Nobelpreis für Medizin 2023Sie ermöglichten die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19
Katalin Karikó und Drew Weissman werden mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Ihre Entdeckung führte zu den wirksamen Corona-Impfstoffen.

Für ihre grundlegenden Arbeiten zu mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 erhalten in diesem Jahr die in Ungarn geborene Forscherin Katalin Karikó und der US-Amerikaner Drew Weissman den Nobelpreis für Medizin. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit.
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«Durch ihre bahnbrechenden Resultate, die unser Verständnis davon, wie mRNA mit dem menschlichen Immunsystem interagiert, grundlegend verändert haben, trugen die Preisträger zu dem beispiellosen Tempo der Impfstoffentwicklung während einer der grössten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in moderner Zeit bei», hiess es vom Nobelkomitee.
Die beeindruckende Flexibilität und Geschwindigkeit, mit der mRNA-Impfstoffe entwickelt werden könnten, ebne den Weg für die Nutzung der neuen Plattform auch für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten. «In Zukunft könnte die Technologie auch zur Verabreichung therapeutischer Proteine und zur Behandlung bestimmter Krebsarten eingesetzt werden.»
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«Mehrere andere Impfstoffe gegen Sars-CoV-2, die auf unterschiedlichen Methoden basieren, wurden ebenfalls rasch eingeführt, und insgesamt wurden weltweit mehr als 13 Milliarden Covid-19-Impfdosen verabreicht», so das Komitee. «Die Impfstoffe haben Millionen von Menschen das Leben gerettet und bei vielen weiteren schwere Erkrankungen verhindert, so dass sich die Gesellschaften öffnen und zu normalen Bedingungen zurückkehren konnten.»
Katalin Karikó, 1955 in Ungarn geboren, arbeitet derzeit an den Universitäten Pennsylvania/USA und Szeged/Ungarn, Drew Weissman (64) an der Universität Pennsylvania/USA.
Technik seit Ende 1980er in Entwicklung
Die Corona-Impfstoffe des Mainzer Unternehmens Biontech und des US-Konzerns Moderna waren die ersten zwei mRNA-Produkte, die auf den Markt kamen. An der Technik bastelten Forscher jedoch schon vor mehr als 30 Jahren. Bereits Ende der 1980er Jahre schleusten drei Wissenschaftler – Robert Malone, Phil Felgner und Inder Verma – mRNA mit Hilfe von Fetttröpfchen in angezüchtete Zellen ein und brachten diese dazu, das gewünschte Protein herzustellen.

Doch bald keimte die Gentechnik auf, in die viele Fördermittel flossen. Die damals in Ungarn forschende Katalin Karikó glaubte jedoch weiterhin an den Nutzen der mRNA für die Medizin. Sie blieb dem Molekül auch treu, als sie 1985 in die USA emigrierte.
Aus Mangel an Fördergeldern forschte Karikó im Labor zunächst weitgehend auf sich allein gestellt, ab 1998 auch mit Drew Weissman. Der entscheidende Durchbruch gelang dem Forschungsduo, als es einen Baustein der mRNA austauschte und die mRNA daraufhin nicht mehr in der Zelle abgebaut wurde. Die Versuchsmäuse produzierten das gewünschte Protein.
Karikó war von 2013 bis 2022 bei Biontech
Trotz weiterer Tiefschläge setzte Karikó ihren Weg fort und traf 2013 Ugur Sahin, der mit seiner Frau Özlem Türeci Biontech gegründet hatte. Er habe ihr noch am selben Tag einen Job angeboten, sagte Karikó der «New York Times». Nach jahrelanger Zusammenarbeit hat sie das Unternehmen verlassen und ist seit Anfang Oktober 2022 nur noch dessen Beraterin.
Mit der mRNA sei eine neue Substanzklasse für die Medizin verfügbar, sagte der Präsident des für Impfstoffe und Biomedizin zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die mRNA in den Impfstoffen ist der Bauplan für ein Virusprotein. Dieses wird in einigen wenigen Körperzellen des Geimpften hergestellt. Das Immunsystem richtet sich dann gegen dieses Protein.

