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Neuling drängt auf den Markt
Amag-Tochter Helion jagt grossen Stromunternehmen Kunden ab

IMAGE DISTRIBUTED FOR AMAG GROUP AG FOR EDITORIAL USE ONLY - Foto 2 (von links nach rechts): Noah Heynen, CEO und Co-Gruender Helion Energy AG; Helmut Ruhl, CEO AMAG Group AG; Gunter Erfurt, CEO Meyer Burger Technology AG. // Weiterer Text ueber ots und http://presseportal.ch/de/pm/100001252/100911034 (obs/AMAG Group AG/SARA KELLER PHOTOGRAPHY via KEYSTONE)
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Im Vergleich mit den Nachbarländern hinkt die Schweiz beim Ausbau der Solarenergie hinterher. Hohe Kosten bei gleichzeitig wenig Geld für die Einspeisung des überschüssigen Solarstroms machten es bisher nicht sonderlich attraktiv, in die Stromproduktion vom Hausdach zu investieren. 

Nun drängt ein Neuling auf diesen Markt: Der Solarinstallateur Helion wird in Zukunft zum Stromhändler. Das auf Fotovoltaik (PV), Wärmepumpen und E-Mobility spezialisierte Unternehmen wurde im letzten Herbst von der vor allem im Autohandel tätigen Amag-Gruppe übernommen. Helion sieht vor, Kleinkunden den überschüssigen Solarstrom abzukaufen und ihn an Grossabnehmer weiterzuverkaufen. Die Pläne, die bisher unter Verschluss waren und die die Energiebranche durchschütteln werden, liegen dieser Redaktion vor.

Sie zeigen: Das Solarunternehmen bietet seinen Kunden zwei Modelle für die Vergütung des überschüssigen Stroms. Das erste Modell bietet einen Fixtarif, der Kunden Sicherheit bei ihrer Investition geben soll. Je nach Laufzeit über fünf oder zehn Jahre zahlt Helion aktuell 16 beziehungsweise 13 Rappen pro Kilowattstunde. Die Preise bleiben über die gesamte Laufzeit unverändert. «Dieses Modell erlaubt es unseren Kunden, ihre Investition in eine Solaranlage innert zehn Jahren zu amortisieren», sagt Helion-Chef Noah Heynen. Damit seien die Kunden auch vor Marktturbulenzen abgesichert und könnten die Finanzierung ihrer Anlage planen.

Der Strom von vielen Kleinkunden geht an Grosskunde Amag

Zusätzlich zum Fixtarif bietet Helion ein zweites Modell mit einem dynamischen Tarif, der sich am Marktpreis orientiert. Dieses Modell soll das Energiesystem stabilisieren, indem es das Netz entlastet, so Heynen.

Ihren selbst produzierten Strom verbrauchen die Kunden nämlich dann, wenn er am wenigsten gefragt – und deswegen am günstigsten – ist. Wenn Strom teuer und gefragt ist, wird er für gutes Geld verkauft. Voraussetzung für dieses Modell ist eine Koppelung und Steuerung von Solarzellen und Verbrauchsgeräten über eine App, die Helion bei ihren Kunden installiert. Grosse Energieverbraucher im Haus wie Warmwasserboiler, Wärmepumpen oder E-Autos werden damit so programmiert, dass sie den Strom dann nutzen, wenn er günstig ist. Bei hohen Strompreisen wird der Solarstrom vom Dach direkt ins Stromnetz geleitet. «Mit diesem Modell unterstützen wir die Stabilisierung des Energiesystems und bringen damit die Energiewende in einem wichtigen Punkt voran», sagt Heynen.

Den Strom vieler kleiner Anbieter bündelt Helion und verkauft ihn Grosskunden, die sauberen Solarstrom aus der Schweiz haben möchten – um so ihren CO2-Abdruck zu minimieren. Erster Kunde von Helion ist das Mutterhaus Amag. Die Autohändlerin rechnet damit, dass bis 2030 70 Prozent ihrer verkauften Neuwagen E-Fahrzeuge sein werden. Entsprechend gross ist auch der Strombedarf für die Flotte. Die Amag, die Abomodelle für E-Autos mit einem fixen Preis fürs Aufladen anbietet, hat deshalb ein besonderes Interesse an zuverlässig günstigem Strom, der gleichzeitig klimaneutral und günstig ist. Doch Amag soll nicht der einzige Grosskunde von Helion bleiben, wie Heynen sagt: «Wir verhandeln mit weiteren Unternehmen in der Schweiz, die Solarstrom kaufen möchten.»

Stromunternehmen geben sich gelassen

Helion mit Sitz im solothurnischen Zuchwil war bisher ausschliesslich ein Installationsunternehmen, das Fotovoltaikanlagen auf Dächer montierte und seinen Kunden auch Lösungen mit Stromspeicher, Wärmepumpen und Ladestationen für Elektrofahrzeuge bot. Nun wird es in einem Bereich aktiv, der bisher etablierten Energieanbietern vorbehalten war. Möglich macht dies die Liberalisierung des Markts für die Einspeisung von Strom. Während kleine Verbraucher ihren Anbieter nicht frei wählen können, ist dies im umgekehrten Fall – bei der Einspeisung von Strom – seit 2018 möglich. Doch erst jetzt wird diese Möglichkeit genutzt. «Unser neues Modell wird die etablierten Stromanbieter herausfordern und den Markt in Bewegung bringen», schätzt Heynen. Doch sie hätten es schlicht verpasst, den Ausbau voranzutreiben. Er macht sich jedoch keine Illusionen, dass nicht schon bald weitere Anbieter das Helion-Modell kopieren werden. «Das ist grundsätzlich positiv», sagt Heynen, «denn dies bringt die Energiewende voran.»

Helion-CEO Heynen: «Unsere neuen Modelle für die Vergütung von Solarstrom bringen die Energiewende voran.

Die Stromunternehmen geben sich angesichts des neuen Players gelassen. Beim Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) heisst es: «Das ist der Markt. Das Gesetz stellt es den PV-Stromproduzenten frei, ihren Strom dem eigenen Netzbetreiber oder einem Dritten anzubieten.» Der Markt habe bisher auch die Konditionen für Abnahme und Vergütung des Solarstroms vorgegeben. «Aufgrund der Strompreisentwicklung der letzten Monate haben verschiedene Marktteilnehmer damit begonnen, aktiv Kleinproduzenten zu akquirieren», so ein VSE-Sprecher.

Der Zubau von kleinen Fotovoltaikanlagen auf Dächern schreite bereits in sehr grossem Tempo voran, heisst es beim VSE. «Das zeigt, dass die Sensibilisierung, welche es seit der Energiekrise gab, die Installation von PV-Anlagen bereits attraktiv machen.» Auch die gesetzlichen Anpassungen im Rahmen des sogenannten Mantelerlasses würden den Ausbau begünstigen.

Bei der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energie und Energieeffizienz, AEE Suisse, begrüsst man vor allem das neue Börsenvergütungsmodell von Helion: «Aus energiewirtschaftlicher Perspektive ist die Einführung eines Börsentarifs revolutionär», sagt AEE-Geschäftsführer Stefan Batzli. Erstmals würden damit Zehntausende kleine Produzenten die Möglichkeit erhalten, auf Marktpreise zu reagieren. «Damit leisten sie einen aktiven Beitrag an eine grössere Netzstabilität», so Batzli.