Neue Hotels in der SchweizDrei Ziele für Geniesser
Ausgerechnet an Orten, die bisher kaum für luxuriöse Hotelerlebnisse standen, fliessen Millionen in neue Herbergen. Besuch in Wengen im Berner Oberland, Gonten im Innerrhodischen und Haute Nendaz im Wallis.
- An Schweizer Orten, die bisher kaum für luxuriöse Hotelerlebnisse standen, fliessen Millionen in neue Herbergen.
- Das Grand Hotel Belvedere in Wengen wird im Dezember eröffnet. Es bietet unauffälligen Luxus und traditionelle sowie moderne Designstile.
- In Gonten AI entsteht eines der führenden Hotels der Welt.
- Authentizität und Nachhaltigkeit auf ganzer Linie sind im Mad Retreat in Haute Nendaz angesagt.
Grand Hotel Belvedere, Wengen: Weckruf für die schlafende Schönheit
Einmal pro Jahr schaut die Welt nach Wengen – im Januar, wenn Millionen im TV das Abfahrtsspektakel am Lauberhorn verfolgen. Davor und danach geht es eher gemächlich zu und her im Berner Oberländer Ferienort. «Wengen», sagt Lorenz Maurer, «ist eine Sleeping Beauty. Wir helfen, sie aufzuwecken.»
Der 53-jährige Berner führt als Area-Manager das Grand Hotel Belvedere, das in der ersten Dezemberhälfte eröffnen wird und neuen Schwung in die Hotellerie am Lauberhorn bringt. Hinter dem Projekt steht die französische Beaumier-Gruppe, die Lifestyle-Resorts in Frankreich und auf Ibiza betreibt und dank den Finanzspritzen eines amerikanischen Investors einen Expansionskurs fährt. Beaumier hat in Wengen drei Hotels gekauft. Neben dem Silberhorn beim Bahnhof das Waldrand und das Belvedere an der Peripherie des Dorfs, sieben Minuten von der Station der Wengernalpbahn entfernt.
Die beiden am Hang gelegenen Gebäude mit Baujahr 1898 und 1904 bilden ein Resort, das unaufgeregten Luxus ohne Bling-Bling verspricht. Hier das Belvedere, ein Belle-Époque-Denkmal, das aufwendig restauriert wurde und viele historische Elemente hütet. Dort, seitlich nach unten versetzt, das fünfstöckige Waldrand, «in dem wir», so Maurer, «sehr viele Bausünden der Vergangenheit beheben mussten».
Die 54 Zimmer und Suiten im Belvedere und die 36 im Waldrand kommen im gleichen Design daher. Während Lobby, Bar und Brasserie im Belvedere eine klassisch-schicke Ambiance verströmen, sind die öffentlichen Räume im Waldrand sehr modern und lifestylig hergerichtet. «Im gleichen Resort können wir zwei unterschiedliche Stile anbieten», sagt Lorenz Maurer. Bijou des Grand Hotel Belvedere ist das Spa, laut Eigenwerbung «in brutalistischer Architektur», das drei Bäder beherbergt, davon ein Outdoor-Infinity-Pool, der sich zur magischen Bergwelt öffnet.
Englischer Küchenchef setzt auf Schweizer Produkte
Das Grand Hotel Belvedere ist zwar die erste Herberge in Wengen mit fünf Sternen. «Aber wir kreieren eine lockere Stimmung, in der sich das internationale und das Schweizer Publikum gleichermassen wohlfühlt», verspricht Maurer. Der Hotelier hatte 18 Jahre in den USA gearbeitet, ehe er nach einer Zwischenstation bei 25 Hours Hotels in Hamburg in den Kanton Bern zurückkehrte – als Generalmanager in The Cambrian, Adelboden. Von dort nahm Maurer den Küchenchef mit nach Wengen.
Will Gordon hat sich ins Berner Oberland verguckt; der junge Engländer durchstreift begeistert die Bergwälder auf der Suche nach Pilzen und Kräutern. Sein jüngster Fund: wilder Knoblauch, den er einlegt und mit Kaviar aus Frutigen und Ei aus Wengen zu einem wahrhaft regionalen Gericht kombinieren wird. «Wir setzen zu 80 Prozent auf Schweizer Produkte», sagt der 33-Jährige, der sein Handwerk bei renommierten Küchenmeistern in London, Nottingham und Norwich erlernte. «Bei einem meiner Lehrmeister war es verboten, am Herd auf das Rezept zu schielen», erinnert sich Gordon, «wir wurden angehalten, unserer Kreativität Lauf zu lassen.»
