Neue US-RegierungWas Trumps zweite Amtszeit für Lateinamerika bedeutet
Keine Weltgegend ist so eng mit den USA verbunden wie Lateinamerika. Hier reagiert man teils mit Hoffnung, teils mit Sorge auf den Sieg Trumps.
- Trump gewinnt am 5. November zum zweiten Mal die US-Wahlen.
- Seine Präsidentschaft könnte gravierende Folgen für Lateinamerika haben.
- Trump plant, Zölle zu erhöhen und das Freihandelsabkommen zu modifizieren.
- Mexikos Peso stürzt nach dem Wahlergebnis auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren.
Finge man an, unter den Präsidenten und Staatslenkerinnen dieser Welt nach einem Gegenstück zu Donald Trump zu suchen, würde man wohl ziemlich schnell bei Claudia Sheinbaum landen. Seit etwa einem Monat regiert die 62-Jährige Mexiko, eine studierte Umweltwissenschaftlerin, faktenbasiert, rational, weiblich, links. Mit Trump, dem Maga-Mann, reich, rüpelhaft und rechts, verbindet sie so gut wie nichts.
Zunächst war das kein Problem. Dann aber kam der 5. November 2024: Trump gewann zum zweiten Mal die US-Wahlen. Und auch wenn es bis zu seinem Amtsantritt am 20. Januar noch etwas dauert, so ist jetzt schon klar, dass seine Präsidentschaft gravierende Folgen haben könnte, für die Welt im Allgemeinen, ganz besonders aber auch für eine Region: Lateinamerika, Mexiko inklusive.
Jede Entscheidung in Washington spürt man bis nach Feuerland
Donald Trump wird sich nach seinem Amtsantritt vermutlich verstärkt für die Region interessieren, birgt sie doch den Schlüssel zur Lösung gleich mehrerer Probleme, die ihm ganz besonders am Herzen liegen: illegale Migration, Drogenhandel und der angebliche Vormarsch des Sozialismus in der Welt.
Am heftigsten spüren wird man den Regierungswechsel wohl in Mexiko: In den vergangenen Jahren ist das Land zum grössten Handelspartner der Vereinigten Staaten aufgestiegen. Südlich der US-Grenze entstanden riesige neue Werkshallen, für Autos, Kühlschränke oder Waschmaschinen, die Wirtschaft wuchs, die Armut sank und die Landeswährung gewann an Wert.
Möglich war dies alles auch wegen eines Freihandelsabkommens zwischen Mexiko, den Vereinigten Staaten und Kanada. Das aber will Donald Trump modifizieren und im schlimmsten Fall sogar aufkündigen. Dazu hat er schon im Wahlkampf angekündigt, Zölle anzuheben, einerseits, um die heimische Wirtschaft in den USA zu stärken, andererseits, um die Regierung in Mexiko dazu zu zwingen, noch mehr zu tun gegen Drogenhandel und Migration.
Zölle mit verheerender Wirkung
Mit 25 Prozent würde er Einfuhren besteuern, droht Trump, sollte es Mexiko nicht schaffen, die «Kriminellen» an der Grenze zu stoppen. «Und wenn das nicht wirkt, dann werden es 50 Prozent, dann 75 Prozent.» Die Folgen für die mexikanische Wirtschaft wären verheerend.
Donald Trump hat ebenfalls schon angekündigt, mehrere Millionen Menschen abschieben zu wollen, die ohne Aufenthaltsgenehmigung in den USA leben. Die allermeisten von ihnen stammen aus Lateinamerika. Umsetzbar in diesem Umfang ist der Plan wohl nicht, aber auch schon ein paar Zehntausend unfreiwilliger Rückkehrer würden reichen, um vergleichsweise kleine und wirtschaftlich schwache Länder wie Honduras, Guatemala oder Nicaragua zu destabilisieren.
Jobs müssten gefunden werden, gleichzeitig würde ein Teil der sogenannten «remesas» wegbrechen, Auslandsüberweisungen also, mit denen die Migranten vorher von den USA aus ihre Familien in der alten Heimat unterstützt haben und die dort oft längst einen erheblichen Teil der Wirtschaftsleistung ausmachen.
Zu den Verlierern durch den Wahlsieg Donald Trumps dürften auch Kuba und Venezuela gehören: Schon während seiner letzten Präsidentschaft wurden Sanktionen verschärft, Kuba sogar auf die Liste der Terrorstaaten gesetzt. Die Wirtschaft der beiden Länder hat seitdem massiv gelitten, und in Venezuela ebenso wie in Kuba hat ein Massenexodus eingesetzt. Hauptziel: USA.
Je weiter man sich geografisch von den Vereinigten Staaten entfernt, desto gelassener reagieren die Regierungen. In Brasilien oder Chile, wo mit Luiz Inácio Lula da Silva und Gabriel Boric zwei linke Präsidenten regieren, gratulierte man höflich, mehr aber auch nicht. Die USA sind immer noch ein Fixstern in der Aussenpolitik, im Handel aber sind die beiden Länder längst stärker mit China verbunden als mit den USA. Strafzölle fürchtet man nur bedingt, und auch von Deportationen wäre man kaum direkt betroffen.
Milei im Hoch
Ganz an der Südspitze Südamerikas trifft man dann auf ein Land, das hofft, zu den grossen Gewinnern durch den Wahlsieg von Donald Trump zu gehören: Argentinien. Staatschef Javier Milei ist ein erklärter Bewunderer des zukünftigen US-Präsidenten.
Nun, nach Trumps Erfolg, erhofft Milei sich einerseits praktische Vorteile: Argentinien ist hoch verschuldet, und Trump soll dabei helfen, einen neuen Milliardenkredit beim Internationalen Währungsfonds zu bekommen. Es geht aber auch um ideologische Fragen: Staatschef Milei ist ein Libertärer, er will einen Markt möglichst ohne jede Schranken – was Trumps Protektionismus zuwiderläuft. Aber: Beide Männer verbindet eine tiefe Abneigung gegen Linke und Sozialisten.
Hier überschneiden sie sich mit einem dritten Politiker: Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro. Seit nunmehr zwei Jahren ist der nicht mehr im Amt. Aber wieso sollte eine Rückkehr nicht auch für ihn möglich sein? Das Vorbild dafür gäbe es schliesslich schon: Donald Trump. Ab 20. Januar neuer und alter Staatschef der USA.
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