Als mögliche künftige Einsatzgebiete für mRNA sieht PEI-Präsident Cichutek unter anderem weitere präventive Impfstoffe wie etwa gegen Grippe, sowie Therapien gegen Krebs und Rheuma.
Nach Angaben des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller waren bis September 2023 weltweit fünf mRNA-Impstoffe gegen Covid-19 im Einsatz. Recht weit ist die Entwicklung demnach auch bei entsprechenden Impfstoffen gegen Grippe und gegen Zytomegalieviren, die zu den Herpesviren gehören.
Preisträger erhalten fast eine Million Franken
Mit der Bekanntgabe der Preisträger in der Kategorie Medizin hat in Stockholm die Verkündung der diesjährigen Nobelpreise begonnen. Am Dienstag und Mittwoch folgen die Preisträger für Physik und Chemie, am Donnerstag für Literatur und am Freitag für den Friedensnobelpreis. Am darauffolgenden Montag bildet die Bekanntgabe des Preisträgers für Wirtschaftswissenschaften den Abschluss.
Jeder Preis ist mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund 920'000 Franken) dotiert. Die feierliche Vergabe aller Auszeichnungen findet traditionsgemäss am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.
Neun Schweizer erhielten bisher Medizin-Nobelpreis
Der Nobelpreis für Medizin 2022 ging an den den Schweden Svante Pääbo, der am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig tätig ist.
Der Medizin-Nobelpreis ging bereits neunmal an Schweizer oder schweizerisch-ausländische Doppelbürger:
1996: Rolf M. Zinkernagel für die Erkenntnis, wie das Immunsystem virusinfizierte Zellen erkennt
1992: Edmond H. Fischer (CH/USA) für die Entdeckung bestimmter molekularer Mechanismen, die die Stoffwechselvorgänge steuern
1978: Werner Arber für die Entdeckung von Enzymen, die Erbgutstränge zerschneiden können, und ihre Anwendung in der Molekulargenetik
1957: Daniel Bovet (CH/ITA) für Erkenntnisse zu synthetischen Stoffen wie Sulfonamiden (Antibiotika), Antihistaminen oder Muskelrelaxantien
1951: Max Theiler (CH/ZA/USA) für die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Gelbfieber
1950: Tadeus Reichstein (CH seit 1915) für Entdeckungen bei den Hormonen der Nebennierenrinde, ihrer Struktur und ihrer Wirkungen
1949: Walter Rudolf Hess für seine Erkenntnisse über das Zwischenhirn und wie es Körpervorgänge wie die Atmung reguliert
1948: Paul Müller für die Entdeckung der starken, insektentötenden Wirkung von DDT
1909: Emil Theodor Kocher für seine Arbeiten über die Funktionsweise, Krankheiten und Chirurgie der Schilddrüse
Die neun Schweizer gehören zu insgesamt 212 Empfängern und 12 Empfängerinnen des Medizin-Nobelpreises. Der bislang jüngste Preisträger war Frederick Banting. Er erhielt die Auszeichnung 1923 im Alter von 32 Jahren «für die Entdeckung von Insulin», wie es offiziell heisst. Banting erhielt die Würdigung zusammen mit John Macleod, wobei die beiden das Preisgeld mit ihren Assistenten teilten, welche mithalfen, erstmals Insulin aus Bauchspeicheldrüsen von Tieren zu isolieren.

Als Erster wurde 1901 der deutsche Immunologe Emil Adolf Behring ausgezeichnet, der mit aus Blutserum gewonnenen Diphtherie- und Tetanusantitoxinen als «Retter der Kinder» und «Retter der Soldaten» gefeiert wurde. Daneben sind bekannte Nobelpreis-Empfänger im Fach Medizin Iwan Pawlow (1904, Verdauung), Robert Koch (1905, Tuberkulose), Paul Ehrlich (1908, Immunität), Alexander Fleming (1945, Penizillin), James Watson, Francis Crick und Maurice Wilkins (1962, DNS) oder Françoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier (2008, HIV).
Über alle Kategorien gesehen stammen bisher 30 Nobelpreisträger aus der Schweiz. So ging beispielsweise der erste Friedensnobelpreis überhaupt 1901 an Henry Dunant, den Gründer des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz IKRK. Die mit Abstand meisten Auszeichnungen gingen bislang in die USA, die Schweiz rangiert mit 30 Preisträgern in den Top 10.
AFP/SDA/anf
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