Diese spielerische Leichtigkeit will er auch in Wengen auf die Teller bringen – in der Brasserie im Belvedere als modern interpretierte französische Küche, im Restaurant Waldrand in Form von alpinen Gerichten, etwa den Älplermagronen mit dreijährigem Bergkäse aus dem Lauterbrunnental sowie Greyerzer und Vacherin aus dem Freiburgischen. Dazu gibts Apfelstückli aus dem Hotelgarten, der zusammen mit einem eigenen Wald das Resort zur grünen Oase macht. Ein besonderes Anliegen ist Gordon die vegetarische und vegane Küche. «Wir wollen allen Gästen genügend Optionen bieten», so der innovative Executive Chef.
Sein Generalmanager ist vom Erfolg des Resorts überzeugt. «Man hat uns in Wengen sehr freundlich aufgenommen», lobt Lorenz Maurer. Die Renovationen, Um- und Neubauten haben viele Millionen Franken gekostet. Allein die Kosten für den Transport ins autofreie Wengen verschlangen einen namhaften siebenstelligen Betrag», so Maurer. Aber bald ist alles angerichtet, das Grand Hotel Belvedere mit 90 Zimmern und gleich vielen Mitarbeitenden wird die ersten Gäste empfangen und das ganze Jahr geöffnet bleiben. Denkt Beaumier über weitere Hotels in der Schweiz nach? Maurer: «Wir prüfen Standorte. Aber Premium-Destinationen wie Zermatt oder St. Moritz interessieren uns weniger. Wir möchten lieber weitere schlafende Schönheiten wachküssen.» (CAM)
Appenzeller Huus Quell, Gonten: Leuchtturm mit Superlativen
«Wir werden das modernste Spa der Schweiz anbieten, vermutlich gar Europas», sagt Jan Schoch, der Initiator und Eigentümer des Appenzeller Huus Quell, das Anfang 2025 eröffnet. Der heute 47-jährige Schoch wollte eigentlich Biologie studieren, landete aber in der Finanzbranche.
Am Zürcher Paradeplatz erlangte der Appenzeller den Ruf eines Wunderknaben, verdiente mit dem Verkauf seiner Firma Leonteq gutes Geld – und wurde eher zufällig Hotelier. «Ich erwarb vor zehn Jahren aus emotionalen Gründen den Bären in Gonten, der als Gasthaus mit ein paar Zimmern aber wirtschaftlich nicht funktionierte.» Schoch renovierte und erweiterte den Bären zum 3-Stern-Superior-Hotel mit 22 Zimmern, tat Gleiches mit dem Löwen auf der andern Strassenseite (4-Stern-Superior, 24 Zimmer), bevor er nun seinen grössten Wurf landet: Das Huus Quell ist das erste 5-Stern-Superior-Hotel im Innerrhodischen, steckt voller Superlative und ist das Mass aller Dinge des Resorts unter der Dachmarke Appenzeller Huus.
«Es soll in verschiedenen Bereichen zum Leuchtturm für die Ostschweiz werden», wünscht sich Schoch. Hinter dem Bären entstehen gerade fünf Gebäude, darunter ebendieses Luxushotel Quell mit 30 Zimmern. Bis Ende 2025 sollen vier weitere Gebäude bezugsbereit sein. Sie beherbergen Wohnungen und 43 Serviced Apartments, die Schoch verkauft. Die Apartments mietet er zurück – als Hotelsuiten.
80 Prozent der Wohnungen und Apartments sind weg oder fix reserviert, Schoch holt damit einen Teil der Gesamtinvestitionen von über 120 Millionen Franken wieder rein. Gegen die fünf neuen Häuser gab es in Gonten keine einzige Einsprache – das Projekt stiess beim Kanton, der Gemeinde und den Einwohnern auf breite Zustimmung.
