Bericht der FinanzkontrolleNeuer Mörser ist eine «schwierig nachvollziehbare Beschaffung»
Hat Ueli Maurer direkt in eine Millionenbeschaffung des VBS eingegriffen? Die Finanzkontrolle kritisiert «politische Einflussnahme» beim Kauf einer Ruag-Waffe. Deren Einführung verzögert sich um Jahre.
Die ersten Soldaten hätten 2019 am neuen Minenwerfer ausgebildet werden sollen. Nach neustem Stand der Dinge soll die Truppe nun erstmals im Jahr 2024 Übungsgranaten im Bogenschuss auf bis zu neun Kilometer entfernte Ziele abfeuern können. Berichte dieser Zeitung über massive Verzögerungen bei der Projektumsetzung vom April 2019 sowie über 10 Millionen Franken höhere Entwicklungskosten bei der Rüstungsfirma Ruag haben die Eidgenössische Finanzkontrolle auf den Plan gerufen.
Sie veröffentlicht nun ihren Untersuchungsbericht. Dieser ist zwar sprachlich zurückhaltend formuliert, legt aber trotzdem inhaltlich fragwürdige Vorgänge beim Beschaffungsprozess offen.
Das Parlament bewilligte 2016 den Kauf von 32 Stück des Typs Mörser 16 für 404 Millionen Franken, den die bundeseigene Waffenschmiede Ruag bereits 2015 an einer Waffenshow in Abu Dabi als «ausgereift» anpries. Nun schreiben die Untersucher der Finanzkontrolle dazu, dass der bisher einzig vorhandene Prototyp noch im Februar dieses Jahres «nicht truppentauglich» gewesen sei. Auch stehe der Vertrag für eine Serienproduktion noch aus.
Anforderungen wurden gelockert
Entscheidend für die Wahl des Schweizer Cobra-Minenwerfers sei sodann eine «politische Einflussnahme» gewesen. Wie genau diese ablief, ist im Bericht nicht festgehalten.
Die Frage an den heutigen Finanz- und früheren Verteidigungsminister Ueli Maurer, ob er die Beschaffung des Schweizer Minenwerfers seinerzeit angeordnet habe, bleibt unbeantwortet. Maurers Kommunikationschef Peter Minder schreibt, nach Rücksprache mit Bundesrat Maurer äussere man sich nicht zu dieser Frage.
Gemäss Finanzkontrolle ist aber klar, dass die militärischen Anforderungen und Pflichtenhefte vor dem Beschaffungsentscheid so gelockert wurden, dass der Schweizer Cobra-Werfer überhaupt infrage kommen konnte. Gestrichen wurde demnach die Anforderung, die neue Waffe müsse auch im Direktschuss funktionieren, also um beispielsweise auch vorbeifahrende, gepanzerte Fahrzeuge bekämpfen zu können. Mit der Streichung dieser Bedingung wurde die Auswahl des Ruag-Produkts, das ausschliesslich im Bogenschuss funktioniert, dann erst möglich.
Fehlender Wettbewerb
Der neue Minenwerfer war von Anfang an umstritten, auch armeeintern. Dessen Geschichte ist an das Volks-Nein zum Kampfjet Gripen gekoppelt, der aufgrund seines unfertigen Entwicklungsstadiums im Volk als «Papierflieger» galt: Unmittelbar nach der Abstimmung vom Mai 2014 wies der damalige Verteidigungsminister Ueli Maurer (SVP) seinen Stab an, andere Beschaffungen voranzutreiben. Sechs Wochen später forderten die Armeekader, den Kauf des neuen Minenwerfers schon 2016 statt erst 2017 zu realisieren. Danach stand das Geschäft permanent unter Druck.
Am Ende setzte sich der Minenwerfer Cobra durch, der weder serienreif noch truppentauglich war.
Binnen weniger Monate verkürzten Experten des Bundesamts für Rüstung Armasuisse eine Liste mit infrage kommenden 14 Minenwerfern auf eine Kurzliste mit noch zwei Typen: erstens das finnische Modell Nemo, zweitens die Schweizer Konstruktion Cobra der Ruag. Obwohl sich die Führung des Heers zunächst eindeutig für die teurere finnische Lösung aussprach und die Kaufverträge unterschriftsreif vorlagen, setzte sich am Ende der Minenwerfer Cobra durch, der weder serienreif noch truppentauglich war.
Die Auftragsvergabe erfolgte freihändig, was rechtlich zwar möglich ist, aber nachvollziehbare und schriftliche Begründung voraussetzt. Doch genau diese Begründungen fehlten, schreibt die Finanzkontrolle in ihrem Bericht weiter. Sie fordert deshalb: «Der Zusammenhang zwischen Sachverhalt und den rechtlichen Bestimmungen müssen in den entsprechenden Dokumenten künftig nachvollziehbar erläutert sein.» Zudem empfiehlt die Finanzkontrolle, komplexe Beschaffungen dem Parlament künftig erst dann zu beantragen, wenn diese beschaffungsreif seien, «was in diesem Fall nicht geschehen ist».
Der Beschaffungsbehörde Armasuisse empfiehlt sie schliesslich, künftig technische und kommerzielle Risikoeinschätzungen und die Kosten für den gesamten Betriebszyklus vorzunehmen. Um das wirtschaftlichste Angebot berücksichtigen zu können, müssten diese Einschätzungen vorliegen.
Das VBS unter der heutigen Bundesrätin Viola Amherd (CVP) ist mit Befund und Forderungen der Finanzkontrolle weitgehend einverstanden.
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