformauflagen zur Bedingung machen: «Es geht ganz konkret und ausschliesslich darum, dass wir Hilfe leisten, wo sie jetzt notwendig ist.» Experten wie der ESM-Chef Klaus Regling weisen zudem darauf hin, dass Corona-Bonds eine Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahre bräuchten. Die Mittel des Eurorettungsfonds sei hingegen sofort abrufbar.
«Wir alle wissen, dass dies nicht die Zeit für Business-as-usual-Politik ist», sagte Eurogruppenchef Centeno. Europa müsse den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass es sie schütze. Ein Indiz, dass auch für den Portugiesen die Diskussion über Corona-Bonds nicht abgeschlossen ist. Das Thema dürfte in den nächsten Tagen die Staats- und Regierungschefs der EU an einem Videogipfel wieder beschäftigen. Beim letzten Rendezvous hatten sich im Streit um gemeinsame Schuldtitel tiefe Gräben zwischen Nord- und Südeuropäern aufgetan.
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