Schwebende Yoga-Plattform und Infinity-Pool
Das Quell verheisst Aufsehenerregendes, etwa eine Plattform für Yoga und Pilates, die unter dem 21 Meter hohen Giebel zu schweben scheint. Gleich darunter ein Schwimmbecken und ein spektakulärer Infinitypool mit Blick in die Appenzeller Traumlandschaft.
Herzstücke der über 2200 Quadratmeter grossen Wellnessoase sind ein hochmoderner Parcours, unter anderem mit Kälte- und Sauerstoffkammer, Biohacking und Infrarottherapie mit hochionisierter Luft, sowie ein Aussenbereich mit Vitality-Pool, Dampfgrotte und Sauna-Iglu. Insgesamt erwarten den Gast vierzehn Treatmenträume, neun Pools und Becken und acht Saunen und Dampfgrotten.
«Unser Spa braucht sich vor den Wellness-Ikonen in Südtirol, in Österreich oder Deutschland nicht zu verstecken, ganz im Gegenteil», sagt Schoch. Das teils futuristische Spa ist ein hübscher Kontrast zur Machart der fünf neuen Gebäude. Alle wurden im traditionellen Strickbau errichtet. Schoch bezog Unmengen von Mondholz direkt aus Innerrhoden und gründete zwei Firmen, welche den Trocknungsprozess und den Feinschliff der zwölf Zentimeter tiefen Balken perfektionieren.
Netto werden 3000 Kubikmeter Massivholz verbaut, das wiederum 3000 Tonnen CO2 bindet. Strickbau ist dreimal so teuer wie Beton. «Aber das Holz hält 1000 Jahre; es gibt wohl von der Bauweise her keine nachhaltigeren Hotels oder Wohnungsbauten weltweit», sagt Jan Schoch.
Schon bei Leading Hotels of the World
Die Nachhaltigkeit, das Bekenntnis zu unaufgeregtem Luxus und zu hohem Servicestandard haben die renommierte Vereinigung der Leading Hotels of the World überzeugt, das Appenzeller Huus Quell noch vor der Eröffnung aufzunehmen. «Ein Ritterschlag», sagt Tim-Martin Weber, der Generalmanager des Resorts, dazu.
Schoch holte Weber vom The Chedi in Andermatt, mittlerweile arbeitet eine Truppe hoch qualifizierter Hotelprofis in Gonten. «Wir kommen zusammen auf über 200 Jahre Erfahrung in Leading Hotels of the World», erklärt Weber. Wenns im Quell definitiv losgeht, werden etwa 95 Leute fürs Resort arbeiten. «Mit drei Hotels, im Endausbau 117 Zimmern und Suiten und vier Restaurants sprechen wir unterschiedliche Zielgruppen an», sagt Tim-Martin Weber.
So sitzen in der Taverne im Bären nach der Sonntagsmesse die Gontnerinnen und Gontner beim Bier zusammen, während im Huus Quell internationale Gäste ein luxuriöses Wellness-Wochenende geniessen.
Bei allem Idealismus bleibt Jan Schoch der kühle Rechner: «Nachhaltig ist das Resort Appenzeller Huus erst, wenn wir schwarze Zahlen schreiben.» Ein cleverer Schachzug könnte der Weinkeller sein: Die Gäste aus dem neuen Hotel erreichen das Restaurant Quell-Blick drüben im Bären nämlich unterirdisch und via Weinkeller. Hier werden sie von den Sommeliers noch vor dem Znacht bei der Wahl des passenden Tropfens beraten. Mit netto über 350 Quadratmeter Weinkellerlandschaft ist dieses Flaschenparadies der grösste Weinkeller in einem Schweizer Hotel. Schon wieder ein Superlativ! (CAM)
Mad Retreat, Haute Nendaz: Viel Yoga, kein Fleisch und eine Traum-Location
Der Walliser Ferienort oberhalb von Sitten ist bislang weniger für herausragende Hotellerie bekannt als für Privatchalets und Appartements, die 4500 Gästebetten zählen. Dank dem Mitte Juli eröffneten Mad Retreat erhöht sich die Anzahl Hotelbetten um 90 auf 300. Das Angebot bleibt zwar weiterhin überschaubar, doch ein für die Region neues Hotelkonzept erregt Aufmerksamkeit.
Authentizität statt Opulenz verknüpft mit Nachhaltigkeit auf ganzer Linie: Das ist das Credo in dem am oberen Ortsausgang gelegenen Refugium. Auf 1,4 Hektaren in einer Art Park mit altem Baumbestand verteilen sich 25 frei stehende Chalets. Das zentrale Haupthaus beherbergt Restaurant und Sonnenterrasse, eine Minilobby mit Kamin, vier Gästezimmer im Obergeschoss und das Spa mit beheiztem Aussenpool.
Übers Resort verteilen sich 23 weitere Chalets, die viel Privatsphäre garantieren. Hier sind 35 Doppelzimmer untergebracht, drei im Duplexdesign für bis zu vier Gäste und drei Suiten mit eigener Sauna. Alle Häuser sind im traditionellen Walliser Baustil aus Stein, Altholz und Tanne errichtet. Der Baustoff stammt weitgehend aus der Region und von lokalen Lieferanten. Beton wurde nur dort verbaut, wo ökologische Alternativen fehlten.
Die Natur ist omnipräsent
Auch beim Interieur dominieren natürliche Materialien und Farben. Durch die bodenhohen Fenster ist die Natur omnipräsent, und die meisten Zimmer gewähren einen Panoramablick zu den Waadtländer Alpen jenseits des Rhonetals.
Fernab vom Alltag Kraft tanken, zur Ruhe und sich selbst finden in einer Art und Weise, die es in Nendaz noch nicht gibt: Das war die Idee hinter dem Konzept, für das Generalmanagerin July Desmet und ihre rechte Hand Nina Briot als Wellnessmanagerin verantwortlich zeichnen. Die gebürtigen Belgierinnen leben seit über einem Jahrzehnt in Nendaz und sind hier bestens vernetzt. Desmet leitete zuletzt ein kleineres Hotel im Ort. Briot machte sich als Yogalehrerin bei Gästen wie Einheimischen einen Namen und führte vor ihrem aktuellen Engagement eine Skischule.
Im Mad Retreat können sie nun eine gemeinsame Passion umsetzen; hinter dem Duo steht ein branchenfremder ausländischer Investor. Zum Konzept gehört unter anderem die rein vegetarische Küche.» Auch Nichtvegetarier sollen bei uns die vegetarische Küche entdecken. Sie besteht aus viel mehr als Salat und einfachem Gemüse», so Desmet. Tatsächlich sehen die Gerichte wie kleine Kunstwerke aus und schmecken köstlich. Ob Randentatar oder mit Auberginen gefüllte Tomaten an Süsskartoffelmus: Die Aromen sind raffiniert kombiniert.
Im lichtdurchfluteten Yoga-Chalet findet täglich am Morgen eine Yoga- oder Pilateslektion für maximal zwölf Personen statt, für Hotelgäste ist sie gratis. Später soll mindestens eine abendliche Übungsstunde hinzukommen. Die Anforderungen variieren, damit auch Unerfahrene vom Angebot profitieren können, das der einheimischen Bevölkerung ebenso offensteht.
«Die Leute im Dorf schätzen mich seit langem als Yogalehrerin, und ich fände es traurig, sie von unserem Wellbeing-Konzept auszuschliessen. Deshalb agieren wir hier wie ein öffentliches Yogastudio», erklärt Briot. Den daraus resultierenden Mix aus Gästen und Dorfbewohnern, die so miteinander in Kontakt kommen, sieht sie als Bereicherung für beide Seiten.
Angeboten werden ausserdem neben den üblichen Spa-Behandlungen und Massagen auch Kaltwassertherapien, Meditation, Übungen in Atemtechnik oder Waldbaden. Vieles davon ist für Übernachtungsgäste inklusive. Lärmende Kinder braucht die zahlende Kundschaft übrigens zu keiner Zeit zu fürchten; das Mindestalter der Gäste liegt bei 14 Jahren.
Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch den Betrieb. Ausschliesslich erneuerbare Energien wie Wasserkraft aus dem Netz, Sonnenkollektoren und Wärmepumpen stellen die Versorgung sicher. Man verzichtet auf Plastik, und alle Informationen sind digital zugänglich. Wer will, checkt digital ein. (JVI